Mit Beginn der zunehmenden Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts breitete sich die Stadt Chemnitz immer mehr aus. In westlicher und nordwestlicher Richtung entstanden zuerst Fabriken. die die Zuwanderung ins Stadtgebiet förderten. Auf dem vorderen Kaßberg waren die ersten Straßen abgesteckt, wie der Stadtplanausschnitt von 1874 zeigt.
Der Rest zwischen der Zwickauer Straße, Altendorf und der Leipziger Straße zeigte sich noch gänzlich unbebaut. Noch gab es in Chemnitz keinen Wohnungsnotstand, doch auf Grund der Bevölkerungsentwicklung waren die Mietpreise in Chemnitz Anfang der 1870er Jahre bereits um ca. 15 – 20% gestiegen. Um den Bau geeigneter Wohnungen voranzutreiben, bemühten sich neben vielen Privateigentümern, Vereinen auch neu gegründete Gesellschaften, die bezahlbaren gesunden Wohnraum für einkommensschwache Mieter schaffen wollten.
Am 2. Oktober 1872 konstituierte sich ein Aktienverein unter dem Namen der „Chemnitzer Bau-Gesellschaft“ mit dem Ziel, vorrangig den Bedürfnissen der mittleren Klassen gerecht zu werden. Bereits am 14. November 1872 waren 50% auf die vorgesehenen 2500 Aktien à 200 Thaler eingezahlt worden. Vom Verein wurde daraufhin ein Areal von ca. 1 Mill. Quadratellen (ca. 332.000 m²) rechts der Zwickauer Straße und ca. 500.000 Quadratellen (ca. 166.000 m²) zwischen der Annaberger Straße und dem Reichenhainer Weg erworben.
Der milde Winter 1872/73 hatte es erlaubt, besonders auf dem Terrain der Zwickauer Straße, daß sich in nordwestlicher Richtung bis zur Flurgrenze Altendorf erstreckte, eine bedeutende Strecke Straße zu erbauen, die es wiederum ermöglichte, im Frühjahr 1873 eine Reihe von Arealverkäufen zu tätigen. Deren Erlös gestattete die Errichtung einer Ziegelei und weiterer Straßenbauten, die Ahorn- und Kastanienstraße entstanden. Erste Neubauten folgten noch 1873 an der Kaiser- und Kastanienstraße. Damit hatte die Urbanisierung des südlichen Kaßbergs begonnen. Noch sah der erste Bebauungsplan einen zentralen Platz auf dem Kaßberg vor (Planausschnitt 1874), von dem die zukünftigen Straßen mit weiteren Plätzen abzweigen sollten. Einer davon sollte an der Stelle des heutigen „Gerhart-Hauptmann-Platzes“ entstehen, an der bereits abgesteckten Kaiserstraße entstehen, auf dem Areal der Bau-Gesellschaft.
Doch der weitere Kapitalfluss des Aktienvereines stockte. Das ursprüngliche Aktienkapital von 1.500.000 Mark wurde durch Kaduzierung nicht vollgezahlter Aktien, teils durch Inzahlungnahme von Aktien bei Arealverkäufen, auf den Betrag von 483.000 Mark im Jahre 1886 reduziert. Die gewünschten Grundstücksverkäufe konnten nicht wie geplant und gehofft durchgeführt werden. Eine notwendige Verbindungstraße über den Kaßberg fehlte, erst 1885 wurde von den städtischen Kollegien der Bau beschlossen. Diese förderte auch die Aufmerksamkeit der Bauenden und weitere Abschlüsse konnte die Gesellschaft ab 1886 tätigen. 10.000 m² Grundstück wurden bis 1887 verkauft. Man forcierte nun auch die Werbung in Tageszeitungen.
Erst 1889 wurde, durch die zur Verfügung stehenden größeren Geldmittel der Baugesellschaft, die Fortführung der Kaiserstraße bis zur Weststraße begonnen und die Umführung des noch namenlosen Platzes mit den ordnungsgemäßen Straßen in Angriff genommen. Diese Weiterführung der Kaiserstraße bis zur sogenannten Leipziger Vorstadt sollte einen regen Durchgangsverkehr ermöglichen.
