Flugsportlicher Höhepunkt des Jahres 1925 in Chemnitz war der am 19. und 20. September des Jahres durchgeführte Sachsen-Rundflug.
Zweck dieser als reiner Geschwindigkeitswettbewerb ausgeschriebenen Veranstaltung war neben der Befriedigung der Schaulust des Publikums und der Propagierung des Luftfahrtgedankens in weitesten Kreisen der Öffentlichkeit vor allen Dingen das Ziel, der Deutschen Flugzeugindustrie einen weiteren Anstoß zur Fortentwicklung zu geben. Zur Teilnahme waren nur Flugzeuge deutscher Herkunft berechtigt, Bewerber mussten deutsche Reichsangehörige und Besitzer der gemeldeten Flugzeuge sein. Veranstalter war die Sachsengruppe des Deutschen Luftfahrt-Verbandes – Chemnitz wurde als Ausgangspunkt gewählt, weil der Chemnitzer Verein für Luftfahrt und Flugwesen e. V. damals präsidierender Verein der Sachsengruppe war und das dreißigjährige Bestehen feierte. Unter der Leitung von Herrn Hauptmann a. D. Ernst Eberstein, Chemnitz, Lange Straße 22, wurde ein Ausschuß für die vorbereitenenden Arbeiten gebildet, selbiger übernahm auch zur Veranstaltung die sportliche Leitung.
Dank der Initiative einiger sächsischer Städte wie Chemnitz, Plauen, Zittau, Döbeln, Zwickau und Glauchau, war es möglich, eine Preissumme in Höhe von 65.000 Mark zur Verfügung zu stellen, die den Grundstock zum Anreiz für die deutsche Flugzeugindustrie bildete. Die Rundstrecke Chemnitz – Glauchau – Zwickau – Plauen – Leipzig – Döbeln – Bautzen – Zittau – Dresden – Chemnitz hatte eine Gesamtlänge von 515 km. Diese Runde sollte so oft umflogen werden, als es in der Zeit des Wettbewerbes vom 19. September 1925, 2 Uhr nachmittags bis 20. September 6 Uhr abends möglich ist. Die Einteilung erfolgte in 4 Klassen, und zwar Klasse A bis 45 PS, Klasse B bis 70 PS, Klasse C bis 100 PS, Klasse D bis 140 PS. Weiter sah die Ausschreibung vor, daß diese Rundstrecke ist von der Gruppe A mindestens einmal, von der Gruppe B und C mindestens zweimal und von der Gruppe D, das sind die schweren Flugzeuge, mindestens dreimal zu durchfliegen ist.
Während auf den Zwangslandungsplätzen Leipzig, Zittau, Plauen und Großenhain nur zwei Gruppen landen, hat Dresden neben Chemnitz den Vorzug, alle Flugzeuge landen zu sehen. Während eines Aufenthaltes von 15 Minuten konnte der Benzin- und Ölvorrat ergänzt werden. Zu gleicher Zeit hatten die Flugzeugführer einige Formalitäten zu erfüllen.
28 Flugzeuge hatten sich bis zum Nennungsschluß am 1.September zur Teilnahme verpflichtet. Fast alle bekannten Firmen der deutschen Flugzeug-Industrie, wie Dietrich-Flugzeugwerke A.-G. Kassel. Udet-Flugzeugbau G.m.b.H. München-Ramersdorf und Albatros A.-G. Berlin-Johannisthal hatten ihre Flugzeuge angemeldet. Aber auch eine große Anzahl anderer Typen, wie das Bäumer-Sportflugzeug „Sausewind“, Focke-Wulf, Caspar, Heinkel und Junkers waren vertreten. Unter den gemeldeten Flugzeugführern erschienen eine größere Anzahl der alten bewährten Kriegspiloten, die im Deutschen Rundflug 1925 bereits den größten Stamm der Flugzeugführer gestellt hatten.
„In der Klasse „A“ treffen wir die bekannten Namen von: Martens, Stamer, Massenbach, in der Klasse „B“ die Chefpiloten der Dietrich-Werke: Antonius Raub und Kurt Katzenstein, dann einige ganz große Kanonen wie Ernst Udet und Lörzer, in der Klasse „C“ alte bekannte Flieger, wie: Student, Jeschonneck, Classen und Dietrich, den Hauptinhaber der Firma Dietrich-Werke A.-G., schließlich in der Klasse „D“ der aus dem Deutschen Rundflug rühmlichst bekannte „Polte“ und einige ältere Herren, wie Major a. D. Zander.“
Die Veranstalter hatte zudem lokale Veranstaltungen vorgesehen, die wiederum tausende Zuschauer anlockten. Es fanden Kunstflüge, Passagierflüge, Fallschirmabsprünge, Ballon-Wettfliegen und ein Flugzeughöhenschätzungwettbewerb statt.
„Am Sonnabend erschienen 19 Teilnehmer am Start auf dem Flugplatz an der Stollberger Straße in Chemnitz, mehrere Maschinen schieden aber noch dort aus, so daß z. B. die Gruppe A (Flugzeuge bis zu 40 PS) vollständig in Wegfall kamen, da die beiden letzten Flugzeuge dieser Gruppe bei Zwischenlandungen zu Schaden gekommen sind. Der Pilot Gurlitzer erlitt bei Stollberg Kolbenstangenbruch, v. Linden auf Udet-Kolibri mußte mit gebrochenem Fuß ins Ingoldstädter Krankenhaus gebracht werden. Ein Junkers K 16 mußte am Sonnabend bei Geithain notlanden. Der Start am Sonnabend, der kurz hintereinander sämtliche Flugzeuge aufsteigen ließ, führte bereits in Plauen zu Schwierigkeiten beim Landen. Ein Heinkel-Doppeldecker stieß mit einem Dietrich-Flugzeug zusammen, beide Maschinen wurden stark beschädigt. Der „Sausewind“ der Deutschen Verkehrsfliegerschule (Pilot Steindorf) schied mit schwerem Bruch wegen Motordefekts aus. Schiller auf einem Dreidecker mußte bei Großenhain, Student in Bautzen, notlanden. Am Sonnabend gelang es keinem Flieger bis zum Abend nach Chemnitz zurückzukehren. Am Sonntag lichtete sich die Zahl der Flieger weiter. Die zweite Runde wurde nur noch von 15 Maschinen begonnen. Die Leistungen für die schweren Maschinen wurden von der Flugleitung auf 1030 Kilometer herabgesetzt. Als erster traf in Chemnitz gegen ¾ 3 Uhr Student auf Albatros ein, kurz darauf Jeschonneck auf Albatros. Bis gegen ½ 7 Uhr waren 11 Flugzeuge am Ziel in Chemnitz gelandet.“
Über die Ergebnisse berichtete schließlich die Sächsische Volkszeitung in Ihrer Ausgabe vom 26.09.1925:
Ergänzend dazu noch der Hinweis, das der gebürtige Chemnitzer Ingenieur Max Schüler auf einem Dreidecker mit Umlauf-Motor, der Vagel-Grip SP-5 (D-664) – siehe Bild oben – den 5. Platz in Gruppe C belegte. Beachtlich die damals erreichten Durchschnittsgeschwindigkeiten, wenn man überlegt, welchen Belastungen die Piloten in ihren damals noch offenen Flugzeugen ausgesetzt waren.
(Quelle: Sächsische Volkszeitung – Ausgaben Juli/Sep. 1925 zu finden unter SLUB-Dresden.de)