Während im gemütlichen Zuhause der lichterstrahlende Weihnachtsbaum mit all den wunderbaren Sachen, die sich geheimnisvoll unter seinen Zweigen verborgen haben, die Menschheit erfreut hat, ist der erste reichliche Schnee in der Stadt gefallen.
Wenige haben die feinen, dünnen Flocken des Nachts herabrieseln sehen. Die ersten Schneeflocken, sie erwecken so manche Gedanken, bald heiterer, bald ernster Natur! Die fröhliche Kinderwelt denkt schon wieder an die tollen Fahrten auf dem kleinen Schlitten, auf dem der übermütige Knabe und das zaghafte Mädchen vereint die schneebedeckten Berglehnen heruntersausen, an die lustigen Schneemänner und Schneeballschlachten und an die herrlichen Schlittschuhfahrten auf den spiegelblanken Eisflächen. Die Erwachsenen nehmen sich Zeit für einen Spaziergang mit ihren Allerliebsten und begleiten sie in die Natur hinaus. Weniger erfreulich der frostige Zustand für Diejenigen, die sich dieser Tage der Arbeit widmen müssen und frühmorgens das Gefährt vom Eis und Schnee befreien müssen, ehe sie den Arbeitsweg antreten können.
Vielleicht waren auch Schlittschuhe Bestandteil der Weihnachtsgaben, denn der Eissport bildet eine nicht nur allgemein beliebte Leibesübung, sondern ist als Bewegung an frischer Luft ein wohltuender Ausgleich zu den in wohliger Wärme erlebten Wintertagen. Verschiedene überlieferte historische Berichte verdeutlichen die Bedeutung dieser Sportart, die als Grundlage dieses Aufsatzes dienen.
Die Altvorderen der Stadt erkannten nach Anlegen des Schloßteiches in den 1860er Jahren auch die mögliche wirtschaftliche Nutzung desselben im Winter und verpachteten die Fläche an interessierte Bürger und Firmen.
Einmal zur Eisentnahme, bildete der Teich doch eine gute natürliche Ressource zur Eisbereitstellung für Kühlzwecke verschiedener Gewerke, wie Fleischereien und Brauereien. Die Actienbrauerei am nahen Hechlerberg war zum Beispiel ein Kunde.
Dazu das Pachtgeld für die Eisbahn. Die Pächter erhielten meist dreijährige Verträge und mussten einen festen Betrag aufbringen. Sie sorgten für die Ordnung und Sicherheit am und auf dem Gewässer, konnten jedoch mit Erhebung von Eintrittspreisen und der Nutzung als Vergnügungsfläche mit Bewirtschaftung im Gegenzug Einnahmen generieren.
Das bereits beschriebene tragische Unglück 1866 mit 11 Toten bildete leider einen traurigen Einstieg in dieser Zeit. Dieses sollte jedoch das Einzige bleiben.
Die Schuljugend war es zumeist, die sich dem Vergnügen zuerst hingab. Mit einfachen Mitteln wurden primitive Schlittschuhe gebastelt. Ein Holzbrett mit eingelassener Klinge wurde um den festen Winterstiefel gebunden, ehe die Industrie auch auf diese Sportart einging und entsprechendes Zubehör, später ganze Schuhe, zur Verfügung stellte. Die Blaugemützten des königlichen Gymnasiums auf dem Kaßberg fand man im Januar 1885 bereits zur humanistischen Eisfahrt in den neugeschaffenen Schloßteichanlagen. Der Rektor hatte die nachmittägliche Verlegung des Unterrichts angeordnet.
Noch 1885 wurde auch für die Kinder hiesiger Bürger und Bezirksschulen das kostenfreie Eislaufen an den konzert- und schulfreien Nachmittagen (dienstags und sonnabends) auf der Schloßteich-Eisbahn eingeführt. Man erkannte welche gesundheitlicher Bedeutung das Bewegen an frischer Luft an den kühlen Wintertagen für die in oft engen Wohnungen lebenden Kinder ärmlicher Verhältnisse brachte.
Bis zur Jahrhundertwende lesen wir von Eisfesten in Form von Doppelkonzerten, mit abendlicher Illumination der Eisfläche. Dazu wurden elektrische Bogenlampen aufgestellt, und mit Feuerwerk überraschten die Pächter das Chemnitzer Publikum. Für hungrige und durstige Kehlen wurde ein Buffet aufgestellt. Höhepunkt waren die vom Festkomitee angeführten abendlichen Eispolonaisen.
Neben den hier auch virtuell dargestellten Vergnügen auf dem Schlossteich gab es einige kleinere gern genutzte Eisbahnen im Stadtgebiet. In den meisten Fällen waren es geflutete Wiesen in Bachnähe, die man zufroren lies. Schon 1887 spielte auf der Bahn am Fischweg gelegentlich die hiesige Militärkapelle und auch am Mühlgässchen (die ehemalige Aue) konnte man abends lampiongeschmückt zu Musik dem Vergnügen nachgehen. Weitere private Eisbahnen gab es unter Anderem an der Bernsdorfer Straße 70 auf dem Wiesengrundstück der Zumpe’schen Gärtnerei (die Viktoria-Eisbahn), an der Limbacher Straße und – bis in die 30er Jahre hinein – im Küchwald, die als Tummelplatz für die Jugend angelegt wurden.
1914 wurde der 1. Chemnitzer Eislauf- und Tennisverein ins Leben gerufen. In diesem war auch die erste Eishockeymannschaft beheimatet, die in den 30er Jahren an den sächsischen Meisterschaften teilnahm. Seit nunmehr über 100 Jahren kann man vereinsgeführt dem schönen vielfältigen Eissport nachgehen.
Auch wurden die in den 20er und 30er Jahren neu angelegten großen Chemnitzer Schwimmbäder, wie das Wikingbad in Bernsdorf, von den Pächtern gegen Gebühr zur Verfügung gestellt und gern zum Eislaufen genutzt.
Mit dem Anlegen der Kunsteisfläche 1954 im Küchwald wurde dann ein Grundstein für den erfolgreichen Karl-Marx-Städter/Chemnitzer Eissport gelegt.
Die Eissporthalle bietet mit dem jetzt sanierten Eisoval ein gern besuchtes Freizeitvergnügen, wie es schon die einfachen Eisbahnen zu früheren Zeiten waren.
Naturbelassene, zur Benutzung freigegebene, Eisflächen findet man leider nur noch sehr selten.
(Quellen u.a.: Verschiedene Zeitungsartikel sächsischer Tageszeitungen zu finden unter SLUB-Dresden.de, Aufnahmen aus versch. Veröffentlichungen zur Chemnitzer Geschichte)