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Der Chemnitzer Verein für Luftfahrt bis zum 1.Weltkrieg

    Der Luftschifffahrt im Deutschen Reich wurde am Ende des 19.Jahrhunderts noch nicht die Aufmerksamkeit wie in den Nachbarländern geschenkt. Bereits im Deutsch-Französischem Krieg 1870/71 mußte das deutsche Herr anerkennen, welch vortreffliche Dienste die französischen Luftschiffer in der Zeit der Not leisteten, um dem bedrängten Vaterlande beizustehen.

    In größeren Städten des Reiches wurden Vereine gegründet, die mit den Militärbehörden wetteiferten, die Luftschifffahrt voran zu bringen. Auch in Chemnitz hatte sich eine Vereinigung von Männern gebildet, die beabsichtigte, für Sachsen die Luftschifffahrt zu fördern und dabei auch der Wissenschaft zu dienen und auch dem Vaterlande Dienste zu leisten, wenn dieselben verlangt werden. Also Ballons und Luftschiffe auch für militärische Zwecke einzusetzen.

    Am 5. März 1895 wurde auf Blatt 80 des Chemnitzer Vereinsregisters die „Vereinigung zur Förderung der Luftschifffahrt in Sachsen“ mit Sitz in Chemnitz eingetragen. Er war damit einer der ersten Luftfahrtvereine in Deutschland überhaupt.

    Hauptakteure des Vereins waren die bereits bekannten Luftschiffer Paul Spiegel und Richard Feller, die seit 1890 regelmäßig mit ihren Ballons in unserer Stadt aufstiegen.  Beiträge dazu in meiner Chemnitzer Luftfahrtgeschichte.

    Am 8.Januar 1897 wurde auf Beschluss der Mitgliederversammlung die Bezeichnung in „Verein zur Förderung der Luftschiffahrt in Sachsen, Sitz Chemnitz“ geändert.

    Unterstützung  fanden die Herren auch beim Königlich meteorologischen Institut in Chemnitz. Hin und wieder sollten sich die Beamten dieses Instituts an Auffahrten beteiligen, um die vorangegangenen Beobachtungen der beiden Ballonfahrer auf eine naturwissenschaftliche Grundlage zu stellen. Daneben hatte Paul Spiegel an den Technischen Staatslehranstalten (TSLA) Mitstreiter gefunden, die bei Vortragsabenden, die wir ab 1898 finden, über die Aufgaben und Ziele der modernen Luftschifffahrt referierten. So über Ballone lenkbar zu machen, die topographische Landesaufnahme, Simultanfahrten, Unternehmungen im Ballon sowie  die Beobachtung und Registrierung von Witterungsvorgängen in höheren Luftschichten.

    Bis 1898 war Paul Spiegel Vorsitzender des Vereins. Im  Januar 1899 lesen wir von der Generalversammlung des Vereins und nach Neuwahl erstmals weitere Namen des Vorstandes: Dr. phil. H. Hoppe – Lehrer an den TSLA (1. Vorsitzender), Fabrikant Paul Spiegel (2. Vorsitzender), Dr. O.Müller – Lehrer an den TSLA (1. Schriftführer), Schriftsteller R. Hertwig (2. Schriftführer) Meteorlog M.Metzner (1. Kassierer und Bücherwart), Maschinenbauer H. Matthes (2. Kassierer und Zeugwart). Im Jahresbericht werden die im Herbst 1898 angestellten Versuche mit Drachen und der Bau eines Registrierinstruments für Luftdruck und Temperatur erwähnt.

    Daneben fand Spiegel auch Personen in ganz Sachsen, die dem Verein beitraten und ihr Wissen und Erfahrungen zur Verfügung stellten.  1899 referierte z.Bsp. Hr. Halfter aus Leipzig über eine 24 Stunden-Fahrt.

    Bis 1908 finden wir Paul Spiegel als Vorsitzender des Vereins in zahlreichen Annoncen und Berichten über seine unternommenen Ballonfahrten (fast 500 sollen es gewesen sein), die ich in weiteren Beiträgen auf dieser Webseite vorstellen werde.

