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Lola Schröter-Vorescou – eine Chronik

    Aufnahme 1925

    Lola Schröter wurde am 05.04.1906 in München geboren. Ihr Geburtsname war Anna Katharina Lola Knoll, ihre Eltern Joseph und Helene Knoll. Sie galt als erste Fallschirmspringerin in Deutschland, die aus einem motorbetriebenen Flugzeug sprang, später war sie eine berühmte Kunst- und Segelflug-Pilotin. Lange Zeit auch Höhenrekordhalterin im Fallschirmsprung. Wenig Privates ist über sie bekannt. Wann sie nach Chemnitz kam, konnte ich bisher nicht in Erfahrung bringen.

    Als junges Mädchen hatte sie an der Filmschule „Emelka“ in München eine Ausbildung begonnen, doch die schlechte Wirtschaftslage zwang sie, sich von der Filmschauspielerei zu entsagen. Um eine Größe auf sportlichem Gebiet zu werden, hätte sie lange Zeit und manches Geld gebraucht. Um dem kurz abzuhelfen, kam die damals siebzehnjährige 1923 auf den Gedanken, durch Fallschirmsprünge von sich reden zu machen. Nur durch eine kleine Schwindelei – sie gab ihr Alter falsch an – konnte sie ihren Traum, eine Ausbildung zur Fallschirmspringerin, erfüllen. Ein Unterfangen, das zu damaligen Zeiten mehr ihren männlichen Kollegen vorbehalten war.

    Ihr durch keine Fehlschläge kleinzukriegender Idealismus am Fallschirmsport und der Fliegerei führte Sie später u.a. mit dem Großmeister der Deutschen Fliegerei, Ernst Udet, zusammen, dessen Partnerin sie bei zahlreichen Schauflugveranstaltungen wurde.

    1925

    Am 1.und 2.Juni 1925 fand zu Paderborn anlässlich des Deutschen Rundfluges ein großes Schaufliegen statt, wobei sie zum ersten Mal in ihrem Leben als Fallschirmspringerin mitwirken sollte. Tags zuvor mußte sie den von der Polizei vorgeschriebenen Probeabsprung machen. Es war auch ihr erster Flug überhaupt. Außer einem Polizeileutnant und einigen geladenen Gästen war an jenem Tag nur ein kleiner Kreis von Neugierigen anwesend, als sie in dem von dem Piloten Hüffer gelenkten Flugzeug Platz nahm, um sich in die Lüfte tragen zu lassen. Der etwa 10 kg schwere Fallschirm, System Vulkan, aus chinesischer Baumwolle hergestellt, befand sich in einem wasserdichten Sack, der im Innern des Flugzeugs befestigt wurde.

    In 700 m Höhe kletterte sie auf den Rand des Flugzeuges und sprang, unmittelbar darauf zeriss der Sack und kurze Zeit später wölbte sich der halbkugelförmige 10 m lange Fallschirm über der Springerin. Sanft schwebte sie der Erde entgegen, der seitliche Wind trieb sie jedoch in Richtung einer Kalksteingrube, und erschwerte ihre Landung. Gerade noch konnte sie auf einem Abhang vor der Fabrikmauer landen, wo ihr die eiligst herbeigeeilten und erstaunten Werkarbeiter halfen. Den Absprung am folgenden Tag führte sie, nicht von diesem Erlebnis beeindruckt, mit Freude aus und landete sicher. Soweit der erste Tatsachenbericht aus den Karlsruher Nachrichten.

    1926

    Annonce 1926 vom Flugtag in Leipzig

    Vom 13. bis 14. Juni 1926 wurden die „Udet-Flugtage“ in Leipzig-Mockau veranstaltet. Am zweiten Tag sprang die damals bekannte Chemnitzer Sport-Fallschirmspringerin über dem Flugplatz ab. Dieser Absprung wäre für sie fast tödlich verlaufen. Sie war immer gern in Mockau abgesprungen, der Flugplatz lag sehr günstig und fast immer wind- und nebelfrei. Außerdem war er aus der Luft gut erkennbar, wegen des großen, hellen Betonfundaments der ehemaligen Luftschiffhalle, in der früher das Luftschiff „Sachsen“ beheimatet war.

