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Der Bismarckturm auf der Bornaer Höhe

    Postkartenmotiv zur Finanzierung, Turm wurde aber so nicht gebaut.

    Ein überaus beliebtes Ausflugsziel befand sich bis zum Ende des 2. Weltkrieges auf der Bornaer Höhe, am Ende der heutigen Friedrich-Schlöffel-Straße.
    Mit einer hervorragenden Fernsicht lockte man Gäste und Einheimische an. Ein Blick auf die Entstehungsgeschichte.
    „Der Gedanke, das Andenken an den Gründer des geeinigten Deutschen Reiches, den Fürsten Otto von Bismarck, durch die Errichtung einheitlich gebauter Denkmäler zu ehren, ist zuerst von der akademischen Jugend Deutschlands angeregt worden.
    Nach Bismarcks Tod erging am 3. Dezember 1898 von der gesamten deutschen Studentenschaft ein Aufruf „An das deutsche Volk“ zur Errichtung von Bismarcksäulen im ganzen Lande, um eine gemeinsame Ehrung für den zielbewußten, erfolgreichen und ersten Berater Kaiser Wilhelms des Großen in die Wege zu leiten.“ (Textauszug des Chemnitzer Tageblattes zur Eröffnung des Turmes 1906)

    In den Novembertagen des Jahres 1901 entstand auch in Chemnitz, diesem Aufruf folgend, ein sogenannter „Bismarck-Tisch“. Ein Verein, der sich zunächst um die Standortfrage und die Beschaffung der finanziellen Mittel zur Errichtung eines solchen Ehrenmals kümmerte, später auch um die Betreibung. Als Limit zum Bau hatte man sich die Summe von 50.000 M gesetzt. Das öffentliche Preisausschreiben brachte über 200 Entwürfe, alle jedoch zu teuer, so daß man sich schließlich für den Vorschlag auf Empfehlung des Stadtbaurates Möbius des jungen Reichenhainer Architekten Walther Müller entschied.
    Als Standorte wurden dem Verein mehrere Grundstücke angeboten, so auf dem Adelsberg, an der Gaststätte „Eichhörnchen“, Stollberger Straße und eben die Röhrsdorf-Bornaer Höhe.

    Der Turm kurz vor der Fertigstellung

    Der 1. Vorstand des „Bismarckvereins“, Oberfinanzrat a.D. Gustav Walther Ledig, stellte schließlich eine Ihm gehörende 6000qm große Feldfläche unentgeltlich zur Verfügung.
    Zur Finanzierung hoffte man neben den Mitgliedsbeiträgen des Vereins auf Spenden aus den wohlhabenden Kreisen. Gleichzeitig wurde auch durch den Verkauf von Ansichtskarten des Modells und durch Konzerte versucht, Einnahmen zu erzielen.

    Im Mai 1903 wurde die Baugenehmigung erteilt und der mittlerweile aus dem „Bismarck-Tisch“ hervorgegangene „Bismarckverein“ als Grundstückseigentümer eingetragen. Der erste Spatenstich erfolgte anläßlich des 90. Geburtstags Bismarcks am 1. April 1905 mit einem Festkommers im 1903 erbauten „Bismarkschlösschen“ nebenan. Der Baustart durch die Firma Gebrüder Uhlich verzögerte sich jedoch noch bis Juni 1905. Knapp ein Jahr später erfolgte am 24. Mai 1906 unter Beteiligung aller Mitglieder des „Bismarckvereins“, vieler Ehrengäste und mehreren Tausend Besuchern die feierliche Weihe des 32m hohen Turmes im festlich geschmückten Borna. Auf den Ansturm war man vorbereitet. Einsatzwagen der Straßenbahn, die ab 1904 bis zum Städtischen Schulgarten (heutiger Botanischer Garten) verkehrte, standen ab der inneren Johannisstraße bereit.
    Umgeben wurde der fertiggestellte Turm von einem Wege-Rondell, das später, wie der Zugang von der Straße „Am Bismarkturm“ (ehemaliger Name), mit Hecken eingerahmt wurde.
    Mit erschwinglichen Eintrittspreisen, die der Turmwärter kassierte, lockte man viele Ausflügler zum Turm mit seiner ausgezeichneten Weitsicht. Aussichtspunkte dieser Art hatten bereits ab Ende des 19. Jahrhunderts enormen Zulauf, wie der „Beutenbergturm“, der „Friedrich-August-Turm“ am Restaurant „Zum Wind“ in Kappel, der „Adelsbergturm“ und der Turm auf dem „Geiersberg“ in Eibenberg.

