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Tennis im Küchwald

    Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts schwappte die Tennisbegeisterung auch nach Chemnitz über. Zur Ausübung des ursprünglich aus Frankreich stammenden und durch die Engländer weit verbreiteten Sports entstanden zu dieser Zeit die ersten Anlagen, so 1894 an der Goethestraße des Chemnitzer Lawn-Tennis-Clubs und 1896 an der Bernsdorfer Straße.

    Mit dem Ausbau des Chemnitzer Küchwalds eben in dieser Zeit, sollte auch dort, inmitten des neuen Volksparks, abseits der Industrieanlagen, eine Tennisanlage entstehen. Im Bericht der Verwaltung 1904 zum Fortschreiten der Arbeiten werden erstmals die geplanten „Lawntennisplätze“ genannt.

    Doch erst im Jahre 1908 wurden die zwischen dem Festplatz und der Cotta-Schneise gelegenen Plätze hergestellt und im Frühjahr 1909 unter dem Namen „Städtische Küchwaldplätze“ für den Spielbetrieb freigegeben. Die probeweise für ein Jahr an den Wirt der Küchwaldschänke verpachteten Tennisplätze erfreuten sich sofort regen Zuspruchs. Im Winter wurden sie als Spritzeisbahn genutzt und den Chemnitzer Schlittschuhläufern zur Verfügung gestellt. Diese gründeten 1913 den Chemnitzer Eislaufverein e.V. Nach dem Ersten Weltkrieg nahm auch die Zahl der Tennisspieler wieder zu, man pachtete die 4-Feld-Anlage von der Stadtverwaltung. Am 5. Dezember 1918 schloss man sich dem bereits bestehenden Chemnitzer Eislaufverein an. Der „Chemnitzer Eislauf- und Tennisverein e.V.“ war geboren, erste organisierte Tennisturniere folgten im Sommer 1920 und nach dem ersten Ausbau der Tennisplätze 1921.

    Die Eintragung ins Vereinsregister erfolgte am 8. Mai 1922. Bei Ausbauarbeiten 2001 fand man im Dachgebälk des Clubhauses eine gut erhaltene Satzung dieser Vereinsgründung, in der Eintrittsgelder, eine Art Aufnahmegebühr, für Erwachsene 60 RM (Reichsmark) und der Mitgliedsbeitrag, für Erwachsene 120 RM, für Jugendliche und Schüler 30 RM im Jahr, genannt wurden. Die Ballkinder erhielten damals von den Spielern einen Gutschein über 10 Pfennig für eine Stunde Bälle lesen.

    Ein weiterer Anstieg der Mitgliederzahl, die Chronik berichtet von damals über 130 zahlenden Mitgliedern, veranlasste den Vorstand im Jahre 1925, eine neue Platzanlage im Anschluss an die alte zu schaffen. Bereits 1926 konnte die neue Anlage mit weiteren 5 Plätzen zum Spielbetrieb übergeben werden.

    Der Vorstand ruhte aber nicht, sondern arbeitete weiter an dem Werk, den Mitgliedern und somit der Stadt Chemnitz eine vollständige Anlage zu schaffen. Die Notwendigkeit eines Klubhauses machte sich mehr und mehr bemerkbar. Die Umkleideräume, die provisorisch in der Küchwaldschänke gemietet wurden, entsprachen keinesfalls den Anforderungen, die man an hygienische Umkleideräume stellte.

    Luftaufnahme um 1930 – im Hintergrund die Küchwaldschänke

    Zum Zwecke der Errichtung eines Klubhauses schlossen sich einige Herren zum CETV-Bauverein e.V. zusammen und arbeiteten an dem neuen Werk, das am Pfingstsonntag, dem 27. Mai 1928, der Öffentlichkeit übergeben wurde. Die Vorarbeiten begannen im November 1927 und der erste Spatenstich erfolgte am 10. Februar 1928. Der Entwurf des Hauses im Stil der neuen Sachlichkeit stammte von dem Vereinsmitglied Dipl. Ing. Richard Steineck, der auch den Innenausbau überwachte. Die Bauausführung übernahm Arthur Goldberg (Siegmar) mit seiner Firma, ebenfalls ein Vereinsmitglied.