    Normalerweise flog sie immer mit Udet, dem ehemaligen Jagdfliegerass, Sportflieger und späteren Generaloberst der Luftwaffe. Udet hatte jedoch an seinem Flugzeug einen Motorschaden vom vorhergegangenen Flugtag. So startete sie mit dem Sportflieger Ingenieur Hempel. Während Udet sie immer aus 350 m Höhe absetzte, wählte Hempel sicherheitshalber eine Höhe von 600 m. Diese Maßnahme rettet ihr das Leben. Ihr Fallschirm öffnete sich nach dem Absprung nicht – Reserveschirme waren zu jener Zeit unüblich. Erst in 100 Metern Höhe konnte sie durch kräftiges Zerren den Schirm aus dem Verpackungssack ziehen, so dass sie noch ohne Verletzungen sicher landen konnte.

    Am 3. und 4. Juli weilte sie zu den Karlsruher Flugtagen zu Ihrem 14. und 15. Absprung. Flugzeugführer Tischner nahm sie am Samstag mit an Bord des Focke-Wulff-Flugzeuges „Rheintal“ und brachte Sie auf 800 m Höhe. Etwa nach etwa 200 m Fall öffnete sie ihren Fallschirm durch einen beherzten Griff an der Reißleine. Bange Sekunden für die Tausenden Zuschauer, eh man den Fallschirm sah und sie langsam zur Erde glitt. Sie landete etwas außerhalb des Geländes auf einer Waldlichtung, wurde aber sofort mit einem Auto abgeholt. Am Sonntag landete sie bei Ihrem 2.Sprung ruhig auf dem Flugplatz, wo sie erneut mit lebhaftesten Ovationen vom zahlreich erschienenen Publikum (etwa 12.000 – 15.000 Zuschauer) empfangen wurde.

    Vor mehr als 10.000 Zuschauern sprang sie am 8.August 1926 beim Großflugwerbetag auf dem provisorischen Flugplatz in Riesa und absolvierte ihren 18.Fallschirmsprung aus über 500 m Höhe.

    Man erkennt bereits das enorme Interesse, welches sie durch Ihre Fallschirmsprünge bei den Flugveranstaltungen entfachte.

    Nach ihrem 53. Sprung

    1927

    Die beim Flugtag auf dem Dresdner Heller am 14.Juli 1927 wartenden 40.000 Zuschauer mussten wegen böigem Wind und Nieselregen auf den Absprung von L.Schröter verzichten.

    Am 2. August 1927 führte die jugendliche Fallschirmpilotin Lola Schröter-Vorescou ihren 43.Fallschirmsprung unter atemloser Spannung der riesigen Zuschauermenge beim Flugsporttag in Kamenz aus. Sie landete glatt unmittelbar vor dem Publikum, lebhafter Beifall belohnte die Darbietungen.

    Bereits eine Woche später, am 9.8. führte sie den nächsten Sprung beim Flugtag in Döbeln aus, ebenfalls unter starker Beteiligung der Bevölkerung.

    1928

    Das Flugjahr beginnt bereits zeitig. Am Ostermontag, den 9.April, springt sie beim Kunstfliegertag in Berlin-Staaken aus einem Pelikan-Sportflugzeug ab. Strahlender Sonnenschein und ein leuchtender Himmel breiten sich über das Flugfeld aus, dem wiederum ein Massenbesuch beschieden war. Die erst 22jährige Dr.Lola Schröter-Vorescou unternimmt ihren 53.Fallschirmsprung.

    1929

    Groß-Flugtag in Chemnitz am 27.Mai in Chemnitz. Vor einer riesigen Zuschauerschaft findet auf dem Flugplatz an der Stollberger Straße der Flugtag statt. Neben Kunstflügen des französischen Meisters Doret fanden auch die gelungenen Flüge von Dr.Gullmann Bewunderung. Ohne Unfall verliefen die beiden Fallschirmsprünge von Schröder-Vorescou – Chemnitz und Frau Kröhl – Leipzig.

    Dresdner Großflugtag am 9.Juni 1929. Gemeinsam mit ihrer Dresdner Kollegin Erna Kröhl führt sie Fallschirmsprünge auf dem Heller durch. Sie landete bei ihrem 68. Absprung mitten auf dem Flugplatz, daß sie den Anprall im Stehen mit eine schönen Kniebeuge abfangen konnte.

    Am 26.August 1929 muß sie beim Flugtag in Limbach aus der Luft, wo sie sich ihrerseits auf den Absprung vorbereitete, den Todessturz ihrer Kollegin Erna Kröhl mit ansehen. Der Fallschirm hatte sich nach dem Absprung nicht geöffnet. Sie stürzte aus etwa 360 m in den Tod.

