Als man im Jahre 1925 an den Bau eines Flughafens in Chemnitz heranging, war der Leitgedanke: Anlagen für die Zukunft schaffen! Und da man, bei dem damaligen Stand des Luftverkehrs, keine Riesenbauten schaffen konnte, mußte man den Bau im Vorhinein so gliedern, daß er alle Möglichkeiten für eine spätere Erweiterung ließ. 1926, zur Flughafeneinweihung, war nur der Mittelbau mit den kleineren Anbauten fertig geworden.
Bereits 1928 war diese Möglichkeit, mit der man damals rechnete, eine Notwendigkeit geworden. Die Anlagen von 1925 zeigten sich dem Luftverkehr von 1928 nicht mehr gewachsen. Welche Steigerung der Betrieb in den letzten zwei Jahren erfahren hat, mögen einige Zahlen verdeutlichen. 1926 wurden in den Monaten April bis August 1.270 Starts und Landungen vorgenommen. 1928 waren es in den gleichen Monaten schon 2.239. 1926 wurden 1.880 Fluggäste befördert, 1928 5.800 Passagiere. Am augenfälligsten ist aber die Zunahme im Post- und Frachtverkehr; 1926: 153 Kg, 1928: 5.783 Kg Post, die entsprechenden Ziffern für Fracht lauten: 1.391 Kg und 63.661 Kg.
Mit dieser unverkennbaren Entwicklung war also das Signal zur Fortführung der ab 1925 errichteten Teilbauten gegeben. Schon 1927 wurde ein Aufenthaltsraum für die Piloten geschaffen. Ein schwer lösbares Problem bildete bei der hügeligen Lage unserer Stadt die wünschenswerte Erweiterung des Flugfeldes. Ein vollkommen ebenes Terrain von etwa 1000×1000 Meter zu schaffen, wie man es zur damaligen Zeit für einen Flugplatz haben mußte, war wohl in keiner Großstadt schwieriger als in Chemnitz. Immerhin hatte man durch Planierung und Aufschüttungen hier schon manches erreicht, die Maße des Landebahn wurden Anfang der 30er Jahre mit 950 x 700 Meter angegeben. Im Laufe des Jahres 1928 führte man nun die längst notwendig gewordene Erweiterung der Restaurationsräume aus. Schon bald nach der Inbetriebnahme des Flughafens im Jahre 1925 konnte man feststellen, daß die neuen Anlagen und der Flugverkehr eine große Anziehung auf die Spaziergänger ausübten. Man mußte also nicht nur mit den Fluggästen rechnen, sondern auch mit einem breiteren Publikum, das aus Interesse an der Sache den Flughafen besuchte. Die Buslinie von und nach Neukirchen hielt direkt am Flughafen, sie brachte die Besucher auf bequeme Weise zum Flughafen.
Solchem Verkehr war der bisherige kleine Warteraum mit Restaurationsbetrieb natürlich nicht gewachsen. Die Flughafen-Gesellschaft entschloß sich also zu einem großen Anbau an den rechten Seitenflügel. Die beiden Architekten Müller und Schwab, unter deren Leitung schon der erste Teilbau 1925 begann, wurden mit den Entwürfen betraut. Nicht nur das seitherige Restaurant wurde vergrößert, sondern es wurde ein vollkommen neuer Saal mit Terrassen geschaffen, der bei seinem Fassungsvermögen von 450 Personen und 2000 Sitzplätzen im Außenbereich bis auf absehbare Zeit allen Anforderungen genügen sollte.
Oben: Zustand des Flughafens nach der Fertigstellung 1926 – gut erkennt man im rechten Bild das Restaurant Ikarus, und nach der Erweiterung 1928 – unten – jetzt auch mit Freiterrasse vor dem Flughafengebäude.
Die Beschreibung des neuen Restaurantbereiches liest sich wie folgt: „Der Saal ist ein längliches Rechteck, in dessen beiden Längswänden Fenster sind, so daß bei Tage immer die größtmögliche Helligkeit herrscht. Viel zu dem freundlichen Eindruck des Raumes trägt auch der Anstrich der Wände in hellbraunem Schleiflack bei. Angenehm hiervon heben sich die dunklen Umrahmungen der Fenster und die Türen in Makassar-Ebenholz ab. Die künstliche Beleuchtung des Saales ist zugleich direkt und indirekt: direkt durch mehrere in Silberbronze ausgeführte Beleuchtungskörper, indirekt durch unsichtbare Lichtröhren, die in der Mittelbahn der dreigeteilten hellen Decke laufen. An dem einen Kopfende des Saales befindet sich die rot getönte Nische für das Orchester, daneben der Eingang, der von der Stollberger Straße aus durch eine geräumige Vorhalle mit Kleiderablage führt. Am anderen Ende des Saales liegen die Ausgänge zu den Wirtschaftsräumen. Auch diese Wirtschaftsräume, denen — wie es die Zeit erfordert — Garagen angegliedert wurden, sind natürlich entsprechend vergrößert worden und in ihrer technischen Ausgestaltung auf das modernste Niveau gebracht.
Durch den Anbau hat die Flughafen-Anlage zwar noch längst keine Vollendung, aber doch eine gewisse Vervollständigung erfahren, so daß man jetzt deutlich die symmetrische Anlage des Ganzen erkennen kann. Das Äußere des Ausbaues, von der Stollberger Straße aus gesehen, ist in der massiven Art des Mittelbaues, der seinerzeit im ersten Bauabschnitt errichtet wurde, ausgeführt. Dem Saal an der Hinterfront ist eine erhöhte Terrasse vorgelagert. Die Front dortselbst ist in dreieckförmigen Erkervorbauten stark in Glas aufgelöst. Bei der Beurteilung des Ganzen ist beachtenswert, daß sich der gesamte Wirtschaftsbetrieb einschließlich Gartenwirtschaft vollkommen getrennt vom Flugverkehr abwickelt, mit dem weiteren Vorteil, daß die Zuschauer im Freien wie auch vom Saal aus in größter Anzahl die Abfertigung der Flugzeuge aus nächster Nähe beobachten können.“ (Quelle: Chemnitzer Neueste Nachrichten 13.12.1928)
Was die Architekten und Baufirmen geschaffen hatten, konnte man erstmals bei der Besichtigung zur Eröffnung Anfang Dezember 1928, an der zahlreiche Vertreter der Behörden, der Industrie- und Handelswelt und der Presse teilnahmen, in Augenschein nehmen.
Das sollte schließlich der Zustand der Gesamtanlage bleiben, den wir heute kennen. Wenige Baumaßnahmen folgten zwar, doch die immer größer werdenden Flugzeuge zur Beförderung größerer Passagiermengen konnten auf Grund der zu kleinen Landebahn und der fehlenden Ausbaumöglichkeit die Stadt nicht mehr anfliegen. So blieb es bei einem kleinen Regionalflugverkehr bis in die 30er Jahre hinein.