Der schöne Chemnitzer Flugplatz hatte an diesem 10. Juni des Jahres 1928 wieder seinen besonderen Tag.
Die Chemnitzer Flughafen-Gesellschaft wartete mit zwei Flugzeugrennen auf, die sich insofern von den bisher in Chemnitz gezeigten unterschieden, als alle an den Rennen teilnehmenden Flugzeuge vom gleichen Typ und mit gleicher Motorenstärke ausgestattet waren. Auch das Gewicht war ausgeglichen worden, so daß keinerlei technische Vorteile möglich waren. Zur Verwendung kamen Klemm-Daimler-Leicht-Flugzeuge vom Typ L20 mit Mercedes-Kleinflugmotor.
2 Rennen waren ausgeschrieben worden, eins für Altflieger, eins für Jungflieger. Beide Rennen führen über je sechs Runden zu je zehn Kilometer. Die Rennstrecke führte vom Flughafen über die Radrennbahn Altendorf und die Wanderer-Werke Siegmar zurück nach dem Flughafen.
Statt der erwarteten zehn Flugzeuge nahmen nur sechs teil, und zwar in jedem Rennen 3 Maschinen. Der Start erfolgte gemeinsam. An der Geschicklichkeit des Flugzeugführers lag es nun, sich rasch die Spitze zu sichern. Dieses Moment war für den Sieg von großem Einfluß. Im Rennen der Altflieger konnte F. Siebel (Berlin) sofort die Führung an sich bringen, die er bis zum Schluß nicht mehr abgab. Mit wenig Abstand beendete Ing. Fischer vom Vogtländischen Flugverein, Gruppe Reichenbach, als Zweiter das Rennen. Rothe vom Aero-Express der sächsischen Flugschule Leipzig mußte leider in der 3.Runde wegen Motorstörung das Rennen aufgeben. Im Rennen der Jungflieger kam nur ein Flugzeug über die gesamte Strecke, und zwar mit Herrn Protzen von der Akademischen Fliegergruppe Stuttgart. Seine beiden Konkurrenten Hasselberg und Mack (Berlin) wurden ebenfalls zur Aufgabe gezwungen. Dies war insofern bedauerlich, als Mack, ehe er notlanden mußte, in Führung lag. Sämtliche Notlandungen erfolgten glatt und ohne jeden Unfall. Spannende Situationskämpfe blieben also aus. Doch trotzdem bleibt es ein Verdienst der Chemnitzer Flughafen-Gesellschaft, das sie den Flugsportfreunden von Chemnitz diese neue Art von Rennen nicht vorenthalten wollte.
Das verwendete Leichtflugzeug der Fa. Klemm mit einem 20PS Motor, mit einem speziellem Anhänger schnell transportiert.
Das flugsportliche Programm enthielt weiter noch Kunstflüge und Fallschirmabsprünge. Frau Dr. Schröter-Vorescou, die schon wiederholt in Chemnitz abgesprungen war, führte zwei glänzend gelungene Absprünge aus.
Sie benutzte dazu die neueste Konstruktion des Heinecke-Fallschirms, der sich dadurch auszeichnete, dass er sich sofort nach dem Absprung entfaltete. Es waren ihre Absprünge Nr. 56 und 57 ihrer noch jungen Karriere, bei starken Wind zudem eine besondere Leistung. Der Beifall der zahlreiche Zuschauer für ihre kühnen Sprünge war ehrlich und wohlverdient. Außerordentliches bot auch Dr. Gullmann (Leipzig) auf Flamingo in seinen Kunstflügen. Loopings, Rollen und Wendungen folgten im schnellen Wechsel. Besonders stark interessierten die Rückenflüge. In etwa 700m Höhe führte Dr. Gullmann seine schwierigen Übungen nochmals aus, diesmal bei zeitweise abgestelltem Motor. Auch hier bewunderte man wieder die Geschicklichkeit und Sicherheit, mit der der Kühne Flieger seine Maschine meisterte. Reicher Beifall auch für ihn. Nach der Veranstaltung war dann noch reichlich Gelegenheit zu Rundflügen über die Stadt gegeben, von der rege Gebrauch gemacht wurde. Die Lufthansa hatte dazu ein zehnsitziges Großflugzeug zur Verfügung gestellt.
Sicherlich hatte auch diese Flugveranstaltung zur damaliger Zeit neue Freunde dem Flugsport zugeführt.
(Quellen: Chemnitzer Neueste Nachrichten vom 2./4. und 11. Juni 1928 – auf Mikrofilm in der Stadtbibliothek Chemnitz verfügbar, Illustrierte Technik für Jedermann Heft 9 vom 26.August 1925 zu finden über anno.onb.ac.at)