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Kaufhaus Schlesinger und Central-Hotel

    So wie die anderen bereits betrachteten Mode- und Textilkaufhäuser wie Königsfeld und Schellenberger hatte das prächtige große Haus von Robert Schlesinger seine Grundlage in den vorher bereits gut laufenden Geschäften.

    Die Fam. Schlesinger begann ihre geschäftlichen Aktivitäten in Chemnitz bereits 1883 auf der Königstraße Nr.3. Am 29. August eröffnete Richard Schlesinger ein Manufactur- Modewaaren-, Seidenband- und Spitzengeschäft und warb mit „Reelität und Billigkeit bei guten und modernen Waren. Abgegeben wurde nur der ganze Meter, die Besichtigung der enormen Waarenläger auch ohne Kaufabsicht, war bereitwilligst gestattet.“

    Mit der Umnummerierung der Königstraße 1885 wurde aus dem Haus jetzt Königstraße 8. Alles was man an Textilien und Konfektion brauchte, wie Jacken und Mäntel, aber auch eine große Auswahl an feinsten Stoffen konnte man in diesem Etablissement finden.

    Gleich gegenüber, an der Ecke zur Brückenstraße, wurden ab 1887 die alten Gebäude abgerissen. Der Eigentümer, Herr E.R. Schumann, seines Zeichens Kohlenhändler, baute ein L-förmiges großes 4-stöckiges Geschäftshaus. Während der nach der Königstraße gerichtete Teil des großen Eckbaues der Fa. Schlesinger als Geschäfts- und Warenhaus größten Stils ab 1889 diente, wurde der zur Brückenstraße gelegene mächtige Teil zu einem der Neuzeit entsprechenden Hotel mit allem Comfort, das den Namen „Central-Hotel“ erhielt, ausgebaut. Dieser wurde von Schankwirt Julius Küttner am 30. August 1890 eröffnet. Besonderheit war die im 1. Stock vorgebaute mit einer Rotunde versehene Terrasse, die angenehmen Aufenthalt mit Blick auf die beiden Hauptstraßen gewährte.

    Das Kaufhaus von Rudolf Richard Schlesinger hatte ab sofort die Geschäftsadresse Königstraße 11, während das Hotel die postalische Adresse Brückenstraße 25 führte. Schlesingers ehemaliges Geschäft in der Königstraße 8 wich 1898 dem Geschäftsneubau der Allgemeinen Zeitung.

    1906 wurde Aug. Claus Ferdinand Scholvin (manchmal auch Scholwin geschrieben) Inhaber der Firma. Richard Schlesinger zog sich mehr und mehr in den Hintergrund zurück und verlegte seinen Wohnsitz nach Berlin-Wilmersdorf. 1908 ging das Haus in den Besitz von R. Schlesinger über, 1909 wurde er auch noch Eigentümer des anderen Gebäudeteils auf der Brückenstraße. Es gelang der Firma, durch völlige Neuorganisation des Geschäftsbetriebes, den alten Ruf zu bewahren und einen wachsenden Kundenkreis zu gewinnen.

    Das Hotel Central schloß 1912 seine Türen. Schlesinger lies das Haus anschließend umbauen und vergrößerte damit die Geschäftsfläche. Die unter der ehemaligen Terrasse liegenden Geschäftsräume erhielten so auch Oberlichter.

    Nach dem 1. Weltkrieg (um 1919) wurde Scholvin (übrigens auch Mitglied der Loge zur Harmonie) Hauseigentümer, wie wir es im Adressbuch noch bis zur Zerstörung 1945 finden können. Das in jüdischen Besitz befindliche Haus, 1933 von Repressalien nicht verschont, muss vorübergehend schließen. Ein Versuch, die „Gera“ Kleinpreis-Kaufhaus G.m.b.H. zu etablieren, scheiterte. Unter der Bezeichnung Scholvin & Co G.m.b.H Textilkaufhaus wurde das Warenhaus 1934 weiterbetrieben, ehe es 1936 von der „Deutsches Familien-Kaufhaus GmbH“, kurz DEFAKA übernommen wurde. Die Gesellschaft betrieb in ganz Deutschland 1939 21 Warenhäuser. Hinter ihr stand auch ein in die USA 1932 emigrierter jüdischer Geschäftsmann.

    Das Geschäftshaus wurde stetig modernisiert, größere Schaufensterflächen entstanden im 1. Obergeschoß, die Dachgauben entfielen. Das Gebäude, wie die letzte verbliebene Ansicht zeigt, fiel im März 1945 den Bomben zum Opfer. Der Platz wurde nie wieder bebaut, während der Modernisierung des Stadtzentrums ab Anfang der 60er Jahre waren hier Bauarbeiter in Baracken untergebracht, der Park entstand nach der Fertigstellung der Stadthalle. Und heute: 2017 gab es Planungen, die Fläche am jetzigen Stadthallenpark zu bebauen. Dies wurden glücklicherweise ad acta gelegt. Hoffen wir, daß die Verantwortlichen diese letzte grüne Oase nicht dem Vermarktungswahn analog städtischer Freiflächen opfern.

    (Quellen: Festschrift zur Einweihung des neuen Rathauses Chemnitz 1911, Adressbücher der Stadt Chemnitz, div. Ausgaben des Sächs. Landesanzeiger zu finden unter SLUB-Dresden.de