Zum Inhalt springen

Der Eselreiter von Emil Mund

    Noch heute sitzt der relativ unscheinbare Eselreiter an seinem ursprünglichen Platz an der Zschopauer Straße. Über ihn und seinen Schöpfer ist wenig bekannt. Es wird Zeit, etwas Licht ins Dunkel der Geschichte der Skulptur und ihres Schöpfers zu bringen.

    Das in Kirchheimer Muschelkalk ausgeführte Kunstwerk stammt von dem Chemnitzer Bildhauer Emil Mund. Es stellt einen Knaben dar, der aus einem ruhenden Eselchen sitzt. Schalkhaft behandelt der Künstler einen im weiten Reiche der bildenden Kunst gern bearbeiteten Stoff, das Verhältnis: Mensch und Tier. Schon in den ersten Tagen erregte die entzückende Bildnisgruppe die Aufmerksamkeit aller Vorübergehenden, wie Chemnitzer Tageszeitungen damals schrieben.

    Aufgestellt wurde es 1939 im Zuge der 1937 begonnenen Umgestaltung das damaligen Schlageterplatzes (Alter Johannisfriedhof, Karl-Marx-Platz, heute Park der OdF) an der Freitreppe, die von der Zschopauer Straße hinauf zur Platzanlage führt. Fast unversehrt erlebte der Eselreiter den Wandel seiner Umgebung.

    Der Bildhauer Emil Mund wurde am 24. März 1884 in Berlin geboren. Auf seinem Weg zum Bildhauer wurden er von den bedeutenden Künstlern Max Klinger, Prof. Robert Dietz und Carl Seffner beeinflusst. Mund erlebte den Ersten Weltkrieg an der Westfront und befand sich anschließend zwei Jahre in Kriegsgefangenschaft. Dies blieb nicht ohne Einfluss auf sein späteres, nach Ruhe und Harmonie suchendes Schaffen. Stets großes Aufsehen meidend, konzentrierte sich Emil Mund auf Arbeiten, die ihm dazu einen passenden Rahmen boten. Dazu gehörten insbesondere die Porträtplastik, Aufträge für Kirchen und Friedhöfe sowie die Bau- und Gartenplastik.

    Im Jahr 1927 zog der Bildhauer von Leipzig nach Chemnitz. Er fand eine Wohnung in der Kaiserstraße 34 im zweiten Obergeschoss. Später richtete er sein Atelier in einem Seitengebäude der Zwickauer Straße 22 ein. An der Stadtkirche Burgstädt wurde 1929 ein Denkmal für die Gefallenen des 1. Weltkriegs aus Rochlitzer Porphyr nach seinem Entwurf errichtet.

    Der begabte Bildhauer wurde in Chemnitz schnell durch die Qualität seiner Arbeiten bekannt. Seine Arbeiten fanden in zahlreichen Aufträgen großen Anklang und bald gehörte er zur ersten Riege der schaffenden Künstler in Chemnitz, die auch in der Künstlergruppe Chemnitz vereint waren. Zu seinen Arbeiten gehören u.a. das 1931 geschaffene Relief am „Meerkinder-Brunnen“ für die Eingangshalle des von Curt am Ende entworfenen Gebäudes der Ortskrankenkasse an der Müllerstraße sowie der leider seit 1983 verschollene figürliche Schöpfbrunnen mit vier Kindern, der um 1935 für die Terrasse des Stadtbades entstand. Außerdem entstanden mehrere ausdrucksvolle Porträtbüsten Chemnitzer Männer und Frauen aus den verschiedensten Berufskreisen, darunter auch jene von den Kunstmalern Carl Lange, Alfred Kunze und dem Oberstudiendirektor Geißler (Rektor des Chemnitzer Realgymnasium – 1932).

    In der Nachlese einer Ausstellung im Kunstsalon Gerstenberger aus dem Jahr 1931 wurde Folgendes zitiert: „Was aber seinen Arbeiten künstlerisch den großen Zug verleiht, ist die Tatsache, daß er seine Kunst nicht in der Oberfläche erschöpft, sondern sie zum Spiegel der Innerlichkeit, der Seele, macht. Seine Porträtbüsten sind treffende Charakteristika der Persönlichkeiten, denen er während der Arbeit ins Herz geschaut haben muß. Er schafft den geistigen Gehalt seiner Modelle in diesen Büsten und macht den eigenartigen, teilweise wirksamen, teilweise aber auch offenbar gefährlichen Versuch, auch den Sockel seiner einzigartigen Charakterisierungskunst dienstbar zu machen. Man schreitet mit Interesse durch diese Schau und darf stolz sein auf den Künstler Emil Mund, dessen Werke alle seine eigene persönliche Note der Auffassung und der Technik atmen.“

    1933 wurde er neben Alfred Kunze als Kunstwart in den Vorstand der Chemnitzer Kunsthütte berufen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte er, wie der Maler Prof. Karl Schmidt-Rottluff, Stadtrat Johannes Riesner u.a., der Ortsgruppe Chemnitz des Kulturbundes an, die am 1. November 1945 erstmals an die Öffentlichkeit trat. 1946–1949 war er Lehrer für Modellieren an den Technischen Lehranstalten Chemnitz. Emil Mundt starb im Alter von nur 61 Jahren am 15. Mai 1954 in Karl-Marx-Stadt.

    Noch einmal zum Eselreiter. Im April 2015 wurde er durch Vandalismus beschädigt – nicht zum ersten Mal, wie sich bei der nachfolgenden Reparatur herausstellte. Eine Chemnitzer Gästeführerin fand die zerstörte Skulptur mit dem Kopf, der lose im Schoß des Reiters lag. Bereits im Juli wurde der Restaurator Matthias Mann von der Stadt beauftragt, die Schäden zu beseitigen und das lange Zeit verwahrloste Objekt zu reinigen. In nur sieben Tagen wurden Bruchstellen und Risse ausgebessert, Schmierereien entfernt und der Sockel neu ausgerichtet. So finden wir den Eselreiter noch heute an seinem alten Platz. Ihr nächster Spaziergang sollte sie auch wieder einmal mit diesen Informationen zum ihm führen.

    (Quellen u.a: versch. sächs. Tageszeitungen und Adressbücher der Stadt Chemnitz, zu finden unter SLUB-Dresden.de; Artikel in der Chemnitzer Freien Presse von 2015; Bilde raus der Sammlung Chemnitzer Hobbyhistoriker)