Am 25. September 1890 erhielt dann dieser Platz den Namen „Kaiserplatz“ und die von diesem Platz nördlich laufende und gegenüber der Beyerstraße auf die Limbacher Straße mündende Straße die Bezeichnung Kaiserstraße. Der Schleusenbau rings um den Platz schritt zügig voran. Noch am Ende des Jahres 1890 wurde der Kaiserplatz auf über 136.000 Mark taxiert und mit der Stadt Chemnitz ein Vertrag zur Abzahlung abgeschlossen.
Dieser sah die schrittweise Übernahme des Platzes durch die Stadt mit einer jährlichen Abzahlungsrate in Höhe von 6.500 Mark vor. Anfang April 1891 beschloss der Aufsichtsrat der Bau-Gesellschaft die sofortige Planierung und gärtnerische Gestaltung des Kaiserplatzes. Stadtgärtner Otto Werner hatte dazu den Entwurf erarbeitet. 22.200 Mark wurden im Jahr 1891 für die Kaiserplatzanlagen ausgegeben, wie die Bilanz der Baugesellschaft zum Jahresende zeigt. Gleichzeitig entstanden die ersten 5 Neubauten um den Platz (Nr. 10-12 und 17/18). Von der Forderungen des ursprünglichen Bebauungsplanes für den Kaßberg nach Vorgärten an den Häusern im Süden, Westen und Norden des Platzes nahm man nach Ratssitzungen im Sommer 1891 Abstand. Bis Ende 1893 waren 10 der insgesamt 19 Häuser fertiggestellt und vermietet, 5 weitere waren im Bau.
Zur Volkszählung am 2. Dezember 1895 wohnten bereits 639 Einwohner rund um den Kaiserplatz. Ende 1896 war die Bebauung und Begrünung abgeschlossen. Bis 1897 tauchen die Ausgaben für die Anlagen jeweils in Höhe von über 22.600 Mark in den Berichten der Gesellschaft auf.
1898 folgte laut Generalversammlungsbeschluss vom 14. April die Auflösung der Aktiengesellschaft und der Gang in die Liquidation. Man genehmigte die Veräußerung der Hauptwertobjekte, unter anderem den Kaiserplatz und die drei der Gesellschaft gehörenden Wohngebäude. Noch zum Jahresende 1899 taucht der Kaiserplatz mit einem Verkehrswert von über 93.000 Mark in der Bilanz der Gesellschaft auf. Erst im Jahre 1900 geht er in städtischen Besitz über.
Um den nun mittlerweile schmucken und gut frequentierten Platz aufzuwerten, wurde 1897 der Vorschlag unterbreitet, ein Denkmal für Kaiser Friedrich III. zu errichten. Der westliche bürgerliche Bezirksverein Chemnitz hatte aus Mitteln der Mitglieder einen Denkmalsfond von 5.000 Mark angesammelt. Die Umsetzung blieb aber aus.
1899 wurde vom Stadtrat die Aufstellung einer Bedürfnisanstalt an der südöstlichen Ecke genehmigt. Zur nächsten Volkszählung am 1. Dezember 1900 waren insgesamt 673 Bewohner am Kaiserplatz registriert. Chemnitz hatte in diesem Jahr erstmals die 200.000 Einwohner-Marke überschritten.
Anfang des neuen Jahrhunderts hatte sich die 1,6 ha große und von West nach Ost 10 Meter abfallende Anlage bereits zu einer Zierde des Kaßbergs entwickelt. 1910 wurde der Gedanke einer Platzverschönerung noch einmal aufgegriffen. Idee war jetzt, eine monumentale Brunnenanlage mit dem Reliefbild des Kaisers Friedrich III. zu planen. Auch Anfang 1914 liest man noch einmal von der geplanten Aufstellung eines Gedenkbrunnens an der nordwestlichen Ecke. Wohl kriegsbedingt nahm man auch davon Abstand.
Ende 1922 wurde dann, trotz schwerwiegender wirtschaftlicher Bedenken, vom Stadtverordnetenkollegium die Umbenennung des Kaiserplatzes in „Gerhart-Hauptmann-Platz“ zum 1. Januar 1923 beschlossen. Alle auf die Monarchie zurückzuführenden Straßen und Plätze wurden in diesem Zuge umbenannt, so erhielt auch der Königsplatz den Namen Theaterplatz.
