Sie war die Einkaufsmeile der Chemnitzer, Geschäft an Geschäft reihte sich vom Johannisplatz bis zum Theaterplatz aneinander. Die Königsstraße – in ihrem Verlauf fast identisch mit der heutigen Straße der Nationen.
Bis 1945 standen an der Ecke zur Brückenstraße 4 große Modehäuser, die leider dem Bombenangriffen 1945 zum Opfer fielen. Sie prägten mit Ihren mächtigen teilweise reichverzierten Fassaden über Jahrzehnte die repräsentative Königsstraße. Das
Bekleidungshaus Königsfeld & Co.
war eines davon, das ich in diesem Artikel vorstellen möchte.
Im Jahre 1881 ließen Oskar Königsfeld und Richard Abraham die Firma Königsfeld & Co. – Confektions- und Manufacturwarenhandlung – unter der Nummer 2328 ins Handelsregister der Stadt Chemnitz eintragen. Der erste Firmensitz war damals Moritzstraße 19, das erste Geschäftslokal wurde am 17.September 1881 auf dem Holzmarkt Nr.10 eröffnet. Bereits 1884 verlegten Sie Ihren Firmensitz auf die Weststraße 1 und eröffneten am 5.Oktober neben dem Geschäftslokal am Holzmarkt ein zweites Konfektionshaus am Johannisplatz 8, das aber schon nach kurzer Zeit wieder geschlossen wurde. Ab 1.April 1889 zogen die beiden Geschäftsgründer in die Kassbergstraße 20. Salo Königsfeld aus Barmen wurde zum Prokuristen der Firma am Holzmarkt bestellt.
Noch im selben Jahr, am 12.November 1889, wurden in der Brückenstraße 28, Ecke zur Königstraße, die neuen elegant eingerichteten Geschäftslokalitäten eröffnet. Die alten Häuser waren einem mehrstöckigem prachtvollen Gebäude gewichen, in den beiden unteren Etagen wurden die neuen Verkaufsräume eingerichtet. Zu einer Feier trafen sich Arbeitgeber und Angestellte im Handwerker-Vereinshaus. Diese Gesellschaft stand auch im öffentlichen Interesse.
„Zahlreich waren die Theilnehmer an der geschickt arrangierten Festlichkeit erschienen. Die anwesenden Damen erregten durch außergewöhnliche Eleganz gerechte Bewunderung; in allen Färbungen vom zartesten Weiß und duftigsten Rosa bis zum düsteren Schwarz prangten – ein prächtiges Bild bietend – die Toiletten der Damen. Bis gegen Mitternacht vergnügten sich die Anwesenden beim Tanz …. In verschiedenen Toasten wurden die Inhaber sowie das Personal gefeiert …. Erst gegen Morgen erreichte die Festlichkeit ihr Ende, die jedem Teilnehmer noch recht lange in angenehmer Erinnerung bleiben wird.“
Diese gesellige Zusammenkunft sollte von nun an ein jährliches Ritual im Geschäftsleben der Firma werden. Ein freier Meinungsaustausch zwischen Chef und Personal sollte ermöglicht werden, auch sollte die Gelegenheit gegeben werden, im Geschäftsbetrieb manchmal nicht ausbleibende Dissonanzen auszugleichen. Dies war in der damals noch sehr despotischen Geschäftswelt eine Seltenheit.
Im Jahre 1899 bezog man zusätzliche Geschäftsräume im Nachbargebäude Königstraße 18 und feierte dies mit einer großen Neueröffnung und Gratisgaben am 16.September.
An der Königstraße wurden weitere Modehäuser wie Schellenberger, Schlesinger und Diedrich errichtet. Sie entwickelte sich zu einer Hauptgeschäftsstraße weiter. Nachdem Oscar Königsfeld im Herbst 1913 aus der offenen Handelsgesellschaft ausgeschieden war, übernahm Richard Abraham die alleinige Leitung des Hauses. Im Herbst 1921 traten die Söhne Oskar und Theodor Abraham als Gesellschafter in das nunmehrige Familiengeschäft ein.
1926 wurden die Gebäude zwischen Brückenstraße und Teichstraße, die Grundstücke inzwischen im Besitz der geschäftstüchtigen jüdischen Familie, abgebrochen. In nur 6 Monaten wurde ein neuer Geschäftsbau nach Plänen des jüdischen Architekten Bruno Kalitzki errichtet und den neuen Bedürfnissen entsprechend ausgestattet. Postalisch ab jetzt als Königstraße 16-20. Mit dem Slogan „Ein Modehaus für alle“ warb man an der Längsseite des Gebäudes zur Königsstraße. 1928 erfolgte ein nochmaliger Umbau, am 15.November wurde die Geschäftserweiterung eröffnet.
Die NS-Machtergreifung im Jahre 1933 hatte auch Folgen für den Fortbestand des Modehauses. In der Reichsprogromnacht am 9./10. November 1938 wurden die Fensterscheiben der Verkaufsräume des Kaufhauses eingeschlagen. Um die Firma zu erhalten, beschlossen die Brüder, sie dem bisherigen Prokuristen, einem christlichen Verwandten, zu überschreiben. Das Modehaus führte daher ab Juli 1941 den Namen Daners & Co. KG.
1945 ein abruptes Ende und die Zerstörung des Gebäudes. Nach Kriegsende beantragten die Brüder Oskar und Theodor Abraham sofort die Rückbenennung des Geschäftes in Königsfeld & Co., was im November 1945 vom zuständigen Amtsgericht genehmigt wurde.
1947 wagte die Firma einen Neuanfang in den Gebäuden des ehemaligen Admiralpalastes in der Gartenstraße 6. Mit viel Einsatz hatten die Geschäftsleute ihre Läden und Kaufhäuser wieder hergerichtet, bis die Gartenstraße der sozialistischen Planung zur Neugestaltung des Stadtzentrums zum Opfer viel. Als Bekleidungshaus Königsfeld & Co. existierte die Firma dann noch bis 1983 auf der Mühlenstraße 34-36 gegenüber dem Stadtbad.
Auf den ehemaligen Grundmauern des Gebäudes an der Königsstraße wurde zur Versorgung der Bevölkerung nach dem 2. Weltkrieg ein Provisorium errichtet, das nach nur kurzer Zeit dem Wohnungsbauprogramm entlang der neuen Straße der Nationen weichen musste.
(Quellen. Diverse Ausgaben Sächsicher Landesanzeiger für Chemnitz 1889-92; Adressbücher der Satdt Chemnitz – zu finden unter SLUB-Dresden.de; Bücher: Deuschlands Städtebau Chemnitz – 1923; „Chemnitz und Karl-Marx-Stadt und zurück“ von Uwe Fiedler; „Juden im Wirtschaftsleben der Stadt Chemnitz von Jürgen Nitzsche“ Bilder eigene Sammlung u. Sammlung Sylvia Baum)