Die Zunahme der Bevölkerung und das fortwährende Wachstum der Stadt Chemnitz in der Mitte des 19.Jahrhunderts brachte ein neues Problem mit sich: Wie kann ich kostengünstig und zuverlässig Personen innerhalb der Stadt transportieren? Dazu dieser Vergleich: Betrug die Einwohnerzahl 1850 noch ca. 31.300, waren es 1865 bereits 55.500, 1880 schon über 86.700!
Die Idee städtisch konzessionierter Droschkenunternehmen gab es schon in anderen deutschen Städten. Ab dem 1. April 1853 wurde dem Ökonomen Heinrich Wilhelm Uhlich, Stadtgutbesitzer auf der Leipziger Straße 15 (heutige Hartmannstraße), die Genehmigung für das erste reguläre Droschkenunternehmen der Stadt Chemnitz erteilt.
Bereits einen Tag vorher, stellte er bei einem Umzug durch die Stadt seine ein- und zweispännigen Droschken vor, über die das „Chemnitzer Tageblatt“ schrieb: Sie sind, „dem Chemnitzer Pflaster angemessen, sehr solid gebaut, im Äußeren gefällig ausgestattet, im Innern bequem eingerichtet“.
Ebenfalls zu diesem Tag erließ der Rat für den Betrieb ein Regulativ über „Bestimmungen über die Fahr-Taxen und Droschken-Bezirke“. Darin wurden Tarife, Bezirke und besondere Bestimmungen für die Kutscher festgelegt.
Die Halteplätze der Droschken waren die damaligen 4 Stadttore, der Holzmarkt und der Neumarkt. Der normale Droschkeneinsatz währte jeweils vom 1.April bis 30.September von 6 bis 21 Uhr, vom 1.Oktober bis 31.März von 8 bis 20 Uhr. Die Stadt war in zwei Droschkenbezirke, einem inneren und einem äußeren, eingeteilt. Die Grenze des inneren Bezirkes verlief kreisförmig um die Stadt vom Bahnhof zur Zschopauer-, Annaberger-, Zwickauer-, Fabrik- und Rochlitzer Straße zum Ausgangspunkt zurück. Der äußere Bezirk war durch das Waisenhaus Dresdner Straße, Baums Restaurant an der Zschopauer Straße, das Stadtgut Bernsdorf, die Ortsgrenze zu Altendorf, den Küchwald und die Grenze zu Furth markiert. Im inneren Bezirk betrug der Normal-Fahrpreis 2,5 Neugroschen pro Person, im äußeren 5 Neugroschen. Kinder unter zehn Jahren waren frei.
Das Droschkenunternehmen wurde rasch und günstig aufgenommen. Bereits wenige Tage später sah sich Wilhelm Uhlich gezwungen, in einer „Tageblatt“-Anzeige um Nachsicht zu bitten, dass es noch nicht möglich war, „allen Anforderungen Genüge zu leisten“. Ein Leserbrief vom 27. April 1853 urteilte, dass das Droschkenunternehmen „ganz vortrefflich gedeiht“ und man sich bereits wundert, „wie es ohne Droschken so lange gehen könne“. Das vom Rat der Stadt genehmigte Unternehmen hatte zugleich den interimistischen Fiaker-Dienst vom Bahnhof zur Stadt abgelöst und erlegte den einzeln agierenden Lohnkutschern erhebliche Beschränkungen auf.
Doch damit wollten sich diese nicht abfinden und setzten in einer Aktion am 10.April 1853 „den Weisungen der Polizeimannschaften ernstlichen Widerstand entgegen“. Doch der Rat setzte sich mit brachialer Gewalt bis hin zur Arretierung durch. Noch Jahre schwelte der Kampf um das Monopol, das 1866 fiel; die Droschkenanstalt gab es nicht mehr.
Lohnfuhrleute übernahmen ab 1867, neben ihren täglichen Transportfahrten, auch das Droschkengeschäft. 1869 finden wir dann das überarbeitete Regulativ mit den neu zugelassenen Droschkenbesitzern im Adressbuch der Stadt.
Dort wird auch, im Sinne der Gleichbehandlung, der Bahndienst für die Konzessionäre festgelegt, sie müssen sich regelmäßig am Bahnhofsgebäude zur Beförderung der neu ankommenden Reisenden einfinden. Bereits 59 Kutschen sind 1869 mit einer Nummer versehen. Die Herren Schmeißner am Neumarkt Nr.8 (8 Konzessionen) und Fröhlich, Annaberger Straße 6 (6 Kutschen) stellen jeweils einen großen Anteil. Bis 1880 steigt die Anzahl auf 94 zugelassene Droschken.
Um die Sicherheit der Fahrgäste zu gewährleisten, müssen die Halter und Besitzer der Droschken alljährlich einmal im Mai zur Besichtigung vorstellig werden.
1890 lesen wir dazu:
„Heute früh ab 7:00 Uhr wurde auf dem Neustädter Markte durch Herrn Polizeihauptmann Gaißert im Beisein der Sachverständigen Herr Bezirksthierarzt Uhlig und Herr Stellmachermeister Lindner die jährliche Hauptdroschkenbesichtigung vorgenommen. Mit Ausnahme einiger weniger Pferde, welche zum Droschkendienste nicht mehr genügend bezeichnet wurden und einiger Wagen, welche noch reparaturbedürftig sind, wurden Droschken und Bespannung in durchweg gutem, auch theilweise sehr gutem Zustande befunden…“
Auch 1890 wurde ein Droschkenbesitzerverein ins Leben gerufen, der die Interessen der Konzessionäre vertrat.
Neben den Pferdedroschken wurde sogenannte Pferdeomnibusse (mehrsitzige schwere Wagen) zum Verkehrsmittel der wachsenden Städte. Die Pferdebahn (Konzession ab 1879, Inbetriebnahme 1880 auf der Stecke Hauptbahnhof – Theaterstraße – Nikolaibrücke) und die elektrische Straßenbahn, die 1894 in Chemnitz Einzug fand, ergänzten den Transportbedarf in der Chemnitzer Innenstadt.
Im Jahre 1907 wurde die erste Chemnitzer Auto-Droschkenanstalt ins Leben gerufen. Sie übernahm ab sofort den zügigen Transport im Personenverkehr. In der rasant wachsenden und pulsierenden Großstadt war kein Platz mehr für die pferdebespannten Wagen. Am 26. März 1929 wurde die letzte Pferdedroschke in Chemnitz außer Dienst gestellt. An Ihrer Stelle trat die Kraftdroschke Nr.13.
(Quellen: Artikel von W. Bausch FP 2003, Adressbücher der Stadt Chemnitz, Chemnitzer Anzeiger 1853 und Artikel div. Tageszeitungen zu finden u.a. auf SLUB-Dresden.de)