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Da geht die Post ab

    Die Fortsetzung des ersten Beitrages zur Chemnitzer Postgeschichte.

    Größere Ausdehnung erfuhr die sächsische Post in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Schon zu Anfang desselben erstreckten sich die fahrenden Posten über einen großen Teil des Sachsenlandes.

    In Chemnitz befand sich der Zeit nach die Postexpedition zuerst in einem der 1741 fertig gestellten Siegertschen Häuser am Markt, dann in der Langen Gasse im bereits 1638 gegründeten „Gasthof zum Ritter Georg“ (später „Lindwurm“ und „Krone“). Neben diesen standen weitere Gasthöfe zur Unterbringung der Passagiere in der Langen Gasse: „Drei Schwanen“, der „Weiße Bock“ und das „Weiße Roß“. Später war die Post im Langeschen Hause am Niklastor, hierauf am Klostertor dem Gasthof „Schwarzer Bär“ gegenüber gelegen.

    Ausschnitt aus der Neuen Sächsischen Post-Charte, gestochen 1734 von Peter Schenk - offene Post und Postreiter
    die gelbe Kutsche als Planwagen
    die gelbe Kutsche als bedeckter Postwagen

    1721 wurde das hiesige Postamt Christian Herrmann, dem Sohn des Michael Herrmann, übertragen. Nach diesem waren die Herren Stranz und Büchner hier als Postmeister tätig. Im Jahre 1764 wurde David Hebenstreit – seit 1742 Postmeister zu Penig – nach Chemnitz berufen, der 1768 das Grundstück am Roßmarkt Nr. 108 käuflich erwarb und die Post dort unterbrachte. Ab 1774 finden wir Hebenstreits Sohn, Johann Carl Gabriel Hebenstreit, als Adjunctus, dem Postmeister beigegeben. Gabriel Hebenstreit, der ab 1796 seinem Vater im Amte folgte, hatte auch 1791 das Nachbargrundstück Nr. 109 am Roßmarkt erworben, so daß später die Postmeisterei beide Gebäude umfasste. Im Jahre 1818 wurde das alte, über 100 Jahre alte, Kruschwitz’sche Gesuch zur Trennung der Posthalterei und -expedition wiederholt, die höchste Landesbehörde genehmigte es und trennte beide Postzweige zum 1. Juli 1818. Im gleichen Jahr wurde Gabriel Hebenstreit emeritiert (in den Ruhestand versetzt), 1819 übernahm dessen Sohn Carl Hebenstreit die Postverwaltung.

    Das Postamt blieb beim Postmeister Hebenstreit, das Postfuhrwesen aber dem Besitzer des Hotels de Saxe, Hr. Wiesner, als Posthalter übertragen. Später kam die Posthalterei in den Besitz der Familien Stengel und Heymann, Bestallungsgemäss musste die Posthalterei ab 1822 – 20 Postdienstpferde halten. Das Postamt war die der Posthalterei zunächst vorgesetzte Behörde.

    Wie aber war im 18. Jahrhundert die Beförderung von statten gegangen? Wer mit der Postkutsche reiste, war auf manches nicht gefasst, was ihm unterwegs zustoßen konnte, aber das wusste er: schnell kam er nicht vorwärts, 15 bis 18 Stunden waren eine gute Tagesleistung. Die Postpferde gingen nur auf guten Straßen im Trab, und die waren bekanntlich eine Seltenheit. Und sicher war die Reise noch lange nicht: Oftmals wurden die Bewohner, der an der Strecke liegenden Orte aufgefordert, auf Grund des um sich greifenden Räuberunwesens, gerade in waldreichen Gegenden, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, da man „für die Sicherheit der Post“ fürchtete.

