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Tabakwaren Kreisig – ein Firmenportrait

    Tabak war den Ureinwohnern  Amerikas schon lange bekannt, bevor die ersten Europäer dort landeten. Er wurde in religiösen Kulten und zur Heilung von Krankheiten eingesetzt. Ende des 15. Jahrhunderts brachte Christoph Columbus den ersten Tabak nach Europa. Ab dem 16. Jahrhundert verbreitete sich der Tabak in Europa. Anfangs war dieser nur für die oberen Gesellschaftsschichten erschwinglich und wurde in Pfeifen geraucht. Später kamen weitere Formen des Tabakkonsums in Mode: im 18. Jahrhundert der Schnupftabak, Anfang des 19. Jahrhunderts die Zigarre. 1881 wurde die maschinelle Zigarettenherstellung in den USA erfunden.

    Firmenzeichen der Firma Kreisig

    Fachgeschäfte mit einem breiten Sortiment an Tabakwaren und Zubehör entstanden, auch in unserer Stadt.

    Im Jahre 1890 gründeten die Herren Oscar Paul Richard Malich & Franz Mannsfeldt in den Räumen des Hauses Kronenstraße1 – ab 1895 nach Vereinigung mit der Bachgasse Kronenstraße 17 – ein Zigarren-Spezial-Geschäft, das sie als Inhaber am 1. Oktober 1890 auf Folium 3475 ins Handelsregister eintragen liesen. Bald erfreute es sich eines großen Kundenkreises.

    Nach dem frühzeitigen Ausscheiden von Herrn Mannsfeldt 1893 führte Herr Malich die Firma allein erfolgreich weiter, bis sie 1905 an Herrn Johannes Kreisig verkauft wurde. Aus der Firma „Paul Malich Nachfolger“ wurde dann Anfang Februar 1908 die Firma „Johannes Kreisig“.

    Herr Kreisig, der seit seiner Lehrzeit ununterbrochen bei der Firma „L. Wolf – Zigarettenfabrik Kosmos, Dresden“ tätig war und zuletzt als Prokurist die Chemnitzer Geschäfte dieser Firma leitete, verstand es, das Geschäft zu einem der führenden in Chemnitz auszubauen. Leider war es ihm nicht vergönnt, sein eigenes Geschäft lange zu leiten, da er bereits im Jahre 1911 plötzlich verstarb.

    Ansicht um 1905 der Kreuzung Poststraße/Kronenstraße mit dem markanten Geschäftshaus von Otto Pohland

    Nach der Rückkehr aus dem Ausland übernahm der älteste Sohn Felix Johannes Kreisig zusammen mit der Witwe Adele Ottilie Kreisig die Leitung der Firma, die auch die Kriegsjahre überdauerte. Um gegen Ausmietung gesichert zu sein, erwarb die Firma 1920 das Geschäftshaus Kronenstraße 26, schräg gegenüber der mächtigen Reichsbank, Ecke Poststraße, von Herrn Otto Pohland. Dieser hatte das Geschäftshaus 1899 erworben und sein Uhren- und Schmuckgeschäft an dieser belebten Kreuzung ständig ausgebaut und erweitert. In diesem waren im Erdgeschoß als langjährige Mieter die Fa. „Crefelder Seidenhaus“ und „Rheinische Putzstube“ Helene Cohen beheimatet. Kreisigs Geschäft verblieb bis 1928 in der Kronenstraße 17. In diesem Jahr erfolgte dann der Umzug in die Kronenstraße 26. Nach dem Auszug des „Crefelder Seidenhauses“ wurden die Geschäftsräume vollständig renoviert und die Außenfront des Gebäudes bis zur 1. Etage mit Travertinstein verkleidet. (Das 1930 eingeweihte Sparkassengebäude am Falkeplatz besitzt eine ähnliche Fassadenverkleidung.). Auf dem Dach prangte seitdem auch ein riesiger Reklamestern einer Zigarettenmarke mit der Leuchtschrift „Bulgaria-Krone“. 

