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Das Siegesdenkmal an der Theaterstraße

    Unmittelbar nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, im März 1871 war aus der Mitte des Chemnitzer Rates die Anregung zum Denkmal hervorgegangen. Es sollte der im Kampfe fürs Vaterland Gefallenen gewidmet sein, zugleich aber auch der Freude über den so herrlich erfochtenen Sieg und Frieden Ausdruck verleihen. Im Anfang des nächsten Jahres schrieb der dazu aufgeforderte Verein „Kunsthütte“ die Konkurrenz aus, und abermals nach einem Jahre, 1873, konnte dem Verfasser des als besten erkannten Entwurfes, dem Dresdner Architekten Gustav Adolf Rumpel, gleichzeitig Landbauinspektor in Chemnitz, die Ausführung seines Projektes übertragen werden.

    1875 lesen wir von der Eröffnungsfeier: „In Chemnitz wurde am 2.September inmitten der zwischen der ersten Bezirksschule und dem Theater gelegenen Promenade unter entsprechenden Feierlichkeiten das Denkmal enthüllt, welches die Stadt Chemnitz den im Kriege 1870/71 siegreich Gefallenen und während des Krieges Gestorbenen, sowohl den aus Chemnitz gebürtigen als auch bei Beginn des Krieges der Chemnitzer Garnison angehörenden Kriegern errichtet.

    Das Denkmal selbst ist sehr geschmackvoll und bietet einen imposanten Anblick. Auf einem Stufenunterbau erhebt sich ein mit Lorbeer-, Eichen- und Efeukränzen geschmücktes viergliedriges Hauptpostament. An dessen Achsen sind vier Altäre mit metallenen Dreifußbecken aufgestellt, aus denen an den nationalen Gedenktagen festliche Opferfeuer emporflammen.

    An diesen Altären sind je 8 Schrifttafeln mit den 47 Namen und der Chargenbezeichnung der Gefallenen angebracht. Auf diesem Hauptpostament erhebt sich eine ionische Säule, an deren unterem Teil vier Portraitmedaillons (Kaiser Wilhelm, König Albert, Bismarck und Moltke) sich befinden und an deren oberem, canneliertem Teil auf einem sich herumwindenden Bande die Schlachtennamen angebracht sind, an denen die damalige Chemnitzer Garnison, das 106.Infanterie-Regiment, beteiligt war (Gravelotte, Nouart, Beaumont, Sedan, Paris, Billiers, Brie sur Marne). Die Säule wird von einer aus Bronze gefertigten Victoria gekrönt, welche als Göttin des Sieges den Lorbeerkranz emporhält und als Göttin des Friedens den Palmenzweig trägt. Umgeben ist das 9,70 Meter hohe Denkmal von einem schwarz-weiß-roten Mosaikpflaster, welches die Form des eisernen Kreuzes zeigt und abgeschlossen durch ein kunstvoll gearbeitetes Gitter aus Schmiedeeisen. Die Arbeiten wurden meist von Chemnitzern geliefert, so von dem Bildhauer Händler, den Steinmetzmeistern Morgenstern und Schmidt. Das schöne eiserne Gitter vom Schlossermeister Jordan aus Chemnitz, von dem das Denkmal umschlossen wird, ist als ein Meisterwerk der Schlosserarbeit hervorzuheben.

    Die Hauptgussarbeiten des Monuments, die Victoria, die vier Reliefmedaillons und die zwölf Schrifttafeln, sind aus der Bronzegießerei des Professor Lenz in Nürnberg hervorgegangen, die Modelle zu den ornamentalen Teilen von Bildhauer Hauptmann in (Dresden) und die Dreifüße von Bronzegießer Röhle in (Dresden).

    In vielen alten Chemnitzer Ansichten rund um die Theaterstraße finden wir diese Siegessäule. Ihr kennt jetzt die Entstehungsgeschichte.

    Anlässlich der Einweihung der Denkmäler 1899 mit dem Besuch des sächsischen Königs wurde sie eingerüstet und zum ersten Mal gereinigt. Doch der Zahn der Zeit nagte weiter an der Säule. Der damals gewählte Elbsandstein war der schmutzigen Luft der Industriestadt Chemnitz nicht gewachsen, der weiche Stein war zersetzt, der Rost hatte das Eisen zerfressen. Mitte der 20er Jahre drohte das Denkmal einzustürzen. Die Stadt stellte keine Mittel für die Restaurierung zur Verfügung.

