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Baugeschäft Otto Stäber – eine Firma prägt Chemnitz

    Betrachtet man heute in Chemnitz noch einige imposante Bauwerke, so fragt man sich manchmal, wer sie geschaffen hat, wann sie entstanden sind. Bei einigen weiß man es, bei anderen kann man kaum Auskunft geben.

    Eine der ältesten und angesehensten Baufirmen der Stadt Chemnitz, die an der baulichen Entwicklung der Industriestadt Chemnitz beteiligt war, war das am 1. Januar 1885 gegründete

    Baugeschäft von Otto Stäber

    Bis zu seinem Tode entstanden in der Stadt und im Umland unzählige Villen und Wohnhäuser. Aber auch zahlreiche Fabriken, Verwaltungs- und öffentliche Gebäude zeugen von der Tätigkeit dieses Bauunternehmens, die ich in diesem Beitrag vorstellen möchte.

    Der am 23. April 1854 in Bärenstein geborene Ernst Otto Stäber kam nach seiner Ausbildung zum Bauzeichner 1878 nach Chemnitz und ist im Adressbuch von 1879 mit seinem ersten Wohnsitz in der Inneren Klosterstr. 4 als Untermieter bei seinem Verwandten, dem Kaufmann Bernhard Stäber, verzeichnet. Zielstrebig bildete er sich weiter, wurde 1880 Bautechniker und zog in die Schloßstraße 1. 1884 verlobte er sich mit Frl. Marie Gedicke aus Gera, die Heirat und der Umzug in die Wilhelmstraße 1 folgten. Aus der Ehe gingen mindestens 2 Kinder hervor.

    Später ist er als Architekt und geprüfter Maurermeister zu finden, die Firmengründung zum 1. Januar 1885, verbunden mit dem Umzug in die Wilhelmstraße 5, ist der erste Schritt in die Selbständigkeit. Schon früh engagierte er sich in verschiedenen Berufsverbänden, so ab 1894 in der Sächsischen Baugewerks-Berufsgenossenschaft und in der Chemnitzer Baumeisterinnung, deren Vorsitzender er viele Jahre war. Aber auch für das Gemeinwohl war Stäber tätig: So errichtete er eine Kleinkinderbewahranstalt (Kindergarten), die er auch unterhielt und in ihm jahrzehntelang einen eifrigen Förderer fand.

    Ein früher Auftrag war 1894 die Errichtung der Fabrikanlagen für die Werkzeugmaschinenfabrik Arno Loose in Chemnitz-Altendorf.

    Mit dem Neubau und der architektonischen Leistung des Verwaltungsgebäudes der Sächsischen Maschinenfabrik AG vorm. Richard Hartmann in Chemnitz, Hartmannstraße 24, gelang 1897 der Durchbruch an die Spitze der Chemnitzer Bauunternehmen.

    Ein früher Auftrag war 1894 die Errichtung der Fabrikanlagen für die Werkzeugmaschinenfabrik Arno Loose in Chemnitz-Altendorf.

    Mit dem Neubau und der architektonischen Leistung des Verwaltungsgebäudes der Sächsischen Maschinenfabrik AG vorm. Richard Hartmann in Chemnitz, Hartmannstraße 24, gelang 1897 der Durchbruch an die Spitze der Chemnitzer Bauunternehmen.

    Ende Juni 1902 wird das Baugeschäft als offene Handelsgesellschaft auf Blatt 5163 in das Handelsregister der Stadt Chemnitz eingetragen und auch als Architekturbüro geführt. Als Gegenstand des Unternehmens wird die Anfertigung von künstlerischen und technischen Entwürfen für Monumentalbauten, öffentliche Anstalten, Villen, Geschäftshäuser, Fabrikanlagen aller Art und deren Ausführung genannt.

    Sein Wirken in der Blütezeit der Stadtentwicklung zur Fabrik- und Großstadt Chemnitz ist noch heute an zahlreichen erhaltenen, aber auch zerstörten Repräsentationsbauten seines über 40 Jahre währenden unermüdlichen Schaffens erkennbar.

    In den Jahren 1900/1901 entstand in der Kaßbergstraße 2, unmittelbar neben der Synagoge, das von Otto Stäber geplante und erbaute „Luisenhaus“, eine Privatklinik. Das Unternehmen wurde von einem Konsortium ortsansässiger Fachärzte durchgeführt und diente der Verbesserung der Krankenhaus- und Klinikverhältnisse. Leider wurde es 1945 zerstört.

