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Automatenrestaurants – Teil 4

    Fortsetzung des 3. Teils der Geschichte der Automatenrestaurants in unserer Stadt.

    Als Ergänzung gibt es noch die restlichen 3 Automatenrestaurants in der Chemnitzer Innenstadt in einer Kurzvorstellung. Sie standen ebenso wie die bereits Vorgestellten an zentralen Plätzen bzw. vielfrequentierten Straßen. Im Anschluß schaue ich noch einmal auf den Versuch, mechanische Automatenstationen auch in den frühen Jahren der DDR in Karl-Marx-Stadt aufzustellen. Sie sollten zur besseren Versorgung der Bevölkerung dienen.

    Adler-Automat

    Seit 1930 stand der „Adler-Automat“ an der verkehrsreichen Kreuzung Brückenstraße/Königsstraße. Der Kaufmann Albert Adler witterte in seinem Geschäftshaus die Chance, die vorbeieilenden Kunden, die auf der belebten Königsstraße ihre Einkäufe erledigten, zu einem schnellen Imbiss zu animieren. Schon im Stil der Moderne zeigt sich die Innenansicht der Automatengaststätte auf dieser Innenansicht Ende der 30er Jahre. Im Obergeschoss war auch ein Café eingerichtet. Nach dem Tod des Kaufmanns 1939 führte die Witwe Lina Adler, unterstützt von ihrem Sohn Erhard, der das Konditorhandwerk erlernt hatte, das Geschäft bis zur Zerstörung 1945 weiter.

    Tempo-Automat

    Im Gebäude hinter der Straßenbahn befand sich der Tempo-Automat in der Reitbahnstraße

    1930 eröffnete der Schankwirt Kurt Neubert im ehemaligen Café und Konditorei Göthel in der Reitbahnstraße (1939-1945 Planettastraße) 8 ein Automatenrestaurant mit dem Namen „Tempo“. Auch die Freiberger erhielten im November 1930, mit einem Kompagnon von Neubert gegründet, eine gleichnamige Einrichtung. 1935 erwarb die Ehefrau Olga Neubert das Haus von dem Kaufmann Max Redlich, dem auch das Haus Reitbahnstraße 6 gehörte und der in beiden Häusern ein bekanntes Pianohaus betrieb. Vermutlich aus gesundheitlichen Gründen verpachteten die Neuberts den „Tempo-Automaten“ zwischen 1936 und 1938 an den Fleischermeister Karl Queifert. Nach dem Tod von Kurt Neubert 1939 verkaufte seine Witwe das Gebäude an Frau Ella Piehler. Gleichzeitig wurden die beiden Firmen in Chemnitz und Freiberg aus dem Handelsregister gelöscht. Ihr Ehemann Walter Piehler führte das Automatenrestaurant unter gleichem Namen bis 1944 weiter. Das Gebäude selbst wurde, wie der gesamte Straßenzug, 1945 völlig zerstört und abgetragen. Vom Automat ist leider keine Ansicht bekannt.

    Central-Automat / Johannis-Automat

    Im Jahre 1910 errichtete der Gastwirt Albin Dietze auf seinem Grundstück Johannisplatz 12, am damals schon vielbefahrensten Platz der inneren Stadt, ein neues Geschäftshaus, in dem im Erdgeschoss ein großes, modernes Automatenrestaurant und im ersten Obergeschoss ein Speiserestaurant vorgesehen waren. Die Eröffnung sollte noch im selben Jahr gefeiert werden.

    Zu diesem Zweck gründete Albin Dietze am 14. September 1910 die Firma „Central-Automat und Restaurant, Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ und ließ sie am 18. Oktober 1910 auf Blatt 6386 des Handelsregisters Chemnitz mit einem Stammkapital von 50.000 RM eintragen. Es dauerte danach nicht lange, bis die geplante Eröffnung stattfand.

    Bis 3.00 Uhr morgens konnte man hier essen, ob belegte Brötchen aus dem Automaten oder eine große Auswahl an Menüs und täglich wechselnden Spezialitäten im Bier- und Weinrestaurant.

