Die Chemnitzer Bädergeschichte ist um ein Puzzlestück reicher. Diese wohl einmalige Postkarte machte mich neugierig, mehr über dieses Bad herauszufinden. Wo war es, warum sind so viele Soldaten abgebildet? Der Text des Grußes verrät einen Teil dazu: „Viele Grüße aus unserem Garnisonbad…“
Bereits seit 1850 befand sich die Kaserne des Sächsisches Infanterie-Regiment „Kronprinz“ – die 104er Kaserne – vor den Toren der Stadt an der Zschopauer Straße. Zur militärischen Ausbildung gehörte auch der später angelegte Exerzierplatz, der auch als Erprobungsgelände für die Chemnitzer Flugpioniere diente, weiter draußen. Mit dem fortschreitenden Bewusstsein zur täglichen Hygiene, die Vorbilder waren die städtischen Volks- und Brausebäder, entstanden auch für die Soldaten ähnliche Einrichtungen. Es wurde also als Badeanstalt für die Soldaten genutzt, nach dem anstrengenden schweißtreibenden Drill eine willkommene und notwendige Abwechslung. Ab wann es dazu diente, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Erstmals ist am 11. Juli 1899 von diesem Bad mit der Bezeichnung des späteren sächsischen Königs zu erfahren, als eine Windhose in unmittelbarer Nähe eine Fuhre Heu mit in die Luft nahm. Es lag ganz draußen in Bernsdorf, umgeben von großen Feld- und Wiesenflächen, die den Bernsdorfer und Reichenhainer Bauern zur Landwirtschaft dienten.
1901 ist ein Eugen Scherle als Pächter des Bades zu finden, 1906 wird nur die Badeanstalt der Gemeinde Bernsdorf als „Prinz Friedrich-August-Bad“ genannt.
Interessant dazu noch ein Fakt: 1889 wird der unter dem Namen „Vorstand des Volksbades des Ortsverein zu Bernsdorf“ bestehende Verein als Juristische Person ins Genossenschaftsregister für den Landbezirk eingetragen. Bereits zu diesem Zeitpunkt gab es ein Volksbad in Bernsdorf, ob es der Vorgänger des Bades ist, wäre noch zu klären.
Am 27. März 1891 wird dazu berichtet: „Unser öffentliches Volksbad mußte wegen eingetretener unerwarteter Betriebsstörung, an welcher auch die anhaltende strenge Winterkälte ihren Antheil hatte, bekanntlich längere Zeit geschlossen bleiben. Nachdem die Ursachen dieser Störung nunmehr beseitig sind, ist das Bad der allgemeinen Benutzung in vollem Umfange wieder übergeben worden. Seine warmen Bäder in verschiedener Form bieten in der gegenwärtigen Jahreszeit die bequemste und günstigste und dabei sehr wohlfeile Gelegenheit zur rationellen Hautpflege. Man kann nur wünschen. Daß die mit nicht unbedeutenden Kosten errichtete Badeanstalt auch von der Bewohnerschaft unseres Ortes und der angrenzenden Nachbargemeinden, für welche sie sehr günstig liegt, recht rege benützt, und so auf der Höhe ihrer Leistungsfähigkeit erhalten werde. Für die kommenden Sommermonate sei auf die in unsere Badeanstalt gleichfalls gegebene Gelegenheit zu kühlen erfrischenden Bädern besonders aufmerksam gemacht.“
Die Gemeinde Bernsdorf wurde zum 1. April 1907 nach Chemnitz eingemeindet. Das ehemals auf dem Flurstück 224 der Gemeinde Bernsdorf liegende Haus wird der neu angelegten Grenadierstraße, die direkt zur Zschopauer Straße führt, als Nr.2 im Adressbuch 1908 zugeordnet. Besitzer ist zu diesem Zeitpunkt Gustav Adolf Klammt (in Stetzsch bei Dresden), im Erdgeschoß wird der Badeanstaltsbesitzer Göpfert geführt. Erstmals finden wir das Bad auch ab 1909 im Stadtplan.
Die Witwe Klammt betreibt bis 1913 noch das Kur-Restaurant. Im gleichen Jahr teilte man das Grundstück Grenadierstraße 2, E.H. Glänzel wird neuer Schankwirt im „Prinz Friedrich-August-Bad“. Der 2.Teil wird ab jetzt die Bernsdorfer Straße 213, neuer Besitzer der Färbereibesitzer Otto Hermann Müller, wohnhaft in Chemnitz, Mathildenstr.32, Färberei in der Agnesstr. 6 HG.
Wahrscheinlich schon mit Beginn des 1. Weltkrieges ging die Nutzung als Badeanstalt zurück. Der nahe Exerzierplatz hatte schon lange kein Soldaten mehr gesehen. Finanzielle Mittel wurden jetzt kriegsbedingt anderweitig eingesetzt, die altersbedingte Zustand konnte nicht verbessert werden, der Verfall war unausweichlich.
Nach dem 1.Weltkrieg wurde das 5. Königlich Sächsisches Infanterie-Regiment „Kronprinz“ Nr.104 im Jahr 1919 aufgelöst, die Kaserne später an die Stadt verkauft. Im Adressbuch der Stadt Chemnitz 1919 finden wir auch den letzten Eintrag zur Badeanstalt. Dort wird O.H. Müller, wohnhaft jetzt Theaterstr.76, als Badeanstaltsbesitzer erwähnt. Lediglich das Restaurant behält noch kurze Zeit seinem Namen. Der Abriss folgte.
Nach erneuten Besitzerwechseln in den Jahren 1921 und 1924 wird dann an dieser Stelle mit dem Wiking-Bad (das spätere Freibad Bernsdorf) ab 1924 das größte Chemnitzer Freibad errichtet. Dazu später ausführlich mehr in einem weiteren Bericht.
(Quellen: Zeitungsausschnitte aus dem Sächsischen Landesanzeiger und Chemnitzer Adressbüchern, zu finden unter SLUB-Dresden.de; u.a.)