    Ab 1929 war die Anlage regelmäßig Austragungsort des Chemnitzer Tennis-Verbandsturnieres und anderer Wettkämpfe. Höhepunkt im Chemnitzer Tennissport der Vorkriegszeit war das Gastspiel von Tennisweltmeister Hans Nüßlein am 14. September 1935 im Küchwald. Vor über 1.000 Zuschauern schlug er im Einzel den Chemnitzer Tennislehrer Rott, der sich ehrenvoll hielt, aber der Überlegenheit der Tenniskunst des Weltmeister geschlagen geben mußte.

    Auch im Winter blieb die Anlage als Spritzeisbahn eine beliebte Eislauffläche für alle Sportbegeisterten, für Eiskunstlaufveranstaltungen und Eishockeyspiele.

    Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren die Tennisplätze völlig verwahrlost, kein Ball war in den letzten Jahren hier aufgeschlagen worden, auf den Plätzen sprießte das Unkraut. Aus dem einstigen Chemnitzer Eislauf- und Tennisverein wurde die Betriebssportgemeinschaft Einheit Mitte Chemnitz/Karl-Marx-Stadt mit einer Sektion Tennis, die den Platz wieder auf Vordermann brachte. In der kalten Jahreszeit wurde sie auch wieder als Spritzeisbahn genutzt, aber nicht lange, denn schon bald entstand am nördlichen Rand des Küchwalds 1950 ein neues Eisstadion.

    1979 entstand eine 22 m lange und 3 m hohe, beidseitig bespielbare Ballwand in Eigenleistung der Mitglieder. 1988/89 wurde anlässlich der DDR-Meisterschaft im Tennis, die auf der Anlage im Küchwald stattfinden sollte, ein 10. Platz als Meisterschaftsplatz mit Stehplatz-Traversen für 1500 Zuschauer hinzugebaut. Er wurde am 26. Juli 1989, pünktlich zur Eröffnung der 40. (und zugleich letzten) DDR- Tennismeisterschaft mit über 1.000 Besuchern in Betrieb genommen.

    Der einmalige architektonische Stil des 1928 errichteten Klubhauses hat mit dazu beigetragen, daß die gesamte Anlage unter Denkmalschutz gestellt wurde. Mit einer nachträglichen angebrachten Wärmedämmung im Jahr 1992 und die innere Modernisierung in den folgenden Jahren ist das Gebäude bis heute so erhalten geblieben. Im Frühjahr 2002 wurde noch vor Saisonbeginn in Vereinsarbeit die Erweiterung der Veranda realisiert.

    Der am 20. Juli 1990 gegründete „Chemnitzer Tennisclub Küchwald e.V.“ betreibt die in Erbpacht befindliche Anlage seit nunmehr fast 35 Jahren. Er gehört zu einem der mitgliederstärksten Sportvereine in Chemnitz. Mit mehreren Mannschaften im Junioren-, Erwachsenen und Seniorenbereich nimmt man am Spielbetrieb teil, auch der Breitensport und die Nachwuchsausbildung sind wichtige Bestandteile der Vereinsarbeit. Jeder Tennisinteressierte ist gern gesehener Gast auf der Anlage im Küchwald.

    (Quellen: Artikel aus „Verandablick“, dem Journal des Chemnitzer Tennis-Club Küchwald e.V., Artikel in der Allg. Zeitung Chemnitz vom 27.Mai 1928, Zeitungsausschnitte sächsischer Tageszeitungen, Berichte der Verwaltung der Stadt Chemnitz 1903-1922, beides zu finden unter SLUB-Dresden.de; Webseite des CTC Küchwald u.a.)