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Die Kappler Drehe aus der Luft

    Das Flugzeug ist im September 1928 fast zur Mittagszeit unterwegs, den industriereichen Chemnitzer Westen aus der Luft zu erkunden. Man erkennt es an den kurzen Schatten der Gebäude. Dabei ist diese schöne und seltene Aufnahme entstanden. Schauen wir auf ein paar markante Punkte.

    Die Zwickauer Straße (1), die sich von oben nach unten durchs Bild schlängelt, ermöglicht die Orientierung. Am rechten unteren Rand finden wir die Maschinenfabrik Kappel (2), die die 1.Tüllmaschine konstruierte, ab 1889 an dieser Stelle auch Explosionsmotoren fertigte und ab 1914 auch Schreibmaschinen produzierte. Der Güterbahnhof Chemnitz Kappel (3) versorgt die Industrieunternehmen der Umgebung mit den benötigten Materialien und ermöglicht kurze Wege beim Versand der Erzeugnisse in aller Herren Länder.

    Rechtsoben erkennen wir eine lang gezogenene baumgesäumte Straße, es ist die Neefestraße (4), die den Verkehr in die Innenstadt ermöglicht. Ein großes Chemnitzer Unternehmen ist die Maschinenfabrik von Schubert & Salzer (5), die mehrere Fabriken in Chemnitz unterhält, hier ist eine Eisen- und Metallgießerei angesiedelt. Aus dieser entsteht nach umfangreichen Sanierungs- und Umbauarbeiten das heutige Sächsische Industriemuseum ab 1998. Die Nr.6 kennzeichnet das 1.Städtische Gaswerk an der Zwickauer Straße, 1854 von Pfaff und Hösel gegründet. Eine der Grundlagen für die Ansiedlung der energieintensiven Gießereien und metallverarbeitenden Fabriken. Nicht vergessen dürfen wir die Trikotagenfabrik von Siegmund Göritz (7) und seinem Sohn Erich, einer umsichtigen jüdischen Unternehmerfamilie. Unter dessen Führung steigt die Goeritz AG ab 1929 zum bedeutendsten Damenwäscheproduzenten in Deutschland auf.

    An der Kapplerdrehe zweigt auch die Michaelstraße (8) ab, die uns zum Kassberg bringt. Vorbei führt sie am Nikolaifriedhof (9).  Am linken oberen Bildrand sehen wir schon die Villen und großen Wohnhäuser der Heinrich-Beck-Straße (11) und rechts davon der Ahornstraße. Die Ziegelei von Herrn Kunath (10) an der Ulmenstraße lieferte die Baustoffe zur Erbauung dieses Viertels.

    Luftbild mit freundlicher Genehmigung von Klaus Wannack. Verweisen möchte ich auf die bisher erschienenen historischen Luftbilder zum Theaterplatz und zum Innenstadtring.

    Stadtplan 1930