    Wollte man der pulsierenden, engen, rußgeschwängerten Großstadt entrinnen, waren die umliegenden Höhen begehrte Ziele. Wander- und Radfahrvereine, auch Wintersportler, trafen sich, um diese zu erklimmen und dann wohlgestärkt die Heimreise anzutreten.
    Im Fall des Bismarckturmes überdachte man ab 1911 bereits die Betreibung des Monumentes, der angedachte Personalkult um Bismarck war schon längst abgeebbt. Mit der Eingemeindung der Gemeinde Borna 1913 zu Chemnitz begannen Verhandlungen mit der Stadt, die im März 1914 mit einem Übernahmevertrag des Turmes und dem Grundstücksübertrag an die Stadt Chemnitz endeten.

    Luftbildausschnitt der Bornaer Höhe

    Der 1. Weltkrieg verhinderte jedoch die Öffnung des Turmes. Die Stadt hatte kein Personal, so blieb der Turm für viele Jahre geschlossen.
    Mit der Verlängerung der Straßenbahnlinie auf der Leipziger Straße bis zum ehemaligen Gasthof „Grüner Hof“ (gegenüber Abzweig Bornaer Straße) im Jahr 1921 wurden die Bedingungen einfacher, die Bornaer Höhe bei einem „Sonntagsspaziergang“ zu erreichen. Erst dem Wirt des „Bismarckschlösschens“ Max Seidel, der ab 1925 den Turm von der Stadt gepachtet hatte, war es möglich, die Turmbesteigung dem Publikum wieder möglich zu machen. Er erkannte das Potenzial und vergrößerte seine Gartenterrasse und legte einen Parkplatz auch zur Aufnahme der jetzt motorisierten Besucher an. Denn nach wie vor strömten die Wandergruppen, Schulklassen, Vereine und Einwohner der Nachbarorte zum Turm. Und als die Autobahnstrecke Dresden-Chemnitz-Meerane in den 30er Jahren gebaut wurde, hatte man von der Aussichtsplattform eine hervorragenden Blick auf die rasant fortschreitenden Arbeiten.
    Den Krieg bestand er unbeschadet, jedoch sollte ihm der 20. April 1945 zum Verhängnis werden.
    Amerikanische Soldaten, die in Röhrsdorf einquartiert waren, wollten als Vergeltung dem Führer zum Geburtstag ein „besonderes“ Geschenk machen. Sie brachten einen Panzer in Stellung und beschossen gezielt mehrfach den Turm. Schwer beschädigt wurde der Turm schließlich in der Nacht vom 24. zum 25. April 1945 von einem Kommando der Waffen-SS gesprengt, in der gleichen Nacht wurde auch die Autobahnbrücke über die Chemnitz in dieser Weise zerstört.
    Das Natursteinmauerwerk (Harthauer Chloritschiefer und Lausitzer Granit) verschwand nach und nach als begehrter Baustoff in den Nachkriegsjahren.
    Ende der 60er Jahre plante der damalige VEB Gebäudewirtschaft K.-M.-Stadt eine Eigenheimsiedlung, jedoch fanden sich zu wenig Interessenten, so dass ab 1972 die restlichen Flächen als Erholungsgrundstücke vergeben wurden.
    Welche Aussicht Sie in heutiger Zeit etwa vom Turm finden würden, können Sie sich in meinem Beitrag mit Panoramaaufnahmen der Bornaer Höhe anschauen.

    (Quellen: Beitrag im Chemnitzer Roland zur Geschichte des Bismarckturmes 09/2017. Vielen Dank an den Autor Roger Schütze (AG Blankenauer Grund) für die Unterstützung; Zeitungsausschnitte div. Tageszeitungen zu finden unter SLUB-Dresden.de, u.a. Eine detaillierte Beschreibung finden Sie auf der Webseite: www.bismarcktuerme.de)