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1910 – Die Entwicklung geht weiter

    Schon am 10.Januar des Jahres unternahm der Chemnitzer Ingenieur Max Schüler auf dem Chemnitzer Exerzierplatz weitere Flugversuche mit seinem selbst entwickelten Doppeldecker. Das in der Schlosserwerkstatt Ludwig in Grüna gebaute Flugzeug war eine Konstruktion aus verschweißten Stahlrohren. Die Spannweite wurde mit 12,5 m angegeben bei 52 m² Tragflächengröße. Doch diese Versuche waren nicht sehr erfolgreich, ganze 3m hob er nur ab. Vom Eifer gepackt, unternahm er schon wenige Tage einen nächsten Anlauf.

    Weiter schreibt die Zeitung Flugsport: „Flugapparat Schüler. Der in Fachkreisen bekannte Flugtechniker Schüler hat am 14. d. Mts. nachmittags bei Chemnitz einen Flugversuch ausgeführt. In einer Höhe von 8 m wurde der Apparat plötzlich vom Winde erfaßt, überschlug sich und stürzte zu Boden. Schüler, einer der eifrigsten Förderer der deutschen Flugtechnik, verwendet in seinem Flugapparat einen Motor eigener Konstruktion von 16 PS. Der Flugapparat wiegt 80 kg. Schüler will sofort seinen Flieger wieder herstellen und die Flugversuche fortsetzen.“

    Biografie-Felix-Laitsch

    Ein weiterer Chemnitzer, der in den nächsten Jahren von sich reden machen sollte, war der Ingenieur Felix Laitsch. 1910 unternahm er in Frankreich mit einem ihm gehörenden Voisin-Flugapparat mehrere Flugversuche. Vom Erfolg gezeichnet, legte er im Juli in Mourmelon seine Prüfung als Aviatiker ab. Dabei flog er eine Stunde ununterbrochen, wie der Chemnitzer Allgemeinen Zeitung gemeldet wurde. Seine Biografie bis 1911 finden Sie nebenstehend:

    Vom 20. August – 4.September 1910 fand eine Ausstellung für Sport und Spiel in Chemnitz auf dem Sportplatz in Altendorf statt. In einer besonderen Flughalle war ein Eindecker der Firma Hayn & Leilich, die ihren Firmensitz in der Altchemnitzer Straße 13 hatte, ausgestellt. Der Chemnitzer Verein für Luftschiffahrt hatte eine Ballongondel und verschiedene Apparate, Messinstrumente etc. ausgestellt. Die Sächsische Werkzeugmaschinenfabrik Bernhard Escher, A.-G., Chemnitz, stellte ihre bekannten Motortypen aus, ferner zeigten Bosch und Eisemann, Stuttgart, ihre bestbekannten Zündapparate. Ein neuer Flugapparat von Paul Haves, Halle a.S., der mit einem Escher-Motor ausgerüstet ist, fand viel Interesse. Als Eindecker konstruiert, mit einer Tragflächengröße vom 39 qm, trieb ein 50 PS-Motor 2 hintereinander liegende gegenläufige Schrauben an.

    „Mit Haves Flugapparat sollten nach Beendigung der Ausstellung Probeflüge auf dem Exerzierplatz vorgenommen werden, wie auch der von der besten bekannten Werkzeugmaschinenfabrik G.A. Bräuer u. Co. in Chemnitz konstruierte ventillose Rotationsmotor für Flugapparate praktisch ausprobiert werden soll.“

    Ende September waren auf dem Chemnitzer Exerzierplatz 2 Flugzeugschuppen fertiggestellt. Sie waren mit den Flugapparaten von Hayn und Leilich und von Paul Haves, dessen Maschine als größter deutscher Flugapparat galt, belegt.

    Am 16.10. wird noch einmal von Versuchen Haves auf dem Garnisionsplatz im Chemnitzer Tageblatt berichtet. Er unternahm mit seinem Flugapparat Tests zur Fahrfähigkeit und -geschwindigkeit am Boden.

    Neben der Fa. Hayn und Leilich war es die Firma von Johann Emil Friedrich Schneeweis, die sich intensiv mit der Verbesserung der Flugapparate beschäftigte.

    Schneeweis machte sich 1910 in Chemnitz, in der Forststraße 8, als Zivilingenieur selbständig und baute eine Reihe von Flugdrachen- und Luftschiffmotoren. Ihm war es gelungen, einen außergewöhnlich einfachen, ventillosen Motor zu konstruieren, der in Serien für Wasser-, Luft- und Landfahrzeuge hergestellt wurde. Schneeweis war 1 ½ Jahr als Oberingenieur bei der A. G. Bernhard Escher in Chemnitz tätig und Mitglied d. Chemnitzer Vereins für Luftfahrt. Im November 1910 errichtete er in der Hainstraße 109 (Brauersches Grundstück) eine Spezialfabrik für Luftfahrzeugmotoren, die er unter dem Markenzeichen „WODAN“ vertrieb. Bereits 1911 verlegte er jedoch den Firmensitz nach München.

    Schnittzeichnung durch einen WODAN-Motor von Schneeweis

    Angespornt von den Entwicklungen im Flugzeugbau versuchte der Chemnitzer Verein für Luftfahrt in diesem Jahr ein dreitätiges Flugmeeting, das erste in Sachsen, für Oktober zu organisieren. Von Privatpersonen und Großindustriellen wurden erhebliche Beträge zur Verfügung gestellt. Zugelassen sollten nur deutsche Flieger werden, die schon Erfolge in der Flugtechnik zuverzeichnen hatten. Doch die Veranstalter hatten wohl nicht nach Berlin geschaut, die ebenfalls zu diesem Zeitpunkt eine Flugwoche veranstalteten. So blieben die Anmeldungen aus. Doch versuchte man weiter,  diese Veranstaltung für das nächste Jahr zu organisieren. Noch am 22.Dezember fand eine Besichtigung durch Vorstandsmitglieder des CVfL, des Vorsitzenden der Flugzeugkommission des deutschen Luftschifferverbandes Hauptmann Hildebrand-Berlin und Hauptmann Funke-Dresden statt. Es zeigte sich, daß der Garnisions-Exerzierplatz in Frage kommen könne. Diese Veranstaltung sollte nun die Sachsenwoche 1911 werden.

    (Quellen: Versch. Artikel aus Burkhardtsdorfer Anzeiger, Sächsische Volkszeitung, Dresdner Neueste Nachrichten, Chemnitzer Tageblatt, Braunbecks Sportlexikon Ausgabe 1912, Buch „Die Sehnsucht zu fliegen“ von H. Teichmann, Artikel aus „Flugsport“ Jahrgang 1910)