Heute möchte ich mit diesem Beitrag, anläßlich des 110. Jahrestages der Enthüllung auf der Schloßteichinsel am 6. Mai 1913, an den Müller-Zipper-Brunnen erinnern und dessen Geschichte vorstellen.
Der in den Anlagen der Schloßteichinsel errichtete Brunnen, oft auch Zipper-Müllerbrunnen auf alten Ansichten genannt, wurde zu Ehren des Bürgermeisters Johann Friedrich Müller, der zwischen 1848 und 1878 die hiesige Stadt leitete, errichtet. Er verstand es, die städtischen Kollegen zu bewegen, daß sie 1860 den Schloßteich, den ein Grundstücksspekulant anzukaufen, trocken zu legen und landwirtschaftlichen Zwecken nutzbar zu machen beabsichtigte, erwarben. Ebenso sollte damit das Wirken des Stadtrates Carl Robert Zipper, der bereits 1864-69 die Grundzüge der heutigen Schloßteichpromenade und einer Parkanlage geschaffen hatte, gewürdigt werden. Über die Geschichte dazu können Sie sich im Beitrag zur Entstehung der Schloßteichanlagen informieren.
Auf Anregung des Bezirksvereins Schloßchemnitz wurde ein Fonds hierfür gesammelt, die Stadt sicherte 5.000 Mark Beihilfe auf die zu erwartende Gesamtsumme von 8.000 Mark zu. Die Ausführung des Denkmals erfolgte in natürlichem Muschelkalkstein durch den Schöpfer des Entwurfs mit dem Titel „Base oder Brunnen“, Bildhauer Bruno Spieß in Chemnitz. Das Denkmal stellt die Entstehung der Schloßteichanlagen sinnbildlich dar. Drei Nymphen (Najaden) und ein Triton heben aus dem Wasser eine mächtige Schale heraus, die, mit Blumen und Pflanzen geschmückt, die Insel darstellt. Vom oberen Rand der Schale floss das Wasser, symbolisch das bei der großen Umgestaltung der Teichanlagen von den aufgeworfenen Schlammmassen ablaufende Wasser darstellend, gleichmäßig in ein breites flaches Becken von 6 Meter Durchmesser.
Im Laufe des Sommers 1912 errichtete der Bezirksverein mit Genehmigung der städtischen Kollegien auf der Insel zwischen dem Hauptweg und der ehemaligen Teichrosenbucht den Brunnen.
Schließlich an diesem 1. Maiwochenende des Jahres 1913 erfolgte in Anwesenheit von Vertretern von verschiedenen Behörden die feierliche Enthüllung. Im Beisein von Verwandten der Geehrten, Frau Krauße geb. Müller und Frau Blencke geb. Zipper sprach Oberlehrer Horn die Festrede: „So ist es denn durch jene beiden weitschauenden, willensstarken, opfermutigen, nur auf das Gemeinwohl bedacht gewesenen Männer diese herrlichste unter allen Anlagen entstanden, eine Schöpfung, an der sich – nach Zippers eigene Worten – unsere Nachkommen hoffentlich auf Jahrhunderte hinaus erfreuen werden.“ Daraufhin übergab der Vorsitzende des Bezirksvereins Jachmann das Denkmal dem Rate der Stadt. Oberbürgermeister Dr. Sturm übernahm es zum Schutz und Schirm der Stadt als ein Zeichen des Gemeinsinns und der Dankbarkeit ihrer Bürger.
Von der städtischen Gärtnerei mit immergrünen Pflanzen geschmückt und einer schöner Blumenrabatte umrahmt, war die Brunnenanlage ein wirkliche Sehenswürdigkeit im Schloßteichareal.
Über Jahrzehnte führte der Brunnen ein Schattendasein auf der Schloßteichinsel. Erst die Renaturierung des Ufers 2002 brachte auch die längst fällige Restaurierung des Brunnens bis 2003. Wie wir sehen war es nur ein Versuch, die Schönheit zu erhalten.
Er gilt als der älteste aktive Brunnen und ist einer der Wenigen in Chemnitz – von einstmals über 70 öffentlichen Wasserspielen der Stadt – die noch erhalten geblieben sind. Seit 19. April ist er wieder täglich von 11-18 Uhr in Betrieb, doch durch seine altersbedingte Kränklichkeit hat er gelegentlich Aussetzer, sprich er stellt seine Funktion ein. Hoffen wir, daß er sich davon erholt und noch lange sprudeln wird.
Den bedauernswerten Zustand kann sich jeder heute selbst veranschaulichen. Der einstmals als Zierde und Schmuck angelegte Brunnen fristet seit Jahren ein jämmerliches Dasein. Die Rabatte wurde entfernt, die Umgebung ist oft verschmutzt, weil Mülleimer fehlen, der Brunnen beschmiert und beschädigt. Kein Hinweisschild, kein Verweis zur Entstehung. So laufen Gäste und auch Chemnitzer desinteressiert vorbei, da die Geschichte nicht veranschaulicht wird und das Areal nicht zum Verweilen einlädt.
Vielleicht ist diese Erinnerung wieder mal ein Denkanstoß, sich mehr um die Zustandserhaltung des Brunnens, auch für die in dessen Umgebung liegenden Anlagen, zu kümmern. Mit dem danebenliegenden Spielplatz wird derzeit ein Anfang gemacht.
(Quellen u.a.: Türmer von Chemnitz 1935 zur Geschichte der Schloßteichanlagen, Verwaltungsbericht der Stadt Chemnitz 1913, versch. Zeitungsausschnitte zu finden unter SLUB-Dresden.de)
Im Anschluß noch eigene Aufnahmen vom 2. Mai 2023 – wenigstens eine Hinweistafel würde dem Brunnen wieder gut tun