    Die Vereinigten Vaterländischen Verbände zu Chemnitz brachten ab 1927 durch den Verkauf von symbolischen Bausteinen und durch öffentliche Sammlungen die erforderlichen Mittel auf und führten die Erneuerung der Siegessäule in eigener Regie durch. Nach langen Beratungen entschloss man sich, die Säule in ihrer ursprünglichen Form unter Entfernung aller dem damaligen Kunstgeschmack nicht mehr entsprechenden Verzierungen in widerstandsfähigerem Rochlitzer Porphyr wiedererstehen zu lassen und führte die erforderlichen Arbeiten im Jahre 1931 durch, so dass am 29. November (1. Advent) die neuerstandene Siegessäule feierlich der Öffentlichkeit übergeben werden konnte.

    „Die ganze Stadt prangte in festlichem Fahnenschmuck, an dem sich unverständlicherweise nur die Stadt nicht beteiligte. Nachdem am frühen Morgen ein Festgottesdienst im Ehrenhain auf dem städtischen Friedhof stattgefunden hatte, formierte sich ein unübersehbarer Festzug mit mehreren Hundert Fahnen, der von dem gesamten Erzgebirgsgau des Stahlhelms mit dem Scharnhorstbund und zwei Fahnenkompanien eröffnet wurde. An ihm nahmen ferner der Christliche Verein junger Männer, die Evangelischen Arbeitervereine, die Turner, das gesamte Chemnitzer Handwerk, die Schützen, die Feldformationen und die Militärvereine teil. Der Vorbeimarsch währte weit über eine halbe Stunde. Vor der neuerrichteten Siegessäule gruppierten sich die Massen mit ihren Fahnen, umringt von einer unübersehbaren Menschenmenge. Der verdienstvolle 1. Vorsitzende der Vereinigten Vaterländischen Verbände von Chemnitz, dessen unermüdlicher Tätigkeit in erster Linie die Erneuerung der Siegessäule zu danken ist, Gewerbeoberlehrer Ebersbach, übergab die Säule, die Oberbürgermeister Arlart mit herzlichen Worten des Dankes erneut in die Obhut der Stadt übernahm.“  Die Parkanlagen ringsherum blieben bei dieser Erneuerung weitestgehend erhalten. Nur die schmiedeeisernen Zäune wurden ersetzt.

    Und warum finden wir jetzt nichts mehr von diesem Chemnitzer Denkmal?

    Die dem früheren preußisch-deutschen Militarismus gewidmeten Wahrzeichen sollten nach dem Kriege verschwinden. Widerstand regte sich in der Stadtverwaltung. So gab es deutliche Differenzen zwischen der von der sowjetischen Administration angefertigten Liste mit 36 betreffenden Objekten und der Liste der Stadtverwaltung mit nur 19 Objekten.

    Die „Freie Deutsche Jugend“ (FDJ), geblendet von der sozialistischen Ideologie, machte gegen dieses Denkmal mobil und protestierte am 7. September 1947 gegen den Erhalt des Denkmals. Der Rat der Stadt stellte sich hinter die Forderungen der FDJ und beschloss in der Stadtratssitzung vom 15. September, die Stadtverordneten zu ersuchen, ihre Zustimmung zur Entfernung dieses und weiterer Denkmäler zu geben. Unbekannte Täter kamen dem Beschluss voraus, die Säule wurde in der Nacht vom 26. zum 27. September 1947 umgeworfen und zerstört. Ein Fakt, der in der sozialistischen Stadtgeschichte verschwiegen wurde.

    Zur Anschauung anschließend ein Bild zur räumlichen Zuordnung in heutiger Zeit. Es würde genau vor dem Restaurant „Bueno“ stehen. Vielleicht erinnert ihr euch daran, wenn ihr an schönen Tagen davorsitzt…

    (Quellen: Dresdner Nachrichten 04.09.1875, Buch Chemnitz am Ende des 19. Jahrhunderts, Historisches-Chemnitz.de)

    Aktueller Stadtplan mit heutigem Standort