Ein Jahrhundert Badespaß und Sportgeschichte: Das Sommerbad Chemnitz-Bernsdorf feiert Jubiläum. Dies ist die Fortsetzung des ersten Beitrags über die Ära Wikingbad.
Wiederaufbau und Betrieb zu DDR-Zeiten
Das Ende des Zweiten Weltkriegs brachte einen tiefen Einschnitt: Am 5. März 1945 wurde das Gastwirtschaftsgebäude bei Bombenangriffen vollständig zerstört und auch der Badebetrieb konnte aufgrund der Schäden nicht fortgesetzt werden. Am 17.12.1945 ordnete der Alliierte Kontrollrat, der zu dieser Zeit in Deutschland regierte, mit seiner Direktive Nr. 23 die Auflösung aller deutschen Turn- und Sportverbände und -vereine an. Der Schwimmverein Wiking war Legende.
Es war mühsam, die Freizeiteinrichtungen wiederzubeleben. Überall fehlte das Geld. Die Enttrümmerung und der Wiederaufbau bzw. Wohnungsbau hatten oberste Priorität. Erst 1953 erfolgte die Rekonstruktion der Anlage in Bernsdorf. Dabei wurde das Becken durch Trennwände in drei Bereiche unterteilt, die Startblöcke wurden erneuert und die Garderoben umgebaut. Seitdem stand sie der Chemnitzer Bevölkerung wieder zur Verfügung. Im Jahr 1976 wurden die Zwischenmauern im Becken wieder entfernt. In den 1980er Jahren erhielt das Sommerbad Bernsdorf, wie es seit den 1950er Jahren hieß, zahlreiche Auszeichnungen, darunter die Auszeichnung als „Vorbildliches Freibad im Bezirk Karl-Marx-Stadt“ (1981–1985).
Nach der Wende: Herausforderungen und bürgerschaftliches Engagement
1990 übernahm das Sportamt der Stadt Chemnitz den Betrieb und investierte fünf Jahre später knapp eine Million Mark in eine neue Wasseraufbereitungsanlage. Doch ab 2002 drohte dem Bad mehrfach die Schließung aus Kostengründen. Besonders kritisch wurde es 2010, als die Stadt das Bad nach der Saison schließen wollte, um jährlich 157.000 Euro einzusparen.
Doch Proteste und das unermüdliche Engagement der „Freunde des Freibades Bernsdorf“ verhinderten dies. Ein Modellprojekt wurde gestartet: Das Sportamt stellte Personal, während Freiwillige durch Spendensammlungen und Arbeitsstunden die Kosten senkten. Jörg Stingl, Förderkreis-Chef und Olympia-Schwimmer von 1980, betonte den unschätzbaren gesellschaftlichen Wert: „So ein Ort ist das Herzstück einer Stadt. Hier trifft man sich. Hier lernt man schwimmen – und fürs Leben.“ Sein Charme lag darin, „dass es kein übersaniertes Spaß- und Spielbad ist, … sondern es fokussiert bis heute auf Schwimmen, Sport und natürlich auch Sonnen und Chillen.“ Mit einem Streetball/Basketball-Platz, zwei Beachvolleyball-Feldern, Großschach, Tischtennisplatten und den 100 m-Bahnen bot es eine einzigartige Kombination.
Das Bernsdorfer Bad wurde am 27. August 2019 geschlossen, nachdem es in diesem Jahr noch einmal 25.200 Gäste empfangen hatte.
Ein moderner Schwimmsportkomplex entsteht
Im Juli 2020 begann schließlich ein neues, zukunftsweisendes Kapitel: Der Bau eines neuen Schwimmsportkomplexes auf dem traditionsreichen Gelände. Bis Ende 2022 sollte für 21,6 Millionen Euro ein modernes Bad entstehen, das Hallen- und Freibad kombiniert und ganzjährigen Badespaß ermöglicht. Geplant wurden ein 25-Meter-Becken, ein Sprungbereich mit Drei-Meter-Turm, ein Lehrschwimmbecken und ein Kinderplanschbecken im Innenbereich. Diese Anlage soll sowohl dem Schulschwimmen als auch öffentlichen Kursen und dem Freizeitvergnügen dienen. Bürgermeister Ralph Burghart unterstrich damals die Notwendigkeit: „Eine Großstadt wie Chemnitz braucht eine solche Einrichtung.“ Wie bekannt, hat sich die Fertigstellung der Schwimmhalle aus verschiedenen Gründen bis in dieses Jahr hineingezogen.
Die Bauarbeiten im Außenbereich dauern noch an: Ende Februar 2024 hat die Baumaßnahme zur Sanierung des Freibadbereiches im Bernsdorfer Bad begonnen. Die Maßnahme umfasst den Neubau eines 50-Meter-Schwimmbeckens sowie eines Mehrzweckbeckens mit Wellenrutsche. Weiterhin werden die Bestandsgebäude überarbeitet und ein neuer Funktionsbau für Toiletten und Umkleiden entsteht. Im Oktober 2024 wurde das 50-Meter-Außenbecken fertiggestellt, die Arbeiten am Freizeitbecken begannen, im Februar 2025 waren die neuen Edelstahl-Schwimmbecken eingebaut und auch die Wiederherstellungsarbeiten der Außenanlagen wurden in Angriff genommen. Derzeit laufen die Pflasterarbeiten und die ersten neuen Beete werden bepflanzt. Ebenso hat das Anlegen der Rasenflächen begonnen. Noch bis zum Sommer 2025 sollen die Arbeiten laufen. Wir sind gespannt auf die Eröffnung.
Ein Erbe, das lebt
Das Sommerbad Bernsdorf, hervorgegangen aus dem visionären Wikingbad, ist mehr als nur eine Badeanstalt. Es ist ein Ort der Begegnung, der Gesundheit, des Sports und unzähliger persönlicher Erinnerungen. Zum 100-jährigen Jubiläum blickt Chemnitz stolz auf eine Institution, die sich immer wieder neu erfunden hat und nun mit einem modernen Konzept in ihr zweites Jahrhundert startet – ein lebendiges Denkmal der Chemnitzer Sport- und Freizeitkultur.
Drohnenaufnahmen zur Umgebung finden Sie auch in meinem Beitrag „Bernsdorf von oben“.
(Quellen u.a.: verschiedene Ausschnitte sächsischer Tageszeitungen zu finden unter SLUB-Dresden.de; Artikel aus der Freien Presse Chemnitz; Aufnahmen aus der Sammlung Chemnitzer Hobbyhistoriker; eigene Aufnahmen; Webseite der Stadt Chemnitz zu den Baumaßnahmen)