Einen unscheinbaren und wenig auffälligen Platz in der ehemaligen westlichen Schloßvorstadt stelle ich an dieser Stelle im Kontext zu heute vor.
Früher befanden sich an dieser Stelle Wiesen, Äcker und Scheunen des ehemaligen Freigutes Schloßchemnitz, das dem Ortsrichter Friedrich Ludwig Rießner gehörte. Nach der Eingemeindung des Vorortes 1880 zur Stadt Chemnitz ging dieses Areal in städtischen Besitz über. Das Platzareal wurde ab 1882 markiert, an seiner Flanke entwickelte sich zuerst an der Rießnerstraße (benannt nach eben diesen Ortsrichter – heutige Konradstraße), in Richtung Leipziger Straße, eine lebhafte Bebauung.
Großen Anteil am raschen baulichen Fortschritt in diesem Gebiet hatte der 1873 gegründete Schloßchemnitzer Bauverein AG unter Führung des Tintenfabrikanten Eduard Beyer. Er war es auch, der Vorschläge für verschiedene Straßenbenennungen mit örtlichen und familiären Bezug einreichte. Seinen Empfehlungen folgend, beschloss der Rat der Stadt Anfang Juli 1885, den zwischen Thal- und Ludwigstraße gelegenen und von der Louisen- und Rießnerstraße begrenzten Platz Louisenplatz zu benennen. Seine bereits 1880 verstorbene Frau Lu(o)ise, deren Tod einen herben Verlust für Beyer bedeutete, wurde die Namensgeberin.
Im Frühjahr 1885 war bereits der Grundstein des 1. Gebäudes am Louisenplatz gelegt worden. 1886 finden wir das Haus und die Platzbezeichnung erstmalig im Chemnitzer Adressbuch.
Ab 1. Januar 1888 ergänzten die seither zur Rießnerstraße gezählten aber am Louisenplatz gelegenen Häuser postalisch den Platz. Unter Mitwirkung des Chemnitzer Gartenarchitekten Otto Werner entstanden in den folgenden Jahren die Wege und Grünanlagen.
Bereits 1887 hatte die Stadt an der Freigutstraße, unmittelbar am Platzgelände, ein ca. 6.000 m² großes Grundstück gekauft, um eine Bezirksschule nebst Turnhalle zu errichten. 1889 begannen die Arbeiten, am 18. Juli 1890 wurde das Schulhaus als 9. Bezirksschule, später kurz nur Luisenschule genannt, in Gebrauch genommen. 1.200 Kinder waren der Schule zugewiesen worden. In 26 Klassen sollten sie Unterricht erhalten und damit die 1. Bezirksschule (Bürgerschule) in der Theaterstraße entlastet werden.
Zum 1. Januar 1892 verlor der Louisenplatz das „o“ im Namen. Seitdem finden wir ihn in der heutigen Schreibweise in den Verzeichnissen und Stadtplänen. In verschiedenen historischen Dokumenten erscheinen jedoch zwei Schreibweisen des Vornamens.
Soweit zum kurzen Exkurs in die Vergangenheit. Den heutigen Zustand des Stadtteils und der Umgebung des Luisenplatzes sollen die nachfolgenden Drohnenaufnahmen vermitteln, aufgenommen am 1.Mai 2022.
(Quellen u.a.: Artikel „Königin Luise und Schloßchemnitz“ von Jutta Aurich, erschienen im Chemnitzer Roland 2/2023; Adressbücher der Stadt Chemnitz)