    Ein Eilpostwagen bringt die Passagiere schneller ans Ziel

    Wie weit man kam, konnte man aber überall an den schönen Meilensteinen erkennen, die August der Starke an sämtlichen Poststraßen und in allen größeren Ortschaften unseres damaligen Kurfürstentums ab 1722 aufstellen ließ. Einige dieser über mannshohen, zumeist auf dem Rochlitzer Berg gebrochenen, Porphyrsäulen enthielten genaue Angaben der Entfernung nach dreißig und mehr Orten; hier und da waren sie auch recht unbestimmt gehalten. Gleichzeitig konnte sich der Reisende angesichts der Meilensteine einen Überschlag machen, was ihn die Fahrt kostete. Wer eine Postkalesche mieten mußte, zahlte in Sachsen vier Groschen für die Melle — und das obligate Schmiergeld. Alle sechs Meilen konnte nämlich der Postmeister verlangen, daß die Wagen frisch geschmiert wurden. Wer diesen Aufenthalt möglichst abkürzen oder ganz vermeiden wollte, mußte den Postmeister schmieren. Daher die Redensart „Wer gut schmeert, der gut fährt.“

    Reiche und vornehme Leute fuhren mit Extrapost, der Mittelstand mit dem Eilwagen oder der Diligence, und Leute mit bescheidenen Mitteln mussten sich mit dem billigen Stellwegen oder mit dem Botenfuhrwerk begnügen, das zum Schutz vor Regen und Schnee nur ein Dach von grauer Leinwand hatte und im Innern mit Stroh ausgelegt war. Wenn eine Extrapost beim Posthause anlangte, gab es allemal große Aufregung: die Knechte liefen, so schnell sie konnten, nach frischen Pferden, der Wirt trug selbst auf, was er Gutes in Küche und Keller hatte, und die Wirtin knüpfte mit der fremden Herrschaft ein Gespräch an, daß ihr die Zeit nicht lang werden sollte, bis man weiterfahren konnte. Kam die gewöhnliche Postkutsche angefahren, so wurden nicht so viele Umstände gemacht. „Nur keine Überstürzung!“ lautete der Wahlspruch, den Alle befolgten: die Reisenden mussten geduldig warten, bis der Postillon endlich das ersehnte Zeichen gab und sich der alle schwerfällige Kasten langsam wieder in Bewegung setzte. Unterwegs versuchten es die Leidensgefährten, sich die Zeit durch anregende Gespräche zu vertreiben. Jeder erzählte seine Lebensgeschichte und vom Zweck seiner Reise ganz ausführlich: man machte interessante Bekanntschaften und schloss schnell Freundschaft, ja, es kam auch vor, daß sich Zwei verliebten und abends, wenn die Dunkelheit eingetreten war, heimlich Händedruck und Küsse tauschten, die nur der gute Vollmond sah, der zum Wagenfenster hereinlugte. Zuweilen entstanden aber auch Streitigkeiten zwischen den Passagieren, die der Postillon damit schlichtete, daß er den Störenfried einlud, bei ihm auf dem Kutschbock Platz zu nehmen und in der kühlen Abendluft die gestörte Gemütsruhe wieder zu finden.

    Lohnkutschenfahrt als zusätzliche Beförderung neben der regelmäßigen Postlinie

    Seit dem Jahr 1781 bestanden wöchentlich zweimalige Verbindungen zwischen Chemnitz, Zschopau und Marienberg.

    Die dritte und letzte Periode der Postkutschenzeit beginnt 1815, da von da ab Sachsen seine Beziehungen zu anderen Postverwaltungen regelte, wodurch der Verkehr außerordentlich erleichtert und belebt wurde. Zu dieser Zeit kamen wöchentlich 14 fahrende und 9 reitende Posten in Chemnitz an. Dieselbe Zahl ging von hier ab. Zu den Fahrten wurden seit 1818 nach allen Stationen bedeckte Wagen benutzt. Seit 1816 bestand auch eine Fußbotenpost nach Stollberg. Früher führte nach diesem Ort eine fahrende Post, die nach Schwarzenberg und Johanngeorgenstadt weitergeleitet wurde. Später wurde sie in eine reitende, 1817 wieder in eine – aber nur bis Stollberg führende – Fußbotenpost zurückverwandelt. Auch nach dem gewerbefleißigen Frankenberg führte seit 1818 eine Fußbotenpost, die in den kommenden Jahren über Hainichen, Mittweida nach Döbeln durchgeführt wurde.

