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50 Jahre Stadthalle

    Die Stadthalle, die im Ensemble mit dem 90 m hohen Hotel die Chemnitzer Innenstadt prägt, wird 50 Jahre alt. Am 5. Oktober 1974 wurde Sie feierlich eröffnet.

    Mit den Erdbauarbeiten wird das lange Zeit brach liegende Gelände erschlossen

    Ein kleiner Rückblick.

    Erwartungsvoll sahen die Karl-Marx-Städter Bürger der Eröffnung ihrer neuen Stadthalle entgegen. Von 1969 bis 1974 war dieses Areal eine Großbaustelle. Im Vorfeld wurden zahlreiche Varianten zur Bebauung geprüft, um der sozialistischen Arbeiterstadt ein entsprechendes Gesicht zu geben.

    Die Einweihung des neuen Hauses war in doppelter Hinsicht bedeutsam, denn damit war zugleich der Wiederaufbau des Zentrums der Chemnitzer Innenstadt, das kurz vor Kriegsende völlig zerstört wurde, in den wesentlichen Zügen abgeschlossen. Architekten und Bauarbeiter gaben ihr Bestes, um die für das gesellschaftliche und kulturelle Leben der Stadt und des Bezirkes so bedeutsame Veranstaltungsstätte termingerecht und in guter Qualität zu vollenden, und damit den vom VIII. Parteitag der SED gegebenen Auftrag zur Fertigstellung der Stadthalle zum 25. Jahrestag der DDR zu erfüllen.

    Das multifunktionale Veranstaltungsgebäude besticht durch seine markanten Waben aus Sichtbeton und den rötlichen Rochlitzer Porphyr. Es wurde nach einer durchdachten Konzeption mit mehreren Komponenten entwickelt.

    Der große Saal mit seinen maximal 2100 Sitzplätzen kann durch verschiebbare Wände und Sitzflächen, eine großzügig verwandelbare Bühne in fünf verschiedenen Varianten gestaltet werden, z. B. für Konferenzen, Konzerte, 70-mm-Filmvorführungen. Reporterkabinen und Simultananlage sowie eine umfangreiche Technik für Fernseh- und Rundfunkübertragungen machen diese Einrichtung vielfältig nutzbar. Eine ausgezeichnete Akustik, eine zugeschnittene Beleuchtung für alle Künste und gesellige Anlässe sorgen für beste Rahmenbedingungen. Durch die installierte beeindruckende Technik im Inneren ist die Halle äußerst flexibel. So ist eine Parkettebene mit 645 Plätzen möglich, aber auch schräg ansteigende Reihenbestuhlung mit 1780 Plätzen. Die 26 Meter breite und 15 Meter hohe Bühne bietet zudem sehr gute Voraussetzungen für die Inszenierung und Durchführung verschiedenster Veranstaltungen. 1976 wurde dazu eine Jehmlich-Orgel eingebaut. Mit 67 Registern und 5536 Pfeifen ist sie bis heute die größte in Chemnitz.

    Zur Stadthalle gehörte weiterhin ein mehrfach verwandelbarer kleiner Saal mit 500 Sitzplätzen, er verfügte über eine Hub- und eine Drehbühne. Dazu ein kleines Tropenhaus, ein Selbstbedienungsrestaurant, später das Restaurant „Pasardshik“, der Klub der Intelligenz „Pablo Neruda“ und vor dem Haus eine große Parkanlage mit Grünflächen und Wasserspielen.

    Eine besondere Attraktion war und ist das über 1500 Quadratmeter große Foyer, in dem sich Architektur und Kunst gut ergänzen. Viel Licht fällt tagsüber durch große Fenster in das Foyer, abends aus versteckten Lampen in warmen Tönen auf marmorierte Böden und Parkett. Das Architekten- und Baukollektiv um Chefarchitekt Dipl.-Ing. Rudolf Weißer hatte ähnliche Einrichtungen in anderen Ländern geprüft und sich für diese großzügige und zugleich einfache Gestaltung entschlossen. An der künstlerischen Ausgestaltung beteiligten sich Künstler aus der ganzen Republik mit Plastiken, Wandbildern, Reliefs und Gobelins zu Themen unserer Zeit, die bis heute den Eingangsbereich zieren.

    Vielfältige Veranstaltungen können auch hier stattfinden, wer erinnert sich nicht an die ersten Schallplattenbörsen und Tanzveranstaltungen in den Nachwendejahren.

