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Kassberg-Auffahrt

    Von großer Bedeutung bei der Schaffung von Verkehrs- und Siedlungsmöglichkeiten in Chemnitz waren die vielen Brückenbauten. Ursprünglich wurden die Wasserläufe in Furten überschritten. Andererseits sind auch im Mittelalter schon Brücken vorhanden gewesen, meistens waren es einfache Holzbauten die höchstens durch massive Pfeiler oder Widerlager getragen wurden.

    Auftretende Naturkatastrophen, wie Hochwasser oder Eisfahrten, überstanden sie nicht, mehrfach mussten sie wieder aufgebaut werden, wie wir in der Geschichte lesen.

    Um die Mitte des 19.Jahrhunderts entstanden dann die ersten Flussbrücken aus Stein. Verschiedene Bogenformen und deren Änderung führten zu immer größeren Spannweiten. Als eines der schönsten Brückenbauwerke in Chemnitz mit der Vereinigung verschiedener Bogenformen gilt die Kaßbergbrücke mit der dazugehörigen Auffahrt. Mit zwei Halbkreisbögen überspannt sie die Chemnitz, ein kleiner Halbkreisbogen und ein Korbbogen nimmt die Fabrikstraße auf, in Rampenform wird der Verkehr von der Theaterstraße zum Kaßberg hinaufgeführt und überwindet einen Höhenunterschied von ca. 15 m.

    Zur Geschichte:

    Ein Aufgang zum Kaßberg befand sich schon früher ungefähr an der Stelle, wo jetzt die Kaßbergauffahrt ist, es war jedoch nur ein schmaler steiler Weg zwischen Zäunen hin, der für Wagen selbst von bescheidener Größe unbenutzbar war. Mit der Bebauung des Kaßberges ab ca. 1860 forderte man natürlich eine direkte und befahrbare Verbindung zum Stadtzentrum. 1863 bereits wurde die Problemlösung in Angriff genommen. Die schwierigen Vorarbeiten zogen sich bis 1868 hin. Mehrere Varianten wurden geprüft, die 1866 projektierten Pläne des Ratsbauinspektors Hahn waren die günstigste Lösung und wurden ausgeführt. Da die Stadt sich jedoch in einer sehr ungünstigen finanziellen Lage befand, wurde nicht die geplante 30 Ellen (17 Meter) breite Brücke realisiert, sondern nur in 20 Ellen (11Meter) Breite ausgeführt. Weitsichtig aber die Entscheidung, die Gründung der Brücke auf die zuerst geplante 17 Meter Variante auszuführen. Ende April 1869 begann der Bau der Brücke, im Jahre 1870 war der Bau der 185 m langen Kaßbergauffahrt vollendet. Die Überführung hatte eine 7,4 Meter breite Straße und einen beidseitigen Fußweg von je 1,8 Metern erhalten, für die Verblendung der Kaßbergbrücke wurde Reinhardtsdorfer Elbsandstein verwendet. Der Bau kostete 40.000 Taler.

    Bau der Kassbergbrücke um 1869 - aus dem Buch "Faszination Kaßberg"

    Fast 40 Jahre nach der Fertigstellung der Kaßbergbrücke ließ sich die schon 1869 angestrebte Verbreiterung nicht mehr verschieben, da erstens eine Straßenbahntrasse hinauf zum Kaßberg gelegt werden sollte und zweitens die Pfeilergründungen den enorm gestiegenen Belastungen nicht mehr gewachsen waren. Sie mußten unbedingt verstärkt werden. Als Ende Mai 1908 mit der Ausführung der Verbreiterung begonnen wurde, unternahm man zunächst Ausschachtungen im Chemnitzfluß, um die Pfeilergründungen verstärken zu können. Zudem wurden die Widerlager an der Fabrikstraße mit Eisenbeton verstärkt.

    Die Verbreiterung wurde in zwei Abschnitten ausgeführt, da die Brücke aufgrund ihrer großen Bedeutung für den Verkehr nicht gesperrt werden konnte. Die Übergabe der oberstromseitigen Brückenhälfte erfolgte Mitte September 1908. Einen Monat später war der gesamte Brückenbau zu Ende geführt.

