Auch 1891 gastierte Richard Feller aus Leipzig für mehrere Starts mit einem Gasballon in unserer Stadt. Veranstaltet wurden die ersten Aufstiege Anfang Mai im Garten des Gasthauses Linde.
Feller hatte sich einen größeren, nun 600m³ Stadtgas fassenden Ballon gefertigt. Die Hülle war 12 Meter hoch, hatte an der breitesten Stelle einen Umfang von 32 Metern und konnte eine Last von bis zu 300 kg befördern. Diese Größe und der schwache Gasdruck am ersten Maiwochenende bereiteten ihm Probleme beim ersten Befüllen. Die Abfahrt verzögerte sich, nur eine kurze Auffahrt konnte unternommen werden.
Schon besser lief es am Himmelfahrtstag, 4 Tage später. Gast war an diesem Donnerstagnachmittag wiederum Paul Spiegel, der in enger Beziehung zu Feller stand. 1 Stunde zeitiger begann man mit der Füllung des Gasballons, eine lebhafte Luftströmung ermöglichte einen günstigen Aufstieg. Der Ballon schlug diesmal die Richtung nach Westen ein. Nach einer 35 minütiger Fahrt, welche die Reisenden bis in eine Höhe von 1.600 Meter führte, landeten die beiden Luftschiffer unter ungeheurem Zulauf auf einem Feld in der Nähe von Neustadt, damals noch eine selbstständige Gemeinde vor den Toren von Chemnitz. Noch ein paar Tage war der Ballon im Gasthaus Linde ausgestellt, ehe am 10.Mai eine weitere Auffahrt folgen sollte. Wie wir lesen können, war es bereits die 99.Auffahrt von Richard Feller, die beworben wurde. Professionell betrieb Feller das noch junge Geschäft.
Dieser Aufstieg sollte aber von einem Missgeschick begleitet werden. Obwohl es bereits zum Mittag sehr windig war, entschloss sich Feller zur Befüllung, mit der Hoffnung auf das Nachlassen bis zum Starttermin. Doch die Windstöße nahmen am Nachmittag zu. So war man genötigt, zum Halten des Ballons neben den bereits 10 Soldaten auch Feuerwehrleute und sonstige Personen, insgesamt 30, heranzuziehen, die aber alle Mühe hatten, den anschwellenden Ballon festzuhalten. Plötzlich zerbarst bei einem unerwarteten Windstoß der unterste Ring des Ballons und verursachte einen klaffenden Riss in der Ballonhülle. Damit war der Aufstieg unmöglich geworden. Am darauffolgenden Mittwoch sollte die Fahrt nachgeholt werden.
Vom herrlichsten Wetter begünstigt stieg Feller am 13.Mai zu seiner 99.Fahrt auf, begleitet von seinem Assistenten Herrn Zieger. Tausende Zuschauer jubelten ihm wieder beim Aufstieg zu. Nur eine leichte Luftströmung trieb ihn in südöstlicher Richtung langsam dahin. Sie hatten eine genussreiche Fahrt von 40 Minuten Dauer und bis zu einer Höhe von 1800m. Die Landung erfolgte unter günstigen Umständen und unter großem Andrang Schaulustiger am Waldrand in der Nähe des Adelsbergturmes. Gegen ½ 11 Uhr abends trafen die beiden Luftschiffer samt ihrem Ballon wieder im Gasthaus „Zur Linde“ ein, von zahlreichen Neugierigen freudigst begrüßt.
Das Sommerfest in der Linde Ende Juni 1891 brachte den nächsten Aufstiegs Fellers mit seinem Ballon „Leipzig“ für die Chemnitzer. Punkt ½ 7 Uhr erhob sich der Ballon, wiederum mit Paul Spiegel als Passagier, kein anderer Mitfahrender fand sich trotz wiederholter Aufforderung. Nach Richtung Südost einschlagend, ging die schöne Fahrt von 47 Minuten Dauer und 1800m Höhe bis zu einem Kartoffelacker auf der Rittergutsflur von Erdmannsdorf. Große Heiterkeit erregte eine große, aus Tricot gefertigte Puppe, welche aus ziemlicher Höhe den „Absturz“ machen musste und im nahen Gablenz zur Erde kam.
Auch andere Wirte in Chemnitz erkannten das Potential mit einer dieser für damalige Zeit außergewöhnlichen Veranstaltungen Gäste in ihr Etablissement zu locken. So auch Richard Lorenz, der Wirt des Colosseums, dem späteren Volkshaus an der Zwickauer Straße. Dazu gesellte sich 1891 noch Herr Louis Schumann vom 1884 gegründeten „Thiergarten Scheibe“ in Chemnitz-Furth, der den Wiener Josef Brunner eingeladen hatte. Die Episode dieses missglückten Gastspieles können Sie hier weiterlesen.
(Quellen: Diverse Ausgaben des Sächsischen Lokal-Anzeigers für Chemnitz und Umgebung 1891 – zu finden unter SLUB-Dresden.de)