    Entstanden war ein herrliches Tabakwarenwaren-Spezialhaus mit separaten Eingängen für die Einzelhandels- und Großhandelsabteilungen und die Annahme der Sächsischen Landeslotterie. Als besondere Schaustücke konnte man vier handgeschnitzte, fast mannshohe Figuren bestaunen, die den Zigaretten-, Zigarren-, und Pfeifenraucher sowie den Priemer darstellten.

    In den Räumen des ersten Stockwerkes befand sich weiterhin die Fa. Otto Pohland Nachfolger, jetzt Grammophon-, Schallplatten- und Uhrengeschäft. Nebenan finden wir auch auf der Poststraße das 1857 fertiggestellte Kaiserliche Postamt.

    Zurück zur Firma Kreisig. Nach dem Tod der Mutter am 15. November 1920 nahm der Firmeninhaber seinen Bruder Herbert Walter Kreisig als Mitinhaber auf und beide wandelten die Firma am 1. Oktober 2021 in eine offene Handelsgesellschaft um. Die folgenden Inflationsjahre konnten die Entwicklung der Firma nicht aufhalten, insbesondere wurde der Tabakwarengroßhandel weiter ausgebaut.

    In den Jahren 1924/25 wurde durch Übernahme von zwei hiesigen Tabakwarengroßhandlungen, sowie Eröffnung eines zweiten Geschäfts, Zwickauer Straße 29 unweit des Central-Theaters, der Kundenkreis noch wesentlich erweitert, so dass die Firma zu den ersten am Platze zählte. Unterstützt durch eine Anzahl Mitarbeiter umfasste das Arbeitsgebiet der Firma fast den gesamten Handelskammerbezirk Chemnitz mit einem guten treuen Kundenstamm.

    Ruine des Gebäudes 1945 mit Blick vom Warenhaus Tietz

    Mehr als zu jeder anderen Zeit war das Rauchen in den 20er, 30er und 40er Jahren ausgesprochen „gesellschaftsfähig“. Sowohl als „kleine Droge“ der ärmlichen Arbeiterschichten, sowie auch als luxuriöses „Genussmittel“ der gehobenen Gesellschaft, fand die Zigarette und Zigarre weitverbreiteten Zuspruch. Rauchen gehörte zum alltäglichen Bild dieser Zeit, ja fast schon zum „Guten Ton“. Kaum eine Werbung (Mode, Sport, Freizeit) ohne die obligatorische Zigarette. Auch die Damenwelt entdeckte das Rauchen bereits in den 20er Jahren als Ausdruck ihrer Emanzipation. Lange Zigarettenspitzen, pfiffige und wertvolle Aschenbecher in futuristischen Designs, und luxuriöse Feuerzeuge ergänzten gerade zu jenen Zeiten den Zigarettenboom. Rauchen war „schick“. Und die Firmen stellten sich mit ihrem Sortiment darauf ein.

    Schließlich 1938 wurde die Firma Johannes Kreisig in „Johannes Kreisig, Tabakwaren Groß- und Einzelhandel“ geändert. Die Jahre des Zweiten Weltkrieges brachten dann Einschränkungen des Tabakkonsums, die Importe wurden reduziert, das Angebot schrumpfte, bis schließlich zum Kriegsende nur noch Einheitszigaretten und Tabakwaren in Notpackungen erhältlich waren.

    Das imposante Gebäude des Tabakwarenhauses Kreisig fiel, wie so viele andere in unserer Stadt, 1945 den Bomben zum Opfer. Die Firma fand auf dem Kaßberg eine neue Bleibe. Walter Kreisig ist mit seiner Tabakwaren-Handlung im Telefonbuch noch 1974 an der Ecke Weststraße/Rudolf-Harlaß-Straße 39 (heute Barbarossastraße) zu finden. 

    (Quellen: Firmenvorstellung in Deutschlands Jubiläumsfirmen des Handelskammerbezirkes Chemnitz – 1926; Beitrag eines ehemaligen Mitarbeiters in den „Chemnitzer Schicksalen“; div. Einträge aus dem Reichsanzeiger; Webseite https://rauchfrei-info.de u.a.)