Der Bau des Stadtbades war eine dringende Notwendigkeit geworden, nachdem das einzige Hallenbad, das Chemnitz besaß, das Hedwigbad, modernen und hygienischen Anforderungen in keinster Weise mehr genügte und infolge seines allzu ehrwürdigen Alters schließlich in seinem Hauptbestandteile der sogenannten „großen Schwimmhalle“ baupolizeilich geschlossen werden mußte. Es diente fast 70 Jahre dem Schwimm- und Badebetrieb in der Industrie- und Handelsstadt Chemnitz.
Der Rat wie auch die Stadtverordneten sahen längst ein, das die Zustände auf diesem Gebiete in einer sonst kulturell in jeder Beziehung hochstehenden Großstadt ganz unhaltbare geworden waren und suchten dem Übel abzuhelfen. Die Pläne für den Neubau eines Hallenschwimmbades gehen schon bis in die Zeit vor dem 1.Weltkrieg zurück.
Eine Zeit lang gingen Meinungen darüber freilich zunächst auseinander, ob man ein zentral gelegenes großes Hallenschwimmbad errichten sollte oder ob es nicht zweckdienlicher sei, in verschiedenen Gegenden der Stadt kleinere „Bezirkshallenbäder“ zu erbauen, wie es in anderen Städten, z.B. in Leipzig, geschehen war. Aus praktischen und finanziellen Erwägungen heraus entschloß man sich endlich für das Erstere. Im Jahre 1927 erfolgten die ersten maßgebenden Beschlüsse der städtischen Körperschaften.
Eine große Schwierigkeit machte die Wahl des Bauplatzes. Nach verschiedenen Vorlagen kaufte man das frühere Fabrikgrundstück der Zimmermannwerke an der Mühlen- und Rochlitzer Straße mit einem Flächeninhalt von 12.300 Quadratmeter auf. Diese Lage hatte den Vorteil, daß das neue Bad an einer belebten Verkehrsstraße mit Straßenbahnhaltestelle liegt.
Hiernach stimmte man den Planungen des Hochbauamtes für das Grundstück zu und bewilligte die Bau- und Grunderwerbskosten in Höhe von 6 Millionen Reichsmark aus künftigen Anleihemitteln. Mit dem Bau des Bades und mit dem Abbruch der dort noch stehenden Gebäude sollte nach Genehmigung der Anleihe begonnen werden.
Im Jahre 1928 genehmigten die städtischen Körperschaften die Planung und bewilligten die erforderlichen Mittel. Am 8. August 1928 wurde mit dem Abbruch der alten Fabrikgebäude begonnen. Am 22. Mai 1929 erfolgte der erste Spatenstich und bereits Ende Oktober desselben Jahres war der Rohbau nach den Entwürfen von Fred Otto fertiggestellt und das Gebäude unter Dach.
1930 mußte der Bau nach dem Einbau der äußeren Fenster wegen der inzwischen eingetretenen Finanznot leider stillgelegt werden. Erst im Februar 1934 konnten die Bauarbeiten wieder aufgenommen werden, nachdem im Rahmen des Arbeitsbeschaffungsprogramm der Reichsregierung die erforderlichen Mittel zur Fertigstellung des Baues zur Verfügung gestellt worden waren. Unter der tatkräftigen Bauleitung von Stadtbaudirektor Fischer gelang es, die Ausbauarbeiten in Höhe von 2 Millionen Reichsmark in 13 Monaten durchzuführen, so daß der Stadtbad-Neubau am 27.März 1935 übergeben werden konnte.
Im Erzgebirgsverkehr 1935/36 wird das Bad vorgestellt:
„Man kann sich nur schwer des gewaltigen Eindruckes entziehen, den das Bad in seiner Gesamtheit darstellt. Bauten in diesem Ausmaße werden nur einmal geschaffen, und man ist überrascht von diesem zweckmäßigen Innenausbau des Bades. Das Bad besitzt:
- eine Schwimmhalle mit 50×15-Meter-Schwimmbecken,
- eine Schwimmhalle mit 25×12 ½ -Meter-Schwimmbecken,
- zwei Wannenbad-Abteilungen mit insgesamt 83 Wannenbädern,
- zwei Schwitzbad-Abteilungen,
- zwei Abteilungen zur Abgabe medizinischer Bäder,
- zwei Gymnastikräume und
- eine Wäscherei
Um einige Zahlen zu nennen, sei erwähnt, daß ein Wasserbedarf von jährlich rund 300 000 Kubikmeter angenommen ist. Die Kassen- und Eingangsräume des Bades sind zweckmäßig eingerichtet und alle Abteilungen sind von hier aus auf dem kürzesten Wege zu erreichen. Anschließend an die große Eingangshalle kommt der imposanteste Teil des Bades, die große Schwimmhalle mit Schwimmbecken im Ausmaße von 50×15 Meter. Eine große Glaswand verhindert direkten Zugang zur Halle. Es führen Seitengänge zu den Auskleideräumen und zu den Kleiderzellen, die in genügender Anzahl vorhanden sind. Die Badbesucher müssen erst den Wasch- und Brauseraum benutzen, welcher genügend Fußwaschbrausen und Oberbrausen sowie Unterbrausen enthält. Die Sohle des Bades selbst verläuft gleichmäßig von 90 Zentimeter geringster Wassertiefe bis zu einer solchen von 1,50 Meter nach dem 21. Meter. An dieser Stelle erfolgt die Trennung durch eine Trennkette über dem Wasserspiegel in Nichtschwimmer- und Schwimmerabteil. Vom 21. Meter ab erhält die Sohle eine größere Neigung, und beim 43. Meter ist die größte Einsprungtiefe von 3,20 Meter erreicht. Der tiefe Teil des Schwimmbeckens ist mit 13 seitlich wirkenden Unterwasserbeleuchtungen versehen. An abendlichen Veranstaltungen und an bestimmten Zeiten der öffentlichen Badestunden bietet diese Unterwasserbeleuchtung einen ganz besonderen Anreiz. An der Tiefseite des Beckens sind vier Sprungbretter angebracht, und zwar zwei Drei-Meter- und zwei Ein-Meter-Bretter. Die eingebauten „Brandsten“-Bretter sind vollkommen sportgerecht. Ferner sind an der Tiefseite fünf Startblöcke angebracht, so daß bei schwimmsportlichen Veranstaltungen fünf Schwimmbahnen zu drei Meter zur Verfügung stehen. Links und rechts des Schwimmbeckens sind 80 Zentimeter tiefe Nischen eingebaut, die zur Aufstellung von Bänken verwendet wurden. Die Umgänge des Endes und die Galerien bieten eine Unterbringungsmöglichkeit von rund 1000 Zuschauern. Eine durchgehende Glasdecke sorgt für eine vortreffliche Tagesbelichtung, und als Neuerung hat man durch die Anbringung von Streudüsen an der Decke dafür gesorgt, das an heißen Tagen Abkühlung erfolgen kann. Auch die kleine Schwimmhalle ist mit allen technischen Neuerungen versehen und dient hauptsächlich dem Übungsbetrieb und als Schulbad. Es ist selbstverständlich dafür gesorgt, daß durch bewährtes Verfahren das Wasser stets in einem hygienisch einwandfreien Zustande ist. So ist also mit diesem wunderschönen neuen Hallenbad ein Werk geschaffen worden, welches im wahrsten Sinne des Wortes der Volksgesundheit dient.