    Noch vor der Eröffnungsveranstaltung am 5. Oktober 1974 waren am Vorabend die Erbauer der Stadthalle die ersten Gäste. Zu ihnen gehörten Ingenieure und Architekten, Bauarbeiter, Monteure, Meister, vom Wohnungsbaukombinat „Wilhelm Pieck“ KMST, vom Erdbau des Ingenieurtief- und Verkehrskombinats, die als erste mit der Erschließung des Geländes begannen, und vom VEB Technische Gebäudeausrüstung sowie viele andere, die mit großem Fleiß und hoher Einsatzbereitschaft hier gearbeitet hatten. Diese Veranstaltung galt als Generalprobe für die Fernsehübertragung des Eröffnungsprogramm „Rosen für Karl-Marx-Stadt“, an dem 750 Mitwirkende aus fünf sozialistischen Ländern beteiligt waren und das am Eröffnungstag aufgezeichnet wurde.

    Für die Leitung des Hauses mit dem ersten Direktor der Stadthalle, Roland Haase, und den damals 90 Mitarbeitern – Garderobieren und Pförtner nicht eingerechnet – begannen dazu schon im Januar 1974 die Vorbereitungsarbeiten. Gemeinsam mit Kulturschaffenden und Arbeitern der Kombinate und Großbetriebe der Stadt bemühte man sich um eine Programmgestaltung, die den „Anforderungen der Werktätigen“ gerecht wurde. Weitere Gäste im Eröffnungsmonat waren das Erich-Weinert-Ensemble und die Nationalphilharmonie Warschau. Auch Karl-Marx-Stadts Jugend traf sich hier am 13. Oktober zu einem Fest der Berufsbesten, Neuerer und Rationalisatoren.

    Die Stadthalle von Karl-Marx-Stadt war damals ein absoluter Publikumsmagnet. Die Gäste kamen aus dem ganzen Bezirk. 60 Prozent aller Karten wurden von den Kollektiven aus Betrieben dieses Industriebezirkes weit im Voraus bestellt. Es gab Verträge mit den Werktätigen und Studenten. Von Anfang an fanden neben den vielen künstlerischen auch politische Veranstaltungen statt. Schließlich sollte die Halle als Zentrum gesellschaftlicher Begegnung im weitesten Sinne etabliert werden.

    Panorama 2015 aufgenommen aus dem Roten Turm

    Seit ihrer Eröffnung im Oktober 1974 kamen über 20 Millionen Besucher zu Klassik- oder Rockkonzerten nationaler und internationaler Künstler, Shows, Musicals, Ballettaufführungen, Messen, Kongressen, Tagungen, Bällen, Sportveranstaltungen, Gala-Abenden oder TV-Produktionen mit Gästen aus der ganzen Welt.

    Im gesamten Komplex wurden über die Jahre hinweg aufwendige Rekonstruktionen durchgeführt, um den neuen technischen, baulichen und brandschutztechnischen Anforderungen gerecht zu werden. Ich habe selbst in den 90er Jahren daran mitgewirkt und dadurch einen exklusiven Blick hinter die Kulissen werfen dürfen, der den meisten Besuchern verborgen bleibt. Mit dem Bau der „Galerie Roter Turm“ wurde ein direkter Zugang vom unterirdischen Parkhaus zum Foyer geschaffen. Mit der Eröffnung des „Carlowitz-Congress-Centers“ im Juli 2021 wurde die Fläche des Stadthallenensembles um 2.000 Quadratmeter erweitert. Damit stehen nun zusätzliche Möglichkeiten für vielfältige Veranstaltungen zur Verfügung.

    Hoffen wir, dass die Stadthalle auch im Kulturhauptstadtjahr 2025 und darüber hinaus zur kulturellen Bereicherung in Chemnitz beitragen kann. Denn wie so oft, muß auch hier die Stadt Mittel zur Absicherung des Betriebes zur Verfügung stellen…

    Mehr Infos zum Jubiläum findet man auch unter: https://www.c3-chemnitz.de/unsere-haeuser/stadthalle-chemnitz/50-jahre-stadthalle

    (Quellen u.a. Zeitungsberichte, Neues Deutschland vom 2.Oktober 1974; Berliner Zeitung vom 30.Oktober 1974, zu finden unter ZEFYS.de; Dokumente und Bilder in der Sammlung Chemnitzer Hobbyhistoriker)