Chemnitz als aufstrebende Großstadt, zur damaligen Zeit mit fast 350.000 Einwohnern, hatte nach dem 1. Weltkrieg ca. 500 Hotelbetten verloren. Für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt war ein wirklich modernes Hotel, das in seiner Führung den höchsten großstädtischen Ansprüchen genügte, ein Wunschgedanke der heimischen Industrie zur Beherbergung ihrer zahlreichen in- und ausländischen Geschäftspartner.
Bereits 1925 wurde von der Industrie- und Handelskammer Chemnitz ein nationaler Wettbewerb für einen Hotelneubau gestartet, bei dem sich namhafte Architekten beteiligten. Die 1. Preisträger, Paul Bonatz und E.F.Scholer erhielten jedoch den Bauauftrag nicht, Professor Dr.-Ing. Heinrich Straumer aus Berlin, 2.Preisträger im Wettbewerb, wurde mit der Ausführung beauftragt. Die Wahl des Platzes und die Einfügung des Neubaus in die Umgebung erfolgte auf Grund der Pläne zur Neugestaltung des Theaterplatzes nach den Ideen des Stadtbaurates Alfred Otto, Chemnitz.
1927 wurde die Hotel-Aktiengesellschaft Chemnitzer Hof zur Finanzierung des Projektes und Betreibung des späteren Hotelbetriebes gegründet. Vorstand der AG war J.W. Dörrer, Chemnitz. Bis zum Ende der Bauzeit sollten nahezu 300 Chemnitzer Firmen und Personen Aktien zu 1000 RM zeichnen und für das nötige Stammkapital sorgen.
Die Schillingsschen Figuren mit dem Brunnen, die vorher diesen Platzbereich zierten, wurden 1928 abgebaut und eingelagert, ehe sie ihren jetzigen Standort an den Springbrunnenanlagen am Schloßteich 1936 erhielten.
Am 7. Dezember 1928 erfolgte der Spatenstich auf dem städtischen Grundstück, auf den die hiesige Presse in ihrer Berichterstattung einging:
„In einer kleinen Feier gelegentlich des ersten Spatenstichs hatte sich am Freitagnachmittag ein Kreis von Vertretern der Industrie, der Behörden und der Presse im Restaurant des Hauptbahnhofes zusammengefunden. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Hotelgesellschaft, Hans Stickel, begrüßte die Erschienenen und sprach noch einmal von den Schwierigkeiten, die es gerade bei der Durchsetzung dieses Projektes zu überwinden galt.
Nahezu vier Jahre der Vorbereitungen, sprach der Redner, hat es gedauert, bis nun mit dem ersten Spatenstich des Hotelbaues angefangen werden konnte. Ein schwerer Anfang. Nichts ist uns an Widerständen und Schwierigkeiten erspart geblieben: aber die Notwendigkeit war so groß, daß das Ziel erreicht wurde. Es ist gewiß kein Luxus, den sich die Chemnitzer Wirtschaftskreise leisten und auch gewiß kein Zeichen überflüssigen Kapitals. Man hat sich entschließen müssen, gewissermaßen ähnlich wie man Reklame- oder Werbespesen macht, das Projekt zu unterstützen, da man einfach nicht länger die Entrüstungsäußerungen der besten auswärtigen Kunden anhören konnte. Auch für uns Chemnitzer wird ein derartiger Mittelpunkt für alle Veranstaltungen, insbesondere auch Festlichkeiten und Sitzungen gebraucht.
Selbst als im Sommer dieses Jahres alle Schwierigkeiten geebnet waren, blieb die Hauptsorge, die finanzielle noch offen. Die Bausumme mußte vorher sichergestellt sein, ehe man mit dem Bau anfangen konnte, da man sonst riskiert hätte, mitten im Bau stecken zu bleiben. Da dies in Chemnitz nicht zu erreichen war mußten wir mit großen auswärtigen Konzernen verhandeln, die den Rohbau fix und fertig übernehmen und gleichzeitig die Finanzierung durchführen konnten. Es gelang dann, ein nach Ansicht des Aufsichtsrates vorteilhaftes Abkommen mit der Berlinischen Bodengesellschaft und der Sächsischen Baugesellschaft zu treffen. Bei Vergebung der Inneneinrichtung ist vereinbart, das Chemnitzer Lieferanten bei gleichen Preisen und Qualität bevorzugt werden müssen. Die Gestaltung und Bauleitung liegt in den Händen des bekannten Berliner Architekten, Professor Dr. h.c. Heinrich Straumer, der bekanntlich geborener Chemnitzer ist. Die Bauplanke ist errichtet, der erste Spatenstich getan und der Bau wird nunmehr, soweit es das Wetter einigermaßen gestattet, mit aller Macht gefördert werden. Es muß alles getan werden, damit er bald beendet werden kann.
Das Hotel bekommt einen Frontlänge von 49 Meter, zu der noch ein Glasvorbau mit 10,50 m hinzukommt, also ungefähr 60m Länge nach der Schillerstraße hin und eine Tiefe von 45 Meter. Es wird ungefähr 200 Betten und 55 Bäder bekommen, ein Weinrestaurant für 200 Personen, einen Frühstückssaal für 130 Personen, einen Festsaal, in dem 200 Personen an Tischen oder 400 Personen an Stuhlreihen Platz haben, einige kleinere Sitzungssäle und als Mittelpunkt eine mit Oberlicht versehene große Hotelhalle. Von dem eigentlichen Hotelbetrieb getrennt wird ein Bierrestaurant für etwa 450 Personen, ein Kaffee für 400-500 Personen und eine Tanzdiele vorgesehen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, das die technischen Anlagen, insbesondere die Küchenanlagen und die Entlüftungsanlagen nach den neuesten Erfahrungen der Technik ausgeführt und eingerichtet werden. Auch auf hervorragende Isolierung wird besonderer Wert gelegt werden.
Trotz voller Finanzierung werden an neue Zeichner noch Aktien ausgegeben, die zu einer Erhöhung des Aktienkapitals und Verminderung der zu amortisierenden Bausumme verwendet werden. Es sind schon bedeutende Beiträge hierfür wieder gezeichnet worden.
Wenn der Chemnitzer Hof fertig gestellt sein wird, so hoffen wir, das wir in Herrn Direktor Doerrer, der schon seit Monaten an den Vorarbeiten beteiligt ist, den richtigen tüchtigen Fachmann gefunden haben werden, der dem Haus bald neben seiner tadellosen herrlichen Gestaltung den Ruf einer hervorragenden Wohn- und Gaststätte im In- und Ausland verschaffen wird.
Im Verlauf der Feier ergriffen noch mehrere Redner das Wort, u.a. Kreishauptmann Dr. Seyfahrt. Kommerzienrat Habermann, Justizrat Beutler, Bürgermeister Arlart sowie weitere.“
Die Baukosten für die gesamte Anlage betrugen etwa 6 Millionen RM, die veranschlagten Baukosten blieben im selbst auferlegten Rahmen. Die Ausführung des neuzeitlichen Hochbaus von Mai 1929 bis 7. Oktober 1930 beanspruchte rund 17 Monate. Aus städtebaulichen und wohl auch finanziellen Gründen ging man von den ursprünglichen 5 auf 4 Stockwerke herunter. Mehr zu den erfolgreichen Jahren bis zum Krieg in dieser Vorstellung des Hauses.
(Quellen: Chemnitzer neueste Nachrichten, 17.11. und 8.12.1928)