    Am 1.September war sie zum Flugtag in Plauen eingeladen, auf Grund des Vorfalls eine Woche zuvor, gab es wohl keinen Sprung.

    Dresdner Großflugtag am 8.September 1929 auf dem Dresdner Flughafen Heller vor 60.000 Zuschauern. Gemeinsam mit Fräulein Triebner – Hamburg wagte sie ihren 82.Absprung und landete erfreulicherweise glatt auf dem Flugplatz. Fast schien der starke Wind die mit Spannung erwarteten Fallschirmabsprünge unmöglich zu machen, aber nach 5 Uhr beruhigte er sich, daß beide noch springen konnten.

    Ein Rekord-Fallschirmsprung aus 2.600 m Höhe. Beim Herbstfliegen der Sächsischen Fliegerschule am 03.11.1929 auf dem Flugplatz  Leipzig-Mockau, bei dem auch der Altmeister im Kunstflug Ernst Udet seine Künste zeigte, führte die Fallschirmpilotin Lola Schröter-Vorescou aus der von Damen noch nie erreichten Höhe von etwa 2.600 m aus. Plombierte Instrumente kontrollierten den Absprung. Die Landung der kühnen Springerin erfolgte bei den Polizeikasernen in Möckern nach einem 5 ½ km weiten „Reiten“ durch die Wolkendecke. Die Landung war glatt. Der weite Weg erklärt sich durch das leichte Gewicht der Pilotin von nur 97 Pfund. Es war der 90.Absprung von Frau Schröter, die diesen Sport seit fünf Jahren mit großem Erfolg betreibt.

    1930

    Autogrammkarte von Lola Schröter

    Ausbildung zur Sportfliegerin. Sie beendete Ende März in Fürth in Bayern, bei der Nordbayerischen Sportflugschule und Werkschule der Bayerischen Flugzeugwerke ihre Ausbildung zur Sportfliegerin unter der Leitung des bekannten Hauptmann a.d Croneiß. Die Ausbildung war insofern sportlich bemerkenswert, als es die erste Neuschulung auf der bekannten BFW-Type Messerschmidt Nr.23 ist, der Siegermaschine im Europarundflug, die unter Fachleuten nur bedingt als zum Schulen angesehen wurde.

    Beim Flugsporttag am 11.Mai 1930 in Bautzen führt sie 2 gelungene Fallschirmabsprünge aus 350 bzw. 1.200 m Höhe aus.

    Am 1.Juni veranstaltete die Sächsische Flughafen-Betriebsgesellschaft anlässlich der Werbewoche des Deutschen Luftfahrtverbandes einen Flugtag. Auch die in Dresden schon bekannte Fallschirmspringerin Lola Schröter-Vorescou war wiedergekommen. Bei der Morgendarbietung hatte sie beim Sprung aus etwa 350 m Höhe ein wenig Pech. Infolge Windumschlages kam sie in das nach den Kasernen zu gelegene Wäldchen und setzte sich auf eine Kiefer, glücklicherweise ohne sich Schaden zuzufügen. Freilich, der Fallschirm hatte eins abbekommen, es mußten einige Bäume gefällt werden. Am Nachmittag vollzog sie aus rund 400 m Höhe dann ihren 100.Fallschirmabsprung glatt und ohne die geringste Störung umso bewundernswerter, als sie zum ersten Male aus einem Eindecker sprang der eine Fahrtgeschwindigkeit von 160 km hat. Sie benützte dazu einen ganz neuen Schirm, der bis zu 300 km zugelassen ist. Zurzeit schult sie bei Willy Stör, dem Meister des deutschen Kunstfluges aus München, dessen Loopings auch in Dresden besonderes Interesse erregten.

    Am 28.September veranstaltete man in Oederan einen Flugwerbetag, der einen gelungenen Verlauf nahm. Die Chemnitzer Fallschirmpilotin führte ihren 113.Sprung aus.

    Fortsetzung im 2. Teil der Chronik.

    (Quellen: Versch. Zeitungsberichte der Sächsischen Volkszeitung, Riesaer Tageblatt, Dresdner Nachrichten u.a. zu finden auf SLUB-Dresden.de, div. österreichische Tageszeitungen zu finden auf anno.onb.ac.at, diverse badische Zeitungen zu finden unter blb-karlsruhe.de)

    Besonderen Dank an das Stadtarchiv Karlsruhe für die Bereitstellung von Informationen.