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Werbung vom 28.Mai 1925 zur Saisoneröffnung

Draußen, damals noch vor den Toren der Stadt Chemnitz in Siegmar-Schönau, lag in unmittelbarer Nähe der Umgehungsstraße Chemnitz – Mittelbach (Neefestraße) inmitten eines parkartigen Wald- und Wiesengeländes das Jagdschänkenbad, das ich in Reihe zur Aufarbeitung der Chemnitzer Bädergeschichte vorstellen möchte.

Schon früher befand sich auf dem der Stadt Chemnitz gehörigen Grundstück gegenüber der „Jagdschänke“ ein Badeteich. Das Wasser dazu kam von den Neukirchner und Stelzendorfer Fluren, die sich bis zur jetzigen Autobahn erstreckten. In einer Senke gelangte das Wasser durch das heute noch existierende Wäldchen in den Teich.
Der Badeteich wurde nacheinander von unterschiedlichen Vereinen gepachtet. In den 20er Jahren versuchte man unter Führung des Turnverein Reichenbrand, aus dem vorhanden Teich eine Schwimm- und Badeanstalt zu erschaffen. 1925 wurden erstmals Eintrittsgelder erhoben.

1928 wurde bereits, unter Führung des Vereines für volkstümlichen Wassersport Siegmar und Umgegend E.V., Werbung für das Schwimm-Luft- und Sonnenbad Jagdschänke Siegmar als schönstes und größtes Naturbad Sachsens gemacht. Auf 56.000 m² Fläche konnten die Badegäste, bei volkstümlichen Preisen, das idyllisch gelegene Schwimmbad mit Spielplatz, Sportwiese und Wäldchen in den Sommermonaten aufsuchen und ihren sportlichen Bestrebungen nachgehen oder sich als Ausgleich zur anstrengenden Fabrikarbeit erholen.

Doch ebenso wie der auf Schönauer Flur gelegene Badeteich, genügte er nicht den bescheidensten Ansprüchen.

Erst die Vereinigung der Gemeinden Siegmar und Schönau zur Mittelstadt Siegmar-Schönau zum 1. Oktober 1935 gab die Möglichkeit, neben dringlichen Aufgaben auf dem Gebiet des Wohnungsbaues, des Straßenbaues und der Verwaltung, auch die Frage zur Schaffung eines allen Ansprüchen genügenden Bades zu klären. Durch die Überlassung des Geländes der Stadt Chemnitz und den Verkauf an Siegmar-Schönau 1936 wurde die Grundlage für die Neugestaltung der Anlage gegeben.

Im März 1937 begann man mit geringstem Aufwand und ohne Inanspruchnahme von Steuermitteln die Arbeiten. Trotz schlechter Bodenverhältnisse, Kälte, Nässe und Hochwasser konnte das Bad in einer beispiellos kurzen Zeit fertiggestellt werden. Im Rahmen des Arbeitsbeschaffungsgesetzes wurde mit Hilfe von 320 Arbeitskameraden in knapp zehn Wochen die Badeanlage geschaffen. Für die Gesamtgestaltung verantwortlicher Architekt war Herr Becker aus Lichtenstein-Callenberg, der auch die Weiherede hielt.

Zur Eröffnung am 12. Juni 1937 las man in der Chemnitzer Tageszeitung:

Das schöne Bad mit seinem idealen Freigelände, das seinen Namen von der gegenüberliegenden Jagdschänke hat ist etwa 50000 Quadratmeter groß und hat eine Wasserfläche von 25.000 Quadratmeter. Die Becken sind vollkommen in Beton gefaßt und mit Platten ausgelegt. Natürliche Wasserwechsel sorgen dafür, dass das Wasser jederzeit klar und sauber ist und durch dauernde Frischwasserergänzung alle hygienischen Anforderungen genügt wird.

Das Großbecken ist für Schwimmer und Nichtschwimmer eingerichtet und entsprechend abgegrenzt. Auch die Sportler werden auf ihre Kosten Kommen, denn es sind acht 50-Meter-Kampfbahnen, ein Wasserballspielfeld, zwei 1-Meter Sprungbretter sowie ein Sprungturm mit zwei 3-Meter-Sprungbrettern und je einer 5- und 10-Meter Plattform vorhanden. Außerdem ist ein 500 Quadratmeter großes Planschbecken angelegt worden, in dem sich die Allerkleinsten tummeln können.

