Pferderennsport in Chemnitz – Teil 1
Es ist heute kaum bekannt, das es im Chemnitzer Ortsteil Furth Ende des 19. Jahrhunderts eine echte Pferderennbahn gab.
Das damals ausgewählte Terrain im Blankenauer Grunde, wurde durch das Entgegenkommen der Direktion der Sächs. Maschinenfabrik zu Chemnitz dem Dresdener Rennverein im Frühjahr 1895 überlassen.
Dieser Verein wurde von Offizieren und Persönlichkeiten in Dresden 1890 gegründet, mit dem Ziel, auf einem neu zu schaffenden Turfplatz Rennen abzuhalten. Diese fanden bereits unter zahlreichem Interesse am 7.Mai 1891 auf der heute noch existierenden Rennbahn in Dresden-Seidnitz statt. Diesen in den darauffolgenden Jahren stattgefundenen Rennen in Dresden war die gesellschaftliche Anerkennung des Rennsports zu verdanken. Die Rennbahn avancierte zum Mekka des Sports und gleichsam zur Stätte der Begegnung, nicht zuletzt auch für das aufstrebende Bürgertum. Seine Ziele wollte der Verein auch in Chemnitz in Form einer Filialbahn umsetzen.
Viele fleißige Hände waren zuerst beschäftigt, um die hierzu erforderlichen Planierungs- und Entwässerungsarbeiten auszuführen. Unter Leitung des Chemnitzer Architekten und Baumeisters Friedrich Oskar Ancke entstand eine 1600m lange Pferderennbahn, die der von Dresden absolut ebenbürdig war.
„Der Platz liegt in unmittelbarer Nähe des Chemnitzer Vorortes Furth und zieht sich dort, von den Ufern der Chemnitz bis zur Chemnitz-Leipziger Bahn hin. Die Rennbahn umfaßt etwa 80 Acker Landes (ca. 440.000 m²). Für die Flach- und Hürdenrennen ist das tiefer gelegene Wiesenterrain abgesteckt worden, während die Jagdrennen die anliegenden Höhen in Mitbenutzung ziehen werden. Eine große und schöne mit Bedachung versehene Tribüne wird für 500 Zuschauersitze aufgebaut. Unter derselben kommen die Wagenräume, Ankleide- und Geschäftszimmer, Totalisatorräume sowie ein großes Restaurant zu liegen. Der ganze Rennplatz wird nach den allerneuesten Regeln der Technik eingerichtet und den verwöhntesten Ansprüchen genügen. Für die Rennpferde wird mangels anderweitiger Unterkunft ein großer Holzbau mit ca. 40 Boxen neben der Tribüne gebaut, in welchem allein die zum Rennen kommenden Vollblüter untergebracht werden.“
Die erste Veranstaltung waren die Herbstrennen am Sonntag, den 22.September 1895. Erwartungsvoll und mehrfach auch in der lokalen und sächsischen Presse angekündigt, hofften die Veranstalter auf regen Besuch. Man organisierte sogar Sonderzüge so z. Bsp. ab Dresden, Leipzig, Annaberg, Zwickau nach Chemnitz sowie dem Chemnitzer Hauptbahnhof nach Furth. Es sollte ein noch nie gesehenes Spektakel für Chemnitz, das Erzgebirge und das Vogtland werden.
Wertvolle Ehrenpreise und über 12.000 Mark Rennpreise wurden für die 7 angesetzten Rennen ausgesetzt. Man erhoffte sich damit auch, eine große Anziehung auf die deutschen Rennställe auszuüben.
Und die Erwartungen des Rennvereins wurden nicht enttäuscht. Die Dresdener Nachrichten berichten darüber euphorisch in der Montagsausgabe nach dem Rennen:
„Aber ein solch großartiger, wie ihn das heutige Nennen aufzuweisen hatte, übertraf wohl die kühnsten Erwartungen. Eine vieltausendköpfige Menge strömte von Mittag an nach dem Rennplatz. Ganze Reihen Equipagen. Lohngeschirre und Extrazüge vom Hauptbahnhofe aus beförderten die Bewohner von Chemnitz und der weiteren Umgebung hinaus, so daß der Dresdner Rennverein mit dem materiellen Erfolg sehr zufrieden sein konnte. Auf den Tribünen sah man einen Damenflor von einer Eleganz, wie ihn Chemnitz noch nicht oft beisammen gesehen hat. Die Spitzen aller städtischen und königlichen Behörden waren vertreten und die Uniformen von Offizieren aller Waffengattungen aus fast allen Garnisonen Sachsens belebten das Bild ungemein. Die Rennen selbst, die alle sehr prompt und ohne irgendwelche Unfälle abgesehen davon, daß sich einige Reiter vom Pferde trennten.“
In Chemnitz las man: „Das große Rennen, welches am Sonntag vom Dresdener Rennverein auf den Chemnitzwiesen zu Furth abgehalten worden ist, war von circa 17.000 zahlenden Personen besucht. Die Einnahmen von Eintrittsgeldern ergaben nahe 25.000 M. Der Umsatz am Totalisator betrug 36.000 M. Gewiß ein günstiges Zeichen für das Interesse, welches die Bevölkerung unserer Stadt und deren Umgebung dem Sport entgegenbringt.“
