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Siedlung Am Waldrand Borna

    Die schon im Luftbild vorgestellte Siedlung nördlich des Küchwaldes möchte ich kurz in Ihrer historischen Entwicklung präsentieren.
    Eigentümer und Errichter des Komplexes war die 1917 gegründete Eisenbahnerbaugenossenschaft für Chemnitz und Umgebung e.G.m.b.H. Sie kaufte in Borna (Waldrand) und Hilbersdorf (Lichtenwalder Str.) Land, Mitte der 20er Jahre auch in Limbach. Nach dem Stand von 1927 hatte die Genossenschaft rund 200 Wohnungen errichtet.

    Das geplante Projekt der gesamten Siedlung am Waldrand

    Ziel dieser Siedlungsbemühungen war die Bekämpfung des Wohnraummangels nach dem 1. Weltkrieg. Chemnitz war zu dieser Zeit immer noch ein Anziehungspunkt für auswärtige Arbeitskräfte. Eine neue Bauordnung bahnte neue Teilbebauungspläne in zentrumsnahen Bereichen an, weg von der Zentralisierung von Wohnvierteln. Fehler wie die enge Bebauung auf dem Sonnenberg, die in Zeiten höchster wirtschaftlicher Blüte um und nach der Jahrhundertwende erfolgte, wollte man zukünftig vermeiden.
    Während des Krieges waren Bautätigkeiten der Stadt gänzlich unterblieben. Erst 1919 erhielt die Stadt 9 Millionen Mark, um die Wohnungsneubautätigkeit etwas zu beleben. Träger des bezuschußten Wohnungsbaues waren neben Privatpersonen eben diese gemeinnützigen Bau- und Siedlungsgenossenschaften, denn allein durch Beiträge Ihrer Mitglieder waren die Vorhaben nicht finanzierbar.

    Das früher bahneigene Gelände ist durch die neue Straße „Am Waldrand“, die nach dem 1.Weltkrieg als Notstandsarbeit ausgeführt wurde, erschlossen worden.
    Geplant war eine viel größere Gesamtanlage, wie es das erste Bild zeigt.
    Am 31.10 1919 war die Grundsteinlegung für die erste Häusergruppe der Eisenbahnersiedlung, nach Plänen des Dresdner Architekten Carl Herfurth (1880-1942).

    In der Vorstellung der Siedlung liest es sich wie folgend:
    „Welchen Gewinn bedeutet diese gesunde Wohnlage für Menschen, die tagsüber zum großen Teile in staubigen Betrieben arbeiten und bisher meist in dumpfiger Enge überfüllter Mietshäuser am Werkstättenbahnhof wohnten. Lagernde Reihenhäuser säumen die eine Seite des leicht gekrümmten Straßenzuges, während die andere Seite der Wald begrenzt und all seine Vorzüge den menschlichen Wohnungen zuteil werden läßt.
    Es ist kein dürftiges Streifengrün. Üppiges Raumgrün als Wald und Garten durchdringt das Siedlunqsgebilde. Als Hausformen wechseln Ein- und Mehrfamilienhäuser, die aus wirtschaftlichen Gründen durchgängig zu Reihen und Gruppen zusammengefaßt sind. Die Grundrisse sind sparsam, im einzelnen schlicht, aber liebevoll durchgebildet. Die Küchen sind als Wohnküchen geräumig gestaltet. Mehrere Schlafräume tragen den Bedürfnissen kinderreicher Familien Rechnung. Werkräume und Kleintierställe sind neben dem notwendigen Hausgarten willkommene Zugaben. Im Innern und Äußern der Anlage sind von dem Dresdner Architekten Carl Herfurth heimatliche Klänge angeschlagen worden und die Ausgestaltung mit einfachen Mitteln glücklich gemeistert worden.
    Geschickt fügen sich die verteilten Baumassen zu einem Gesamtbild voll städtebaulichen Reizes.
    Der erste Straßenzug, der sich jetzt der Vollendung nähert, zeigt ein malerisches Bild“.

    Bis ca. 1925 waren die 7 großen Reihenhäuser an der Straße fertig, bis 1930 ergänzte Architekt Max Naumann die Häuserblöcke um eine sogenannte Marktgruppe an der Hölderlinstraße, als eine kleinstädtisch anmutende romantisierende Platzbildung. Im U-förmigen Mittelbau der Gesamtanlage entstand ein Geschäft zur Versorgung der Einwohner mit Waren des des täglichen Bedarfs. Mit den Gärten und der genehmigten Kleintierhaltung waren für diese Zeit hervorragende Bedingungen für die Genossenschaftsmitglieder geschaffen worden.

    Erst nach dem 2.Weltkrieg entstanden weitere Häuser an der Rilkestraße.

    Heute steht diese Siedlung von sozialgeschichtlicher, baugeschichtlicher und städtebaulicher Bedeutung teilweise unter Denkmalschutz. Die Anlagen sind noch fast im Originalzustand erhalten. Mitte er 1990er Jahre wurden durch die damalige beauftragte Wohnungsverwaltung eine grundlegende Sanierung der Gebäude vorgenommen und den zeitgenössischen Bedürfnissen angepasst. Die Mieter und Eigentümer schätzen ihre kleinen Gärten im Innenbereich als Ort der Ruhe, Erholung und der Kommunikation untereinander.

    Wer eine ruhige Wohnung mit guter Anbindung an Erholungsflächen sucht, wird in diesem Viertel bestimmt fündig.

    Schauen Sie sich zum Vergleich noch einmal die aktuellen Drohnenaufnahmen an.

    (Quellen: Chemnitzer Kalender 1922, Bücher: Deutschlands Städtebau Chemnitz 1923/29 – Dari-Verlag zu finden unter SLUB-Dresden.de, das Buch der Stadt Chemnitz 1926, u.a.)