Chemnitz als Wiege des vereinten sächsischen Automobilbaus
Zu einem Zeitpunkt, als der Absatz der deutschen Automobilindustrie unter dem Einfluss der Weltwirtschaftskrise immer mehr zurückging und die Branche in eine für manches Unternehmen tödliche Existenzkrise geriet, geschah auf Betreiben und mit Hilfe der Sächsischen Staatsbank die Fusion der bis dahin unabhängigen Automobilhersteller Audi, DKW, Horch und Wanderer. Nach über neunmonatigen mühevollen Verhandlungen hatten sie sich entschlossen, unter einem gemeinsamen Firmennamen und mit vereinten Kräften gegen die Auswirkungen der Krise zu kämpfen.
Die am 29.Juni 1932 abgehaltenen Generalversammlungen der Audi-Werke Zwickau und der Horch-Werke AG Zwickau genehmigten einstimmig die bereits angekündigten Verträge zur Fusion der Unternehmungen mit den Zschopauer Motorenwerken J. S. Rasmussen AG. in Zschopau, deren Generalversammlung ebenfalls einstimmig den Fusionsverträgen der Verwaltung zustimmte. Ferner wurde die Erhöhung des Aktienkapitals auf 14,5 Mill. Reichsmark, Abänderung der Firma in Auto-Union Aktiengesellschaft mit dem Sitz in Chemnitz, Abschluss eines Kauf- und Pachtvertrages mit den Wanderer-Werken vorm. Winklhofer u. Jaenicke AG. Schönau bei Chemnitz zur Übernahme deren Automobilabteilung zum Beschluss erhoben und außerdem die Neuwahl des Aufsichtsrates vorgenommen. Die Geschäfte der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen wurden rückwirkend zum 1. November 1931, die der Automobilabteilung der Wanderer-Werke ab 1.Januar 1932 auf Rechnung der Auto-Union AG geführt.
Dieser 29.Juni galt damit als Gründungsdatum der Auto-Union. Sie entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem maßgebenden Unternehmen der deutschen Kraftfahrzeug-Industrie und unterhielt vornehmlich in Sachsen, aber auch an vielen größeren Orten des Deutschen Reiches und des Auslandes zahlreiche Fertigungs- und Vertriebsstätten. Die Sächsische Staatsbank und ihre Beteiligungsfirmen verfügten nach und nach über mehr als 90 Prozent des Grundkapitals.
Das Firmensignet zeigt vier ineinander verschlungene Ringe, die die unauflösbare Einheit der vier Gründerfirmen symbolisieren sollten. Die Markenbezeichnungen Audi, DKW, Horch und Wanderer wurden beibehalten. Jeder der vier Marken erhielt innerhalb des Konzerns ein spezielles Marktsegment zugeordnet: DKW-Motorräder und Kleinwagen, Wanderer-Automobile der Mittelklasse, Audi-Automobile im gehobenen Mittelklassesegment und Horch-Luxusautomobile der Oberklasse.
Anfangs schrieb die Auto-Union nur ihren neuen Namen auf die bereits eingeführten Produkte. Vorhandene Strukturen wurden weiter genutzt, der Konzern vorerst weiter von Zschopau aus geleitet, bis 1936 das bereits beschriebene Konzern-Verwaltungsgebäude in Chemnitz an der Scheffelstraße nach einem rigorosen Umbau fertiggestellt worden war. In Chemnitz entstanden auch das zentrale Konstruktionsbüro und die Versuchsabteilung, welche die Entwicklung und Erprobung neuer Konzernfahrzeuge vornahmen.
Die folgenden Jahre gaben dem Sinn des Unternehmens die endgültige Bestätigung. Von 4.100 beim Zusammenschluss der Werke war die Zahl der Beschäftigten bis zum Oktober 1933 auf über 7.500 gestiegen, im Oktober 1934 waren es 12.300 und im Frühjahr 1936, hatte die Auto Union bereits den 20.000sten Mann in ihre immer noch wachsende Belegschaft eingestellt. Stärker noch als an diesen Zahlen zeigte sich der Erfolg des Zusammenschlusses der vier Marken in dem Anteil der Auto Union an den Zulassungen: 22 Prozent der in Deutschland zugelassenen Wagen entfielen jeweils in den Geschäftsjahren 1934 und 1935 auf die Auto Union; das sind mehr, als früher die einzelnen Anteile der Marken am deutschen Markt jemals zusammen betrugen. Und mit 36 Prozent der Gesamtzulassungen erreichten die Motorräder der Auto Union 1935 einen in der Geschichte des Motorradbaues einzig dastehenden Erfolg. Ein Beweis für die immer steigende Beliebtheit der DKW-Maschinen, die bis heute anhält.
Über das weitere Engagement der Auto-Union soll in späteren Beiträgen berichtet werden….
(Quellen: Festschrift Auto-Union AG, anläßlich der Einweihung des Verwaltungsgebäudes 1936 in Chemnitz erschienen, Wochenblatt für Zschopau und Umgebung vom 30.06.1932, Zeitschrift Aufgehorcht Heft 1/2007 – Artikel „Vier Ringe schreiben Geschichte“, u.a.)