Die Chemnitzer Bevölkerung hat den Wert bereits erkannt und macht von dieser Bade- und Schwimmgelegenheit reichlich und oft Gebrauch. Die Eintrittspreise sind ganz niedrig gehalten und für Sonntags besonders ermäßigt worden, um vor allem Dingen allen Volksgenossen die Möglichkeit zum Baden zu bieten. Niemand versäume, sich das Chemnitzer Hallenbad anzusehen und von seinen Einrichtungen Gebrauch zu machen. Chemnitz zeigt sich eines Stadtbades würdig.“
Einzelne Zahlen geben uns ein Bild der Großzügigkeit der ganzen Anlage. So befinden sich im Bade ein Gesamtröhrensystem von 25 Kilometer. Die Beheizung ist vom nahen Eltwerke abhängig. Unter 18 Atmosphären Druck strömt das Wasser mit 180 Grad Erwärmung ein. Das Wasser selbst liefert ein 106 Meter tiefer Brunnen, der in der Stunde 60 cbm gibt. Fällt er einmal aus, dann kommt die städtische Wasserleitung zu Hilfe. Der tägliche Verbrauch beläuft sich auf 1000 cbm. Faßt doch die große Schwimmhalle allein schon 1600 Kubikmeter. So die „Volksstimme Chemnitz“ 1946.
In den fünfziger Jahren war das Bad u.a. Heimspielstätte der Wasserballer von Lok Karl-Marx-Stadt , die in der höchsten Klasse spielten, Bis zu 1400 Zuschauern verfolgten die Wasserballturniere, 1952 wurde sogar der Meistertitel der DDR errungen. Auch regelmäßige Sportwettkämpfe im Schwimmen erlebten die Gemäuer.
Seit 1935 war das Bad fast ununterbrochen in Betrieb. 1979 zählte die Einrichtung mehr als 930.000 Besucher. Doch trotz Bemühungen und erheblichen Aufwendungen für deren Instandhaltung konnte der Verschleiß an den Gebäuden und technischen Anlagen nicht mehr aufgehalten werden, das Stadtbad mußte im Herbst 1980 geschlossen werden.
1981 wurde mit dem Rekonstruktionsvorhaben im Stadtbad begonnen, sogar Erich Honecker besuchte am 10.Juni die Bauarbeiter. Bis 1983 wurde das Gebäude saniert. Für die gelungene Ausführung wurde der Architekt Karl-Heinz Barth im Jahr 1984 mit dem Architekturpreis und der Schinkel-Medaille des Bundes der Architekten der DDR ausgezeichnet. Noch einmal kam das DDR-Staatsoberhaupt am 4.Juni 1986 anläßlich seines Aufenthaltes in Karl-Marx-Stadt ins Bad und wurde nach der gründlichen Verjüngungskur von angeblich 5000 Gästen in der beliebten Sport- und Erholungsstätte herzlichst begrüßt.
Aufsehen erregte ein Brand am 27. Februar 1994, der im Badeshop ausbrach, 500 Gäste mußten von der Chemnitzer Feuerwehr evakuiert werden, die mit 5 Löschzügen das Feuer bekämpfte.
Ab Mai 1994 wurden zum erstenmal in einer ostdeutschen Stadt Aqua-Training angeboten, so kamen die Chemnitzer in den Genuß der kreativen Fitness-Industrie im Stadtbad.
In den letzten Jahren wurde die unmittelbare Lage an der Chemnitz mehrfach dem Bad zum Verhängnis: 2002 wurde das Untergeschoss überflutet, ein neuer Schicksalsschlag ereilte das Schwimmbad durch die Flut 2010. Der Keller lief wieder mit Wasser voll. Durch die notwendigen Reparaturen musste das Stadtbad erneut für einige Monate geschlossen werden. Demselben Problem war das Chemnitzer Stadtbad bei der Flut 2013 ausgeliefert.
(Quellen: Erzgebirgsverkehr 1935/36, Schrift zur Eröffnung des Stadtbades 1935, Volkstimme 1946, diverse Artikel aus Neue Zeit und ND, wikipedia)