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Es brennt lichterloh

    Über verschiedene – teils traurige Ereignisse – wie das Eisenbahnunglück in Siegmar, das tragische Unglück auf dem Schloßteich mit 13 Todesopfern, dem Absturz von Lt. Berger, u.a. habe ich in meinen Beiträgen bereits berichtet.

    Brände gehören auch zur Stadtgeschichte. Im Mittelalter wurde unser Stadtbild mehrfach durch Brände zerstört. Dieser Beitrag gibt einen Rückblick auf ein Ereignis, das die aufstrebende, aber seinerzeit kriegsgebeutelte Stadt Chemnitz am Anfang des 20. Jahrhunderts bewegte.

    Die Brandstätte in Hilbersdorf

    Ein gewaltiger Feuerschein über der Stadt war am Abend des 19. Januar 1915 von ca. 18.00 Uhr bis nach 20.30 Uhr aus südwestlicher Richtung zu sehen. Den anrückenden Feuerwehren leuchtete er bereits am Königsplatz (dem späteren Theaterplatz) entgegen.

    Auslöser war ein Großbrand in den Chemnitzer Eisenbahnwerkstätten an der Emilienstraße in Hilbersdorf, der sich schnell zu einem der größten Schadenfeuer entwickelte, die Chemnitz bis dahin zu verzeichnen hatte.

    Der Wachdienst, der nach Dienstschluss ordnungsgemäß durchgeführt wurde, bemerkte den Brand, auch ein benachbartes Stellwerk wurde darauf aufmerksam. Die Benachrichtigung der Feuerwehr erfolgte ohne Verzug. Trotz des schnellen Eintreffens mehrerer Feuerwehren, darunter die städtische Feuerwehr, breitete sich das Feuer schnell aus.

    Aus ungeklärten Ursachen war in der niedrigen, größtenteils aus Holz gezimmerten Lackiererei kurz nach 18.00 Uhr ein Brandherd entstanden, der sich in dem trockenen geheizten Raum mit Windeseile ausbreitete und in den Wagen und in der Dachschalung reichlich Nahrung fand. Der große Gebäudekomplex im Werkstättenbahnhof, über 100 Meter lang und breit, worin sich neben der Lackiererei- auch die Reparaturwerkstätten befanden, stand gegen 19.00 Uhr vollständig in Flammen.

    In dieser Halle wurde eine Vielzahl von Personen- und Güterwagen, die zur Reparatur in der Halle waren, ein Raub der Flammen. Die Gebäude selbst waren mit einem hölzernen Dach, das mit Dachpappe bedeckt war, und großen Oberlichtern ausgestattet. Das Feuer zerstörte sie bis auf die Umfassungsmauern.

    „Durch die rasante Ausbreitung des Feuers stürzte das Dach schnell ein, so dass nur wenige Wagen aus der Halle gezogen und geborgen werden konnten. Die Mehrzahl der Wagen, darunter mehrere D-Zug-Wagen, verbrannten. Die mächtigen Flammen, die aus den großen Bogenfenstern schlugen, und der ungeheure Funkenflug boten einen schaurig-schönen Anblick; vom hinteren Teil der großen Halle, hinter den brennenden D-Zug-Wagen, konnte man direkt in den Glutkessel hineinsehen und die Reste der Wagen von den verbrannten Holzblöcken herabstürzen sehen“, hieß es in einem Bericht der „Chemnitzer Neuesten Nachrichten“.

    Die Feuerwehren hatten es schwer. Sie musste das Wasser von den Hydranten zum Brandherd leiten, was zusätzliche Schwierigkeiten bereitete. Die Motorspritzen befanden sich 500 Meter entfernt an der Emilien- und Wilhelmstraße.

    In dem Lackierereigebäude war nichts mehr zu retten, das mußte man seinem Schicksal überlassen und völlig ausbrennen lassen. Deshalb richtete sich die Tätigkeit der Wehren hauptsächlich darauf, die unweit des Brandherdes gelegene Sattlerei sowie die angrenzende Tischlerei zu retten. Hunderte von Arbeitern und auch Soldaten einer zur Hilfe herbei geeilten Militärabteilung waren ebenfalls bei den Rettungsarbeiten beschäftigt. Sie beschränkten ihre Tätigkeit lediglich auf das Herausschaffen der wertvollen Furniere und Hölzer aus der Tischlerei, die zum Glück erhalten werden konnte.

    Nur unter großen Anstrengungen gelang es den Städtischen Löschmannschaften, nach fünfstündiger angestrengter Tätigkeit, das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Bis auf eine starke Brandwache konnten die angerückten Feuerwehren an diesem Abend wieder abrücken.

    Verluste an Menschenleben waren erfreulicherweise nicht zu beklagen. Bei der Bekämpfung dieses umfangreichen Brandes wurden 12 Feuerwehrleute und Arbeiter des Werkstättenbahnhofs verletzt, hauptsächlich durch Glassplitter. Ein Berufsfeuerwehrmann hatte sich bei einem Sturz in einen Kanal eine erhebliche Schnittwunde am rechten Bein zugezogen. Der entstandene Sachschaden war indessen erheblich, da der größte Teil des sehr umfänglichen Gebäudes zerstört worden war und außer verschiedenen Materialien 23 Personenwagen und 10 Güterwagen vernichtet wurden. Auch viele Maschinen, wie große Drehbänke usw. fielen den Flammen zum Opfer gefallen. Der Gesamtschaden wurde weit über eine Million Mark geschätzt.

    Die Ursache des Brandes sollte nie aufgeklärt werden. Glücklicherweise konnte jedoch die Weiterbeschäftigung der Arbeiter, die in der zerstörten Werkstatt tätig waren, sichergestellt werden. Bereits ein Jahr nach dem Brand wurden die neuen Hallen, die teilweise aus Eisenbeton errichtet wurden, wieder in Betrieb genommen.

    Wie es heute dort aussieht, zeigen die Drohnenaufnahmen in meinem Beitrag „Hoch über den Gleisen“.

    (Quellen u.a.: Chemnitzer Kalender 1916, Ausschnitte aus dem Frankenberger Tageblatt vom 21./23.Januar 1915 – zu finden unter SLUB-Dresden.de; Buch „Vom Werkstättenbahnhof zum RAW“)