    Doch Dietzes Vorhaben konnte bald nicht mehr aufrechterhalten werden, bereits im April 1912 musste er die Zahlungen einstellen, vermutlich wegen der Verbindlichkeiten, die auch durch den Neubau entstanden waren, was schließlich nach Aufhebung des Konkursverfahrens zur Löschung der Gesellschaft am 13. Mai 1913 führte.

    Doch ein neuer Pächter für die Räumlichkeiten war schnell gefunden. Bereits am 30. September 1912 wurde die Firma „Johannis-Automat Leopold Kuhl“ durch den Schankwirt Leopold Wilhelm August Kuhl in das Handelsregister, Blatt 6741, eingetragen. Doch auch er konnte den Automaten nicht lange, auch kriegsbedingt, halten. Obwohl er nur bis 1919 im Adressbuch verzeichnet ist, wurde erst 1921 die Firma durch Aufgabe des Geschäfts offiziell gelöscht. 1922 taucht dann kurzzeitig Rudolf Gerecke, ehemals Eigentümer des Hotels Stadt Gotha, später auch Betreiber des „Marktgäßchen-Automat“, als Pächter der Automatenschankwirtschaft auf.

    Nach einer inflationsbedingten Pause feierten die „Rosenhof-Künstlerspiele“ als Tanz- und Varieté-Kaffee Mitte der 1920er Jahre im 1. Obergeschoß ihre Erfolge. Das Erdgeschoss war zu dieser Zeit an verschiedene Gewerbebetriebe vermietet. 1931 wurde mit der Firma „Automat Johannisplatz G.m.b.H.“ ein neuer Versuch gestartet. Wer hinter dieser Firma stand, konnte ich bisher nicht in Erfahrung bringen, aber die Inhaber verstanden es, die nächsten Jahre zu überstehen und sich bis zur Zerstörung des Gebäudekomplexes bei den Bombenangriffen im Frühjahr 1945 mit dem Automaten am verkehrsreichen Johannisplatz zu etablieren.

    Erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts kamen die Automatenstationen wieder zur Geltung. Am 12. Dezember 1959 eröffnete im Karl-Marx-Städter Stadtzentrum eine überdachte Automatenstraße. Die 16 Automaten an der Ecke Poststraße-Reitbahnstraße boten ein reichhaltiges Warensortiment. Von der Seife mit Seiflappen und kleinem chinesischen Handtuch über Gummiband, Patentnadel und Schnürsenkeln bis zur Wurst mit Brötchen waren hier viele Artikel des täglichen Bedarfs zu haben.

    Auch an Bahnhöfen und Raststätten wurden ab Anfang der 60er Jahre unter dem Dach der MITROPA weitere Kalt- und Warmgetränke-Automaten aufgestellt, wie zum Beispiel am Omnibusbahnhof am Schillerplatz. Auch elektrisch gekühlte Automaten für ein Imbissangebot standen bereit. Auch in Kantinen, Krankenhäusern, Ausflugslokalen und auf den Schiffen der Weißen Flotte gab es die in Luckenwalde gefertigten sogenannten Gefachautomaten oder Einzelsäulen. Eine Münze wurde in den Schlitz gesteckt, dann öffnete sich das gewünschte Fach mit belegten Brötchen, Süßigkeiten oder einem Stück Kuchen. Versorgungsengpässe, mangelnde Wartung, fehlende Ersatzteile aber auch Zerstörungswut führten in den 80er Jahren zur Stilllegung und dem Abbau der Automaten.

    Bis Ende 1966 waren in der DDR zudem 1045 Selbstbedienungsrestaurants entstanden. Weitgehend industriell vorgefertigte Speisen wurden in der Gaststätte zubereitet und in Ermangelung von Verkaufspersonal in Vitrinen präsentiert. Der Gast nahm sich seinen Teller, zapfte ein Pils oder nahm sich einen Türkentrunk aus dem Automaten und bezahlte am Ausgang an der Kasse. Viele erinnern sich noch heute daran.

    (Quellen u.a.: Adressbücher  der Stadt Chemnitz – zu finden unter sachsendigital.de, Handelsregistereinträge im Reichsanzeiger zu finden unter UB Mannheim – Periodika; Sammlung Chemnitzer Hobbyhistoriker)