    Mit der 1. Generalversammlung des rekonstruierten Vereins am 15. Juli 1908 im Kaufmännischen Vereinshaus beginnt ein neuer Abschnitt in der Chemnitzer Luftfahrtgeschichte: Es wird beschlossen, den Verein als Juristische Person einzutragen. Gleichzeitig wird der bereits im Februar gewählte neue Vorstand bestätigt.

    Anwesend waren die Herren Direktor Otto Weissenberger (Direktor des Chemnitzer Bankvereines), Dr. Schwenn, Oscar Nennewitz – (Redakteur /Schriftsteller Theaterstr. 84) Paul Spiegel (Poststraße 61) Direktor Fischer, Robert Hertwig, Horst Schubardt (2. Schriftführer) , Carl Wichert (Buchdruckerei, Poststr. 29), Alex. Pastor – (Kfmn., Inhaber der Fa. Helene Albert, Zwingerstr.2), Max Schüler sowie Herr Notar Dr. Harnisch.

    Der Verein nannte sich ab nun „Erster sächsischer Verein für Luftschiffahrt zu Chemnitz“ mit Sitz in der Chemnitzerstr. 5-7, in der auch der Chemnitzer Bankverein seine finanziellen Geschäfte ausführte. An dieser Bezeichnung nahm der Luftschifferverband Anstoß, der den Antrag zur Aufnahme des Vereins in den Verband ablehnte und auf dem 7. Ordentlichen Luftschiffertag zu Frankfurt a.M. am 18./19.September 1909 die Forderung zur Umbenennung in „Chemnitzer Verein für Luftschiffahrt“ forderte. Dem kam der Verein offenbar nach, denn 1910 werden in den Verbandsunterlagen der Name und die Mitgliedschaft bestätigt.

    In der Hauptversammlung 1911 wurde eine Neuorganisation des Vereinsvorstandes beschlossen. Das Bild zeigt die Personalien des Vorstandes 1911. Er setze sich ab jetzt aus 3 Abteilungen, der Freiballon- Abteilung, Flugzeug-Abteilung und Luftschiff-Abteilung zusammen. Nur so war es möglich, die umfangreichen Arbeiten zu bewältigenden und die geplanten Veranstaltungen des Vereins durchzuführen. Auch über diese berichte ich in Beiträgen zur Chemnitzer Luftfahrtgeschichte

    Der Chemnitzer Johannisplatz mit dem 1910/11 errichteten Gebäude des Bank-Vereines

    Der Verein hatte Ende 1911 354 Mitglieder, 14 registrierte Freiballonführer, und besaß die Ballone

    • Chemnitz – mit 1680 cbm Inhalt
    • Sachsen – 950 cbm
    • König-Friedrich-August – 730 cbm

    Der bekannte Chemnitzer Industrielle Direktor Willy Pöge (Elektrizitätsgesellschaft) saß in dieser Zeit als Chemnitzer Interessenvertreter auch im Beirat der Flugzeugabteilung des Deutschen Luftfahrer-Verbandes (so hieß ab 1911 der 1902 gegründete Luftschifferverband).

    Als Geschäftsadresse wird in dieser Zeit der Johannisplatz 4 angegeben, in dem der Chemnitzer Bankverein, Kommerzienrat Otto Weissenberger und auch Alfred Zapp ihren Sitz haben.

    Es begann eine sehr erfolgreiche Zeit bis zum 1. Weltkrieg, ein umfangreiches Vereinsleben mit vielen Veranstaltungen und Ereignissen, und als Höhepunkte die Zeppelinlandungen und die Einweihung des Flugplatzes 1913 in Altchemnitz mit der ersten Ballonwettfahrt. 1913 wird zudem eine „Interessengemeinschaft sächsischer Vereine für Luftfahrt“ gebildet und vom Deutschen Luftfahrer-Verband bestätigt. Mehr Infos zum Verein selbst unter www.chemnitzballon.de

    (Quellen: Bücher – Braunbecks Sportlexikon, Die Sehnsucht zu fliegen (H. Teichmann); Adressbücher der Stadt Chemnitz , div Ausgaben des Generalanzeigers für Chemnitz –  beides zu finden unter Slub-Dresden.de, Vereinstagebuch des CVfL)

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