    Da man nach der Napoleonischen Zeit der Pflege der Wege und der Erbauung von „Chausseen auf Hauptstraßen“ besondere Aufmerksamkeit widmete, war die Möglichkeit für neue Postverbindungen gegeben. Seit 1820 führte eine direkte Reitpost von Prag durch unsere Stadt nach Leipzig. Bis zum Jahre 1764 war auf dieser Strecke noch eine schwerfällige Diligence gefahren.

    Postillion und Fußbote

    Seit 1817 und 1818 gingen von Chemnitz aus nach allen Zielen bedeckte Postwagen und die Fahrt eines Eilwagens zwischen Chemnitz und Leipzig während der Messe war zu dieser Zeit zusätzlich zur regelmäßigen Postkutschenverbindung eingeführt worden. Mit Oktober 1822 wurde die neue vorschriftsmäßige Bekleidung der Postillons und Postbeamten festgelegt. In Ihren auffälligen gelben Uniformen wurden sie gern im Volksmund als „Kanarienvögel“ bezeichnet. Sie verschwand 1868 mit der Einrichtung der norddeutschen Bundespostbehörden.

    Auch begann kurz darauf eine direkte fahrende Postverbindung von Chemnitz über Frankenberg, Hainichen, Mittweida und Döbeln, woran es bis zu dieser Zeit immer noch mangelte. 1825 folgte die Einrichtung einer Eilpost nach Dresden, während gleichzeitig der Korrespondenzverkehr nach den Städten an der mittleren und unteren Elbe, nach Thüringen, dem Rheinland, Frankreich und Spanien beschleunigt wurde.

    Am 1. Januar 1828 trat eine wesentliche Verbesserung im Verkehr mit Leipzig und Dresden ein. Da sich Chemnitz im deutschen Wirtschaftsleben durch seine Industrie eine hervorragende Rolle zu sichern verstanden hatte, trug auch die Post diesem Aufschwung Rechnung. Auf beiden Strecken wurde ein „neuer, viersitziger, hinten und vorn in Federn hängender und bequem eingerichteter Eilwagen“ in den Dienst gestellt. Er benötigte im Nachtverkehr gegen 10 Stunden von hier nach Leipzig, nach Dresden bei Tageslicht nur 8-9 Stunden. Der Preis für die Beförderung betrug auf die Meile 8 Groschen Konventionsmünze bei 30 Pfund leichtem Freigepäck. Schwerere Sachen mussten mit den Packposten (einer Art Güterwagen) nachfolgen.

     Im Jahre 1828 wurde dann das Postamt vom Roßmarkt nach dem Neumarkt in das Eckhaus zur Johannisgasse verlegt. Die Miete betrug dort 100 Taler jährlich. Die Zahl der damals in Chemnitz einlaufenden Briefe belief sich auf täglich 220 Stück. Das Personal umfasste mit Packer und Landboten 5 Personen. Dazu kamen noch für die Posthalterei: 1 Posthalter, 1 Wagenmeister und 6 Postillione. Bald sollten sich diese Zahlen durch den wirtschaftlichen Aufschwung rapide erhöhen.

    Weiter geht es im nächsten Beitrag zu den Ereignissen in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts.

     

    (Quellen: Artikel in der Festzeitung 1929 – 30 Jahre Philatelieverein Chemnitz; Buch „Chemnitz und Umgebung Geschichtliche Bilder aus alter und neuer Zeit“ von E. Weinhold; Buch „Geschichte der Fabrik- und Handelsstadt Chemnitz“ – 1888 von C.W. Zöllner; unveröffentlichtes Manuskript zur Postgeschichte von Stollberg von Fr. H. Hoffmann, Aufsatz zur sächsischen Postgeschichte im „Sächsischen Erzähler“ 1899; Ausschnitte zur Postgeschichte in versch. Tageszeitungen, zu finden unter SLUB-Dresden.de, u.a.)

    Einen schönen Artikel zum Thema hat auch Thomas Nittel auf seiner Kemtauer Seite dazu geschrieben: Eine Postkutschfahrt von Leipzig nach Annaberg 1750