Im März 1933 wurde in einer Stadtratssitzung an Hindenburg und Hitler vom Rat der Stadt die Verleihung der Ehrenbürgerschaft beschlossen. Ebenso stimmte man Straßenumbenennungen zu, u.a. die Abänderung des Kaiserplatzes in „Hindenburg-Platz“.
Während des 2. Weltkrieges wurde ein Löschwasserteich auf dem Platz angelegt. Doch er half nicht, die unglaublichen Zerstörungen der Bombenangriffe im Frühjahr 1945 einzudämmen. Wenige Gebäude rund um Platz blieben verschont, nur noch die Gebäude Gerhart-Hauptmann-Platz 1 und 10 blieben stehen. Den Namen des Dichters hatte der Platz noch 1945 zurückerhalten.
Ungeachtet der Bedenken des damaligen Gartenoberinspektors Seifert wurden nach Kriegsende Bestrebungen einiger Respektloser Wirklichkeit, den Teich zu verfüllen und den Platz für Schuttablagerungen zu nutzen. Eine Trümmerbahn brachte dann die Schuttmassen über die heutige Puschkinstraße Richtung Westkampfbahn. 1952 wurde auf Anregung von Anwohnern ein Kinderspielplatz eingerichtet. Vorstellungen aus dem Jahre 1954 für eine Neugestaltung des Platzes sahen die Errichtung einer Gaststätte vor, wurden jedoch nicht verwirklicht. Das Rodeln im Winter war seit 1955 wieder offiziell erlaubt. 1957 wurde ein Gedenkstein für Gerhart Hauptmann enthüllt.
Zur Beseitigung der Kriegsschäden an der Wohnbebauung wurden in den Nachkriegsjahren sogenannte Arbeiter-Wohnungsbau-Genossenschaften (AWG) von Arbeitern Chemnitzer Großbetriebe gegründet. Die 1954 gegründete AWG „Solidarität“ bekam 1955 vom Rat der Stadt das Gelände um den Gerhart-Hauptmann-Platz zugewiesen. Im August des Jahres 1955 fand der erste Spatenstich zur Neubebauung statt, noch mit primitivsten Mitteln begann das Enttrümmern und Freilegen der Baugruben. Mitglieder der Genossenschaft mussten eine Anzahl von Stunden zum Gemeinschaftswerk einbringen. Nach diesem Kriterium erfolge dann u.a. die Wohnungsvergabe. Zwischen 1956-1960 wurde der befristeten Aufstellung von Bauarbeiterunterkünften auf dem Platz zugestimmt. Die ersten Häuser wurden nach den Planungen der Genossenschaft und den Mieterwünschen mit teils individuelle Grundrissen gebaut. Als man Ende der 50er Jahre zur Steigerung der Produktivität in die Großblockbauweise überging, entstanden fast nur noch Zwei- und Zweieinhalbzimmerwohnungen.
Ab Mitte der 90er Jahre erfolgte dann durch den Rechtsnachfolger „Chemnitzer Siedlungsgemeinschaft eG“ eine grundlegende Modernisierung des Bestandes der ehemaligen AWG rings um den Platz. Zudem entstand ein neuer Kinderspielplatz.
Aufnahmen des heutigen Platzes können Sie sich in meinem Beitrag zum Gerhart-Hauptmann-Platz anschauen.
(Quellen u.a.: Zeitungsartikel versch. sächs. Tageszeitungen, zu finden unter SLUB-Dresden.de; Berichte der Chemnitzer Bau-Gesellschaft im Reichsanzeiger, zu finden unter Uni-Mannheim.de; Artikel im Wochenspiegel 1993 zum Gerhart-Hauptmann-Platz; Buch „Faszination Kaßberg“ vom Verlag Heimatland Sachsen; Ausgabe des Chemnitzer Rolands Heft 2/2004; Buch „10 Jahre volkseigenes Entwurfsbüro“ K-M-St. 1960, Bilder aus der Sammlung Chemnitzer Hobbyhistoriker)