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Alfred Kunze – Maler und Chronist der Chemnitzer Landschaft

    Portrait Alfred Kunze

    Liebe, aber sehr arme Eltern gaben ihm am 13. März 1866 in Chemnitz das Leben. Die heutige Industriemetropole Chemnitz war damals noch eine kleine Weber- und Färberstadt. Der aus engen Verhältnissen stammende Knabe, Sorge und viel Not lernte in seiner Jugendzeit kennen, wurde unter väterlicher Förderung durch seinen Zeichenlehrer Hähle auf den Beruf des Lithographen vorbereitet. Nach Vollendung der handwerklichen Ausbildung drängte es ihn hinaus in die Welt. Er mobilisierte alle Kräfte, um vorwärts zu kommen, der Körper war leicht anfällig und schwächlich ob des vielen Lernens und Schaffens. Drückende Enge der Verhältnisse, der Wunsch nach Erstarkung und Gesundheit, und um den Erfahrungskreis zu erweitern, trieb ihn bald in die Fremde.

    Seine erste Stelle fand er in der Kunstanstalt eines deutschen Zeitungsverlags in Nordböhmen. Die nächsten Jahre führten ihn weiter nach Augsburg und Nürnberg, wo er zum Leiter einer neugegründeten lithographischen Anstalt berufen wurde. Schon der 23jährige wagt den entscheidenden Schritt: Er eröffnet in Leipzig ein eigenes Atelier, das sich für Gebrauchsgraphik und für künstlerische Darstellung von Industriewerken bald eines guten Rufes erfreut. Mit vier Freunden gründet er den „Leipziger Skizzenklub“, der ihn und Mitstrebenden die Gelegenheit zum Aktzeichnen sicherte. 1900 übersiedelte er endgültig nach Chemnitz, wo er bald als Berater und Mitvorstand der Kunsthütte wie als Vorstand der Künstlergruppe Chemnitz sich große Verdienste erwarb. Größere Arbeiten von ihm befinden sich im Rathaus zu Geyer und in der Chemnitzer Stadtbank. Alfred Kunze gehört zu den Entdeckern des Erzgebirges.

    1901 waren der Adelsberg und Oberhermersdorf bei Chemnitz, bald darauf Antonstal bei Schwarzenberg ihm liebe Studienplätze. Immer wieder auch kehrte er nach Reinsberg mit dem alten Schlößchen an der Bobritzsch bei Freiberg zurück. Am nachhaltigsten aber reizte es ihn, das Gesicht der Industriestadt Chemnitz im Bilde festzuhalten. Davon legt eine lange, stets noch wachsende Reihe von Arbeiten, von den 1906-1907 geschaffenen Bildern vom Alten Markt mit den Lauben und den ersten Rundblicken vom Jakobikirchturm an bis auf die eindrucksvollen Straßen- und Stadtansichten der letzten Jahre Zeugnis ab. Immer neue Reize und Antriebe findet er im Wald der Essen mit ihren Rauchfahnen und im geschäftigen Getriebe der Straßen. Mit seinen Augen werden künftige Geschlechter das Chemnitz unserer Tage betrachten. Eine Reihe der wichtigsten Gemälde dieser Art sind auf dieser Seite wiedergegeben.

    Annonce aus dem Buch der Stadt Chemnitz 1926

    Von zahlreichen Studienreisen, die er im Laufe der Jahre ausführte, hat er eine schöne Ernte heimgebracht. 1907 besuchte er Paris und Nordfrankreich, die alten flämischen Kunststädte und Holland. 1912 lernte er Cuxhaven kennen, das ihn mit der Werft in Ritzebüttel und dem alten Fischereihafen immer wieder anzog. Im nächsten Jahre verbrachte er vier Monate am Gardasee. Nach dem Kriege durchwanderte er die deutschen Gaue, und Schwarzwald und Bodensee, die obere Donau und der Jura, der Achensee und Bayreuth mit ihren landschaftlichen Schönheiten und geschichtlichen Stätten schenkten ihm manches dankbare Motiv. 1925 endlich führte ihn eine Reise wieder in die Schweiz und rund um Italien, als deren Hauptstationen wir Genua, Capri, Syrakus und Venedig aus den farbensatten dort entstandenen Aquarellen erkennen. Fürwahr eine bunte Kette von Wander- und Werdejahren.

    Alfred Kunze gehört zu denen, die langsam wachsen. In seiner Entwicklung gibt es keine plötzlich und entscheidend ihn in eine neue Richtung drängende Erlebnisse, keine Umkehrungen und Spaltungen. Wohl hat der Aufenthalt in Paris nachhaltig auf ihn eingewirkt, hat ihm Mut und Kraft gegeben, Farben leuchtend zu sehen und leuchtend wiederzugeben, hat seine Palette endgültig heller gemacht. Wohl sind auch die Jahre des Expressionismus mit ihren großen Bewegungen nicht spurlos an ihm vorübergegangen, haben die Möglichkeit zu knapperem, wuchtigeren Bildaufbau in ihm entwickelt.

    Kunze war Maler durch und durch. Eine prachtvolle Beherrschung kühner Perspektiven scheint ihn zum Maler verkehrsbelebter Straßenzüge und weiter Stadtansichten geradezu vorherbestimmt zu haben. Unsere Bilder geben hiervon eine eindrucksvolle Vorstellung, die zu einem Studium der Originale hinlenken soll.

    Wie der Baumstamm, seiner Erde verwurzelt, langsam Jahresring an Jahresring setzt, so hat auch Alfred Kunze, der Heimat tief verhaftet, sich Kreis um Kreis weiter hinausgebreitet. Nicht nur seine Bilder ruhen fest in ihrer Mitte und wachsen, beim Schaffensprozeß, von ihr aus nach den Rändern, auch er selber ruht unverbrüchlich in seiner Wesensmitte, in dem, was von der Kindheit her, gespeist von der Luft der Vaterstadt, allmählich in ihm reifte. So fand er sich von all seinen Studien- und Weltfahrten doch immer wieder mit ganzer Liebe in die Heimat zurück und der Großteil seines Werkes ist echteste Heimatkunst…

    Der Ausspruch: „Aber die liebe Heimat, das Erzgebirge und das ernste Industrieleben meiner Vaterstadt Chemnitz hat mir stets doch das Schönste gegeben, ihr halte ich auch ferner die Treue.“ zeugt von seiner tiefen Verbundenheit zur Region.

    Alfred Kunze war Vorsitzender der Künstlergruppe Chemnitz, der u.a. auch Martha Schrag, Gustav Adolf Schaffer, Georg Gelbke, Bruno Ziegler, Heinrich Brenner, Rudolf Pleißner und Bernhard P. Mehnert angehörte. Weiter Kunstwart und Ehrenmitglied der Kunsthütte, Ehrenvorsitzender des Aktzeichnens, Aktclub Chemnitz und Mitglied der Reichskulturkammer der bildenden Künste.

    Zahlreiche Festschriften und Führer der Stadt Chemnitz schmücken seine Arbeiten, die er gern zur Verfügung stellte. Das Buch der Stadt Chemnitz 1926, aus dem ein Großteil der Bilder stammen, ist ein Beispiel davon. Seinen Wohnsitz hatte er lange Zeit in der Zschopauer Straße 152. Er starb am 25. März 1943 unerwartet infolge eines Herzschlages .

    (Quellen: Das Buch der Stadt Chemnitz 1926; u.a.)