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Die Autobahn um Chemnitz

    Mit dem Anschluß der Chemnitzer Gegend an das Reichsautobahnnetz wurde in den 30er Jahren des letztens Jahrhunderts ein großer Teil des dichtbesiedelsten und wirtschaftlich wichtigsten Gebietes des Sachsenlandes an die Hauptverkehrsader in Ost-West-Richtung angebunden. Die Strecke Breslau-Görlitz-Dresden Weimar-Frankfurt weiterführend bis zum Saarland stellte einen wichtigen Teil des geplanten 6.900 km langen Streckennetzes im damaligen Deutschen Reich dar.

    Ausführlich wurde darüber bereits recherchiert und publiziert, ich möchte kurz auf den Chemnitzer Abschnitt eingehen, den Baufortschritt und die Übergabe des betreffenden Teilstücks der Strecke Dresden-Meerane.

    Im November 1933 wurden die Vorplanungen zum Streckenabschnitt Dresden – Chemnitz – Meerane der Planungsgesellschaft übergeben. Bereits am 21. März 1934 erfolgte bei Dresden-Neustadt der erste Spatenstich des Streckenabschnittes. Der Generalinspektor Fritz Todt entschied im Juni 1934 über die endgültige Streckenführung, sprach sich damit auch für den Bau der Autobahnbrücke bei Siebenlehn, der damals größten in Deutschland, aus.

    Weiter im Verlauf wurden weitere kleine und mittlere Städte an den neuen Durchgangsverkehrsweg angeschlossen, nennen wir hier Frankenberg und Hainichen, ehe auf nordöstlicher Flur das Chemnitzer Stadtgebiet bei Glösa erreicht wurde.

    Gut zu erkennen die mit Teerbeton ausgeführte Strecke Richtung Meerane gesehen

    Zwischen Juni 1935 und September 1936 wurde dort die 274 m lange und 24 m breite Chemnitztalbrücke in Stahlvollwandkonstruktion errichtet. Auf Röhrsdorfer Flur an der Leipziger Straße entstand die Anschlußstelle Chemnitz–Nord mit einer Autobahntankstelle (1937 begonnen, Ende März 1938 fertigstellt). Dort stand auch die zentrale Mischanlage für die zwischen Chemnitz-Borna und –Rabenstein erstmals aufgebrachte Teerbetondecke. Damit konnten die Wege zu den Deckenbauabschnitten, die gleichzeitig zur Straßenbauforschung dienten, kurz gehalten werden. Beidseitig wurden jeweils 5,4 km mit dem neuartigen Baustoff versehen.

    Weiter ging die Streckenführung Richtung Rabensteiner Wald, wo bereits 1937 der Rastplatz am Totenstein angelegt wird, noch unbefestigt. Davor finden wir auch die aus der bekannten Ansicht erkennbare Stahlbetonbrücke mit Natursteinverkleidung.

    Am 25. Juni 1936 wurde die Reichsautobahnstrecke zwischen Oberlichtenau und Hohenstein-Ernstthal für den Verkehr freigegeben, offiziell jedoch erst am 27. September 1936 durch Wirtschaftsminister Lenk eröffnet. Im Zuge der Verbindung von Dresden nach Chemnitz wurde am 8. Mai 1937 die 24 km lange Teilstrecke von Nossen/Siebenlehn bis Frankenberg mit dem Gauleiter für Sachsen, Mutschmann, nach nur 2 ½ jähriger Bauzeit feierlich eröffnet. Im Sommer 1937 waren bereits 100 km der insgesamt 400km geplanten Strecken auf sächsischen Terrain in Betrieb, 90 km waren im Bau.

    Der komplette 100 km lange Abschnitt von Dresden bis Meerane wurde unter großem propagandistischem Aufwand am 25. Juni 1937 eröffnet.

    An der Anschlußstelle Chemnitz-Nord fand die Feier für den Kreis Chemnitz statt, eine Rundfunkübertragung des Reichssenders Leipzig mit großen Lautsprechern ermöglichte die Verfolgung der Eröffnungstour. Das Gelände an der Leipziger Straße erhielt unter Aufstellung von Ehrenformationen eine besondere Ausschmückung. Alle Chemnitzer waren aufgerufen, dieses bedeutsame Ereignis für Chemnitz zu verfolgen. Jugendliche der Siegmar-Schönauer und Limbacher Schulen waren aufgefordert, an diesem Schultag uniformiert zum Unterricht zu erscheinen, um gemeinsam zur Autobahn zu marschieren. Ab mittags 12 Uhr waren auch laut Anordnung diverse Ämter und Dienststellen geschlossen. Betriebsführer und Behördenvorstände wurden gebeten, ihren Angestellten zur Aufstellung freizugeben. Ausdrücklich wurde aber hingewiesen: „Das Zuwerfen von Blumen und Photografieren auf der Reichsautobahn ist strengstens verboten!“ Wohl deshalb gibt es davon keine Aufnahmen.

    In Dresden begannen 14:30 Uhr die offiziellen Feierlichkeiten mit einer Rede. Der Wagenkorso erreichte über die Stationen Siebenlehn und Frankenberg um 17:15 Uhr Chemnitz. Im teilweise strömenden Regen harrten die Menschen geduldig aus, nur um „IHN“ zu sehen.

    „Ein Orkan brach los. Ein vieltausendstimmiger Jubelschrei erfüllte die Luft, mühsam hielten die Absperrmannschaften die ungestüm vorwärtsdrängenden Menschenmassen zurück. Der Wagen hielt kurz, im Nu war er von Kindern umringt, die dem Führer Blumen überreichten. Gleich darauf fuhr die Wagenkolonne weiter, ihr folgend eine NSKK-Abteilung und dahinter fuhren in schweren Kraftwagen all die Männer, die im Laufe der vergangenen drei Jahre mitschaffen durften an dem gigantischen Werke der Reichsautobahn.“

    So das Chemnitzer Tageblatt im Bericht vom darauffolgendem Tag. Über 1,5 Millionen Menschen sollen damals an der Strecke versammelt gewesen sein…..

    Reichsautobahn im Rabensteiner Wald

    Schon kurze Zeit später wurde der  Streckenabschnitt Chemnitz-Stollberg nach Plauen, die heutige A72, für den Verkehr freigegeben.

    (Quellen: Bertram Kurze, Reichsautobahnen in Mitteldeutschland, Erfurt 2014; Heft Grenzland Sachsen 1937; Diverse Ausgaben des Chemnitzer Tageblattes April-Juni 1937 – auf Mikrofilm verfügbar in der Stadtbibliothek Chemnitz)

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