Breite Wege und ein Strand, der mit Seesand bedeckt ist, führen zu den vorbildlich und übersichtlich angelegten Kleiderablagen, die in Männer-und Frauenabteilung getrennt sind. Jede Abteilung – zwischen den Abteilungen liegen die Brause- und Aborträume – enthält drei Massenauskleideräume mit der Möglichkeit der Garderobenabgabe, ferner mehrere Umkleidezellen, die auf bestimmte Dauer mietbar sind, und eine große Anzahl Wechselzellen. Diese Anlagen sind auf kürzestem Wege vom Eingang zu erreichen und bilden, in der Achse des großen Schwimmbeckens stehend, einen guten architektonischen Abschluß und Windschutz. Besonders zu begrüßen ist die offene überdeckte Halle vor den Ankleideräumen, die einen guten Schutz gegen plötzlich einsetzenden Regen bietet. Eine gleiche Halle ist auch dem geräumigen Badekaffee vorgelagert. Innerhalb des eingefriedeten Geländes wurde hinter den Kleiderablage ein großer Parkplatz für rund 200 Kraftwagen und ein Abstellplatz für viele hundert Motor- und Fahrräder angelegt. So dass also in jeder Beziehung für stärksten Besuch Vorsorge getroffen worden ist.“

Das Wasser von den Feldern auf Neukirchner Flur wurde nun nicht mehr benötigt. Es wurde in Rohren am Bassin vorbei in den Jagdschänkenbach geleitet. Es war zu unregelmäßig verfügbar und bei Unwettern mit Lehm versetzt. Deshalb wurde durch das Gelände (Liegewiese) ein Graben gezogen der das Wasser fernhalten sollte. 1938 wurde dann auch ein Sportplatz errichtet. Dazu wurde das Gelände mit dem Aushub aufgefüllt und eingeebnet. Zum angrenzenden Jagdschänkenbach ergab sich so ein Höhenunterschied von ca. 1,5m.

30.000 – 40.000 Besucher wurden jährlich gezählt, auch in den Kriegsjahren. Ausschlaggebend war die günstige Verkehrsanbindung unmittelbar an der 1933 fertig gestellten Neefestraße.
Zur Anreise konnte man auch Busse der Linie Siegmar-Neukirchen-Altchemnitz nutzen, die direkt am Bad hielten.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Bad in den Sommermonaten u.a von den Sportlern der SV Wismut genutzt, die auch die herrliche Anlage wiederaufgebaut hatten. Der SDAG Wismut war es auch wohl zu verdanken, daß das Jagdschänkenbad zwischen 1968 und 1972 rekonstruiert wurde. Den baufälligen Zehn-Meter-Sprungturm entfernte man, die Bassinmauern wurden durch Dickere ersetzt und das Dusch- und Toilettenhäuschen um ein Stockwerk erweitert. Diese Etage diente als Wohnung für den Bademeister. Rund um das Bassin wurde eine Dornenhecke gepflanzt, sodass nur über wenige Zugänge mit Dusche und Fußbad das Wasser erreichbar war.
Das Bad wurde zunehmend unrentabel, zu niedrige Eintrittspreise und hoher Wasserverlust durch Baupfusch machten die Unterhaltung zum Problem für die Stadt.

1994 wurde das Bad für immer geschlossen. Verfall und Verwilderung traten ein, im Bassin wuchsen Birken und Espen.

Kühne Pläne hatte ein Investor 1997, als er auf dem Gelände das tollste Erlebnisbad Sachsens errichten wollte. Doch andere Städte waren schneller und die Fördermittel, die zum Bau notwendig waren, wurden nicht genehmigt. Das Projekt zerschlug sich kurze Zeit später.

Ab 2010 erfolgte die Renaturierung. Die Stadt Chemnitz hatte das brachliegende Grundstück als Ausgleichsfläche für den Ausbau der B174 bereitgestellt, bei dem Bäume und Grünflächen verloren gingen. Doch bis es soweit war, mußten Gebäude und verfallene Kabinen abgerissen, entsorgt und das Bassin freigelegt werden. Im November 2012 konnte mit den Abbruch der Mauern und Hebung der Betonplatten begonnen werden. 2013 waren die Arbeiten für den neuen Lebensraum für Pflanzen und Tiere abgeschlossen.

(Quellen: Artikel aus der Chemnitzer Tageszeitung zur Weihe vom 14.Juni 1937; Artikel aus dem Buch Siegmar-Schönau – die Stadt vor der Stadt; u.a.)