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Hochwasser 1897

    „Die grauenvolle Verwüstung, die das wilde Toben der erbarmungslosen Elemente in unserer sächsischen Heimat und weit über ihre Grenzen hinaus angerichtet hat, beginnt nun nach dem Stillstand der Katastrophen in ihrem ganzen furchtbaren Umfange vor unser Auge zu treten.“  In diesem oder ähnlichem Wortlaut begannen zahlreiche sächsische Zeitungen ihre Berichterstattung vom verheerenden Hochwasser am 29. bis 31. Juli 1897.

    Gewaltige Regengüsse in den Tagen zuvor ließen kleine Bäche zu reißenden Flüssen anschwellen. Auch am Erzgebirgsnordkamm wurden durch die andauernden Regenfälle Überschwemmungen, Dammbrüche, Dammrutsche hervorgerufen. Nicht weniger als 30 Eisenbahnlinien Sachsens wurden mehr oder weniger in Mitleidenschaft gezogen. Betrüblich für alle: der Verlust vieler Menschenleben, die in den Fluten ertranken. Das Hochwasser hatte zu diesem Zeitpunkt unberechenbaren Schaden angerichtet. Besonders stark betroffen waren auch die Gegend um Dresden, das Weißeritztal, das Müglitztal und das Elbtal.

    Auch in Chemnitz dürfte wohl kaum je eine Überschwemmung in solchem Maße bis zu diesem Datum vorgekommen sein. Nur das Hochwasser im Jahre 1698 wurde ähnlich verheerend geschildert.

    Im Zwönitztal nach Kemtau und Dittersdorf zu war der ganze Talboden fast ein Strom. Die Stiefelmühle, zu Eibenberg gehörig, stand mitten im Wasser; man hatte Not, die Vorräte an Brettern etc. zu bergen. Ein schauriges Schauspiel bot die Gegend zwischen Meinersdorf und Gornsdorf. Dort raste das Wasser unter mächtigem Brausen und Fluten über die Wiesen durch alle drei Durchlässe der Eisenbahnbrücke, Sträucher und Bäume umschlingend, an die Gebäude spülend. Auch im Würschnitztal sah es nicht anders aus.

    In der Nacht vom 29. zum 30.Juli erreichte das Hochwasser in Chemnitz eine bedenkliche Höhe.

    Den Stadtteil Altchemnitz erreichten die Wassermassen zuerst. Die Chemnitz überschwemmte die an derselben liegenden Wiesen, 3 Kälber wurden von den Fluten mitgerissen, auch lief das Wasser quer über die Annaberger Straße. Sämtliche Häuser ragten gleich einer Insel aus dem See.

    Schäden, wie hier im Dresdner Ortsteil Deuben, waren in ganz Sachsen zu verzeichnen

    Überall waren die Feuerwehren im Einsatz. Sämtliche Vorstädte, wie Gablenz, Bernsdorf, Kappel und Altendorf standen bereits zum größten Teil unter Wasser. Der Chemnitzfluß hatte die angrenzenden Straßen in ihrer ganzen Ausdehnung unter Wasser gesetzt; ebenso weitere Nebenstraßen. Der Verkehr war an vielen Stellen vollständig zum Erliegen gekommen. Auch der Straßenbahnverkehr mußte eingestellt werden, weil die Kraftstation in der Aue unter Wasser stand.

    Weiter standen die Wiesen oberhalb der Beyerstraße, infolge Austretens des Pleißbaches, unter Wasser. Die an dieser Stelle stattfindenden Bachregulierungen mussten eingestellt werden. Auch wurde verschiedenes Baumaterial durch das Wasser mit fortgerissen. In Kappel schoß das Wasser mit solcher Wucht an mehrere kleine Wohnhäuser, daß die Giebelwände einstürzten.

    An der Uferstraße war der Gablenzbach aus den Ufern getreten, so daß der dort vorüberführende Fußweg behördlich gesperrt werden mußte. Die Bernsdorfer Straße stand vom Rosenplatz bis „Meyers Feldschlösschen“ unter Wasser, weshalb der Straßenbahnverkehr nur bis zum genannten Platz durchgeführt wurde. Auch war dort auf einer Strecke von etwa 30 m teilweise die Straße eingebrochen, wobei 2 Telegraphenstangen mit umgestürzt sind.

    Ferner waren die Wiesen an der Blankenauer Straße überschwemmt und zwar ist das Wasser dort so rapid gestiegen, daß es in den neuen Teil des Tiergartens „Zur Scheibe“ eingedrungen ist, so daß es dem Besitzer viel Mühe kostete, daß umherlaufende Vieh einzufangen. In den letzten Häusern vor der „Scheibe“ flutete das Wasser selbst Parterrewohnungen, welche geräumt werden mussten. Überall sah man Wirtschaftsgegenstände, Bretter, Balken, Gartenzäune usw. geschwommen kommen.

    In Altendorf waren mehrere Wiesen und Straßen, namentlich die Schützenstraße und der sogen. Knüppelweg überschwemmt; letzterer stand etwa ¾ m unter Wasser, auch aus Glösa, Draisdorf bis Markersdorf wurden Überschwemmungen von Straßen und Feldern gemeldet. Der niedere und mittlere Ortsteil von Furth waren vollständig überflutet, insbesondere haben die beiden im Orte befindlichen Handelsgärtner, sowie die am Fluss gelegenen Fluren mehrerer Grundstücksbesitzer, beträchtlichen Schaden erlitten.

    Zwischen den Restaurants „Weilburg“ in Furth und „Gasthaus Blankenau“ stand das Wasser auf der Landstraße ½ m. hoch; die Getreidefelder, die Chemnitz und die Landstraße bildeten einen See. Die Feuerwehr von Furth wurde alarmiert und regelte den Verkehr an den gefährdeten Stellen der Landstraße. Ebenso war der Kommunikationsweg vom „Gasthaus Blankenau“ nach Borna samt Brücke unter Wasser gesetzt, der Ort nur noch über die Leipziger Straße erreichbar.

    In den Städtischen Kollegien wurden unmittelbar Schritte zur raschen Hilfeleistung zugunsten der durch die Wasserkatastrophen Geschädigten eingeleitet. Ausschüsse wurden gebildet, die die Sammlungen leiteten und die eingegangenen Gelder in entsprechender Weise zur Verteilung brachten, denn es mußte schnell und planmäßig geholfen werden.

    In überwiegendem Maße hatte es gerade den ärmeren Teil der Bevölkerung getroffen. Den kleinen Bauern hatte das unerbittliche Element die Ernte vernichtet, die fruchttragenden Gärten der kleinen Leute verwüstet, dazu ist das Vieh dahingerafft und den notdürftigen Hausrat hatte die Gewalt der Fluten fortgeschwemmt oder unbrauchbar gemacht.

    Hoffen wir, daß die zuletzt von vielen selbst – 2002 und 2013 – erlebten Hochwasserfluten in Erinnerung bleiben, wir daraus Lehren gezogen haben. Damit solche Auswirkungen, wie hier geschildert, uns zukünftig erspart bleiben. Nebenstehend im Vergleich die Hochwassermarkierungen der Freiberger Mulde an der Staupnitzmühle in Döbeln.

    (Quellen u.a.: Verschiedene Zeitungsartikel sächsischer Tageszeitungen zu finden unter SLUB-Dresden.de)