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Der erste Fallschirmsprung in Chemnitz

    So müssen wir es uns ungefähr vorstellen, als Feller zur damaligen Zeit seinen 1. Versuch unternahm.

    Robert Feller, der emsige Ballonfahrer aus Leipzig, hatte sich mittlerweile auch daran gemacht, einen Fallschirm zu entwickeln, mit dem er als zusätzlichen Höhepunkt bei Veranstaltungen vom Ballon abspringen wollte. Zuerst waren es nur Puppen, die er probehalber aus dem Ballon stieß.

    Im Artikel 1891 – Ballonstarts in Chemnitz wurde kurz darauf eingegangen. Doch am 5. Juli 1891 sollte es in Chemnitz soweit sein. Der Wirt des Colosseums in Kappel, dem späteren Volkshaus in der Zwickauer Straße, hatte es geschafft, diesen Versuch bei sich stattfinden zu lassen.

    Der dazu verwendete Fallschirm hatte bei einem Gewicht von 17,5 kg einen Durchmesser von 5 m und einen Umfang von ca. 16 m. Zum Festhalten diente ein eiserner Ring, der mit ca.13 m  langen starken Schnüren am Schirm befestigt war.

    Schon vorher als halsbrecherisches Wagestück angekündigt, konnte jedoch der damals noch Absturz genannte Fallschirmsprung auf Grund der Nässe nicht durchgeführt werden, wie wir im nachfolgenden Bericht vom 7. Juli 1891 lesen können.

    Der Bericht vom 1. Absprung im Original von 1891

    Als Nächstes war Mittwoch, der 8. Juli, als Starttermin für sein waghalsiges Unternehmen festgelegt worden.

    „Wieder hatten sich Tausende Schaulustige im Garten des Colosseums und der näheren Umgebung eingefunden, das Schauspiel des Absturzes aus schwindelnder Höhe in Augenschein zu nehmen. Diesmal lies die Witterung nichts zu wünschen übrig, doch er konnte er wegen der ungenügenden Füllung des Ballons die Auffahrt erst ¾ 8 Uhr  und mit nur so geringer Tragkraft erfolgen, daß Herr Feller ohne jede Begleitung, bloß unter Mitnahme seines Fallschirmes zum aufsteigen genötigt war.“

    Schnell Richtung Osten treibend, war der geplante Absprung in der Nähe des Veranstaltungsortes, auch auf Grund der fehlenden Höhe, nicht durchführbar. Über das Häusermeer von Chemnitz hinweg ging die Fahrt bis in die Nähe von Brand bei Freiberg. Von seinem langen Ausbleiben getrieben, wurden Spekulationen laut, ob nicht Feller den Ballon über Euba verlassen hatte und den Absturz ausgeführt hätte. Dieses bestätigte sich nicht. Er kehrte am nächsten Tage erschöpft nach Chemnitz mit der Eisenbahn zurück, nachdem er Paul Spiegel, mit dem er in Verbindung stand, eine Depesche (Telegramm) übermittelte.

    Der 12. Juli 1891

    Der nun angekündigte Aufstieg von Robert Feller an diesem Sonntag hatte wiederholt eine enorme Zugkraft. Wie die Lokalpresse berichtet, reichten die verkehrenden Pferdewagen in Richtung Colosseum  kaum zur Bewältigung des starken Andranges aus.

    „Herr Feller hat diesmal sein Wort mit Ehren eingelöst, obgleich es Anfangs den Anschein gewann, als sollte der Ballon auch gestern wieder nach Osten, also über unserer Stadt getrieben werden. Dann aber geriet er in größerer Höhe in südliche Luftströmung, welche es Herrn Feller trotz der eigentlich ungenügenden Höhe von nur 700m Höhe nach etwa 12 Minuten Fahrt ermöglichte, nicht allzuweit vom Auffahrtsorte entfernt das Wagnis des Absturzes auszuführen. Es bot einen wirklich aufregenden Anblick, als der kühne Luftschiffer, vom Rande der sicheren Gondel anspringend, nur an seinem Fallschirm hängend zwischen Himmel und Erde schwebte. Die Ankunft auf der Erde erfolgte nach nicht ganz 2 Minuten Fallzeit auf einem Grundstück in Altchemnitz, nur etwa 300m entfernt von Thurme der neuen Kirche, und war insofern nicht ganz glücklich, als der Niederschwebende an die Mauer des alten Gotteshauses getrieben wurde. Hierbei erlitt der rechte Fuß eine Verstauchung, welche der nach der Ankunft mittels Geschirr im „Collosseum“ schnelle herbeigeholte Arzt, Herr Dr. Levy, nach genauer Untersuchung nicht für allzu bedenklich erklärte.“ (14.Juli 1891)

    Der Ballon, den sein Assistent Zieger nach dem Absprung übernahm, erreichte nach einer Fahrtdauer von 55 Minuten und einer Höhe von 3200 Metern die Burkhardtsdorfer Flur, wo er leider in einem kleinen Teiche, dem sogenannten Hühnerloch, niederging.

    Chemnitz hatte seinen ersten Fallschirmsprung erlebt. Dieser Sprung war natürlich das Gesprächsthema. Schnell wurden Legenden unter der Bevölkerung gebildet, so z.Bsp. das R.Feller noch in der Nacht zum Montag an Blutsturz plötzlich gestorben sei. Das war natürlich nicht der Fall. Schon wenig später sollte er, abermals vom Colosseum startend, den Absprung noch einmal wagen.

    Der benutzte Fallschirm wurde nun weiter sensationsmäßig in Chemnitz ausgestellt, zuerst noch im Colosseum, anschließend auf dem Jahrmarkt am Neustädter Markt, dem jetzigen Theaterplatz.

    Im Jahr 1891 hatte Chemnitz noch einen weiteren Aeronautiker zu Gast. Der Wiener Josef Brunner wollte es Feller nachmachen und zeigte seine Künste im Thiergarten Scheibe. Mehr schlecht als recht, wie Sie in diesem Beitrag erfahren können.

    (Quellen: Diverse Ausgaben des Sächsischen Lokal-Anzeigers für Chemnitz und Umgebung 1891 – zu finden unter SLUB-Dresden.de)

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