    Die Straße war nun 8,8 Meter breit und der beidseitige Fußweg 3,8 Meter. Das alte Eisengeländer war durch eine Sandsteinbrüstung ersetzt worden. Für die Verblendung des Mauerwerkes an den Stirnseiten hatte man wetterbeständigen, quarzreichen Elbsandstein verwendet. Die Brücke wurde nun auch durch hängendes Gasglühlicht beleuchtet.

    Ab 1.11.1908 fuhr dann, nach vorher durchgeführten Belastungsfahrten, die neue Linie K der Straßenbahn vom Hauptbahnhof auf die Weststraße/Ulmenstraße (und zurück). Und das bis Mitte Oktober 1983, ab dann ersetzten moderne Gelenkomnibusse die alten schmalspurigen Straßenbahnzüge der Linie 8.

    1928 gab es erste Umgestaltungspläne in diesem Areal. Eine neue Umgehungsstraße sollte unterhalb des Kaßberges die Chemnitzer Innenstadt entlasten, der Chemnitzfluß überdacht und die Kaßbergauffahrt verlegt werden. In der Weltwirtschaftskrise und der folgenden Zeit war dieses riesige Projekt wegen Geldmangels und andere Problematiken kein Thema.

    Im 2.Weltkrieg hatte die Brücke glücklicherweise keinen Treffer abbekommen. Der Zahn der Zeit hatte der Brücke jedoch enorm zugesetzt, sie war sehr baufällig und marode. Ende der 1950er Jahre gab es Pläne, die Straßenbahn zur Entlastung der Kaßbergauffahrt über die Reichsstraße zu führen. Statt dies zu realisieren, wurde die Belastbarkeit der Brücke schrittweise auf 6 Tonnen zurückgesetzt. 1961 war man nach umfangreichen Untersuchungen der Meinung, daß der aus dem  Jahr 1870 stammende Teil des Fabrikstraßenbogens der Kaßbergbrücke durch eine Stahlbetonmassivplatte ersetzt werden mußte.

    Als Termin für die Erneuerung legte man die Zeitspanne zwischen März und August 1961 fest und verfügte für die Bauzeit eine Vollsperrung der Brücke. Ende Juli war die volle Belastbarkeit der Brücke mit 30 Tonnen wieder hergestellt. Auch wurde in diesem Zuge die Beleuchtung der Brücke von Gas auf Strom umgestellt.

    Und heute:

    Ende Juni 2017 erhielt die Brücke an der Kaßbergauffahrt einen neuen Namen samt Beschilderung. Die „Karl-Schmidt-Rottluff-Brücke“ erhielt vom Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr zudem noch einen Geldsegen: Der Freistaat wollte rund zwei Millionen Euro für umfangreiche Sanierungsmaßnahmen investieren. Ab 16.April 2018 war die Brücke für fast genau 2 Jahre gesperrt. Die Baumaßnahmen umfassten die Rekonstruktion der Brücke, die Instandsetzung der Stützmauer und die Erneuerung der Fahrbahn. Außerdem wurde die Fußgängertreppe zur Fabrikstraße abgerissen und komplett neu aufgebaut. Die Kosten für das Projekt sollten sich auf insgesamt 5,3 Millionen Euro beziffern.

    Jetzt sind die Arbeiten beendet. Hoffen wir, daß die Brücke den neuen Anforderungen gewachsen ist und die Sanierungsmaßnahmen fachgerecht ausgeführt wurden…

    Diskussionen über fehlende Radwege sollten ausbleiben. Diese sind in diesem Bereich schon auf Grund der engen S-Kurve nicht unbedingt notwendig. Die wenigen Meter auf dem breiten Fußweg kann man durchaus nutzen, das Fahrrad bergauf zu schieben.

    (Quellen u.a.: Deutschlands Städtebau – Chemnitz 1923 + 1929, Beitrag im Chemnitzer Roland 1997- Autor M.Gentzsch)