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Lern- und Gedenkort Kaßberg eröffnet

    Ein Rückblick auf die gestrige Veranstaltung.

    Mehr als 10 Jahre nach der Gründung des Vereins und der Idee, im ehemaligen Kaßberg-Gefängnis einen Lern- und Gedenkort einzurichten, fand gestern Nachmittag die feierliche Eröffnung im Beisein des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretzschmer statt. Dementsprechend groß war auch das Medieninteresse an der Berichterstattung über dieses Ereignis.

    Nach der Eröffnungsrede des Chemnitzer Bürgermeisters Ralph Burghart richteten der Ministerpräsident und weitere Persönlichkeiten wie Barbara Klepsch, Sächsische Staatsministerin für Kultur und Tourismus, und Jens Kroll, Geschäftsführer der Chemnitzer Gesellschaft für Wohnungsbau mbH, ihre Grußworte an die zahlreichen geladenen Gäste und neugierigen Besucher im eigens aufgestellten Festzelt im Innenhof.

    Jürgen Renz, Vorsitzender des Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e.V., stellte anschließend zwei Frauen vor, die als Zeitzeugen und Angehörige einer Häftlingsinsassin der NS-Zeit kurz über Ihre Erlebnisse berichteten. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung vom Chor des SFZ Förderzentrums Chemnitz.

    Nach mehr als zwei Jahren Bauzeit und Baukosten von bisher über 4,6 Millionen Euro wurde das Gebäude mit dem symbolischen Durchschneiden des roten Bandes eröffnet. Die ca. 250 Gäste nutzten die Gelegenheit, sich über das Gebäude und die Ausstellung zu informieren.

    Im Mittelpunkt der Ausstellung steht der Häftlingsfreikauf in der DDR. Die neue Dauerausstellung erinnert aber auch an Häftlingsschicksale während der NS-Zeit und der Zeit des sowjetischen Geheimdienstes. Die Türen zu den einzelnen Zellen auf allen 3 Etagen wurden entfernt und jede einzelne Zelle wurde mit Bildern und Dokumenten ausgestattet, um die Einzelschicksale der Menschen zu präsentieren.

    Die Ausstellung ist leider noch unvollständig, wie mir Angehörige der in den Zellen vorgestellten Betroffenen im persönlichen Gespräch mitteilten. Viele leere Wandflächen warten noch auf ihre Zukunft. In zwei Zellen wurde die damalige Einrichtung rekonstruiert, eine dritte wartet noch auf ihre Gestaltung. Im Außenbereich wurden Tafeln aufgestellt, die über die Entstehung des Gebäudekomplexes informieren. Das beauftragte Planungsbüro der Ausstellung „beier+wellach projekte“ aus Berlin kam im Vorfeld auf mich zu und bat um Unterstützung mit Informationen und Bildmaterial. Aus meinem Beitrag „Die Gerichte auf dem Kaßberg“ entstand eine Tafel im Außenbereich. Weiteres Bildmaterial aus der Sammlung der Chemnitzer Hobbyhistoriker ergänzt die Präsentationen in den Zellen.

    Was ich sehr bedauerlich finde, ist, dass wieder einmal ganze Zeiträume wie die 60 Jahre vor der NS-Zeit und die Zeit nach der politischen Wende, in denen die Gebäude in ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung als Gefängnisse für Mörder, Schwerverbrecher, Diebe etc. dienten, ausgelassen wurden. Hier gibt es noch viel zu tun. Auch die Anbringung von Dokumentationsmaterial auf nicht glatten Wandflächen hat mir nicht gefallen. Die einzelnen Zellen wirken überladen und sind bereits mit 3 Personen ausgelastet. Wie sollen die Schüler, die sich meist in Gruppen bewegen, ihre Aufmerksamkeit auf die vielen Details und Texte richten? Beschädigungen des Informationsmaterials sind vorprogrammiert.

    Bis morgen besteht noch die Möglichkeit, die Ausstellung kostenlos zu besuchen und sich persönlich ein Bild zu machen. Im Herbst nächsten Jahres werde ich wiederkommen, um zu sehen, wie das noch unfertige Außengelände gestaltet ist und wie sich die dann hoffentlich weiter gefüllte Ausstellung präsentiert.

    Weitere Informationen zum Lern- und Gedenkort unter: https://gedenkort-kassberg.de/