    Zwischen 1903 und 1905 entstand unter seiner Leitung der Gebäudekomplex der Kreishauptmannschaft und Amtshauptmannschaft Chemnitz in der Metzschstraße 2, heute Emil-Rosenow-Straße, Ecke Reichsstraße. Auch dieses Gebäude wurde 1945 zerstört und nach 1948 abgerissen.

    Ebenfalls in dieser Zeit wurden ihm die Erd- und Maurerarbeiten für das neue Bezirks-Siechen-Stift der Amtshauptmannschaft in Jahnsdorf, das heutige Pflegeheim Pro Civitate, für 65.000 Mark übertragen.

    1903 baute er sich in der nahe gelegenen Villenkolonie Augustusburg ein Logierhaus, die „Elisenburg“, heutige Adresse Waldstraße 10, sein neues Zuhause bzw. sein Zweitwohnsitz. In Augustusburg hatte er einen hervorragenden Anteil an der Planung und Ausführung der Drahtseilbahn und wurde nach der Gründung der Drahtseilbahn Aktiengesellschaft am 24. Juli 1910 in den Aufsichtsrat gewählt und später bis mindestens 1920 Vorsitzender der Gesellschaft.

    Zwischen 1905 und 1908 wurde die Lutherkirche in Chemnitz an der Zschopauer Straße nach einem Entwurf von Otto Kuhlmann errichtet. Auch hier wurde die Firma Otto Stäber als Generalunternehmer mit den Erd-, Maurer- und Gerüstbauarbeiten beauftragt.

    Anfang März 1906 begannen die Ausschachtungsarbeiten für das erste Krematorium Sachsens an der Reichenhainer Straße. Die Entwürfe und die Ausführung des Baues lagen in den Händen des Baumeisters, in dessen Büro zusammen mit den Architekten Ribi und Gesler alle Pläne im ständigen Einvernehmen mit dem Vorsitzenden der Baukommission, Herrn Finanz- und Baurat Pietsch, ausgearbeitet wurden. Am 15. Dezember 1906 wurde das Krematorium eingeweiht und bereits am nächsten Tag fand die erste Einäscherung statt.

    Auch am König-Albert-Museum am Theaterplatz, das zwischen 1906 und 1908 nach Plänen des Stadtbaurats Richard Möbius errichtet wurde, war das Unternehmen beteiligt und mit der Bauausführung beauftragt.

    1908/1909 errichtete Stäber für den Rentier Kurt Keller ein repräsentatives Landhaus als Ruhesitz im Radebeuler Stadtteil Niederlößnitz, Terrassenstraße 1. Keller war ein Enkel des bedeutenden sächsischen Industriellen und Eisenbahnpioniers Richard Hartmann.

    Die Presto-Werke in der Scheffelstraße, die zwischen 1909 und 1910 nach den Entwürfen des Chemnitzer Architekturbüros „Bürger & Benirschke“ errichtet wurden, zählen neben den verschiedenen Produktionsstätten der Sächsischen Maschinenfabrik zu den Referenzen von Stäber.

    Auch das heutige „Medienhaus“ in der Carolastraße 4 geht auf Otto Stäber und seine Mitarbeiter zurück. Es wurde in den Jahren 1910 bis 1912 nach einem Entwurf der ebenfalls bekannten Chemnitzer Architekten Alfred Zapp und Erich Basarke als Sitz der Handelskammer errichtet und am 15. November 1912 feierlich eröffnet.

    Nach der Trennung der Handels- und Gewerbekammer Chemnitz in zwei selbstständige Kammern erhielt auch die Gewerbekammer ein eigenes Gebäude. Im Mai 1911 begannen die Vorarbeiten für den Neubau des Verwaltungsgebäudes auf der Hohen Straße 8 nach Plänen des Baumeisters Heidrich. Der Bauausschuss vergab die Erd-, Maurer-, Steinmetz- und Zimmererarbeiten für das Gebäude im Mittelpreisverfahren an Otto Stäbers Firma.

    Mit Beginn des Ersten Weltkriegs geriet das Baugeschehen in den Hintergrund. Es gab andere Prioritäten und der Bedarf an Bauten war stark rückläufig. Einige Kasernengebäude wurden in dieser Zeit unter Stäbers Führung errichtet. Erst im Jahre 1921 lesen wir von der Erweiterung und Umgestaltung des Verwaltungsgebäudes der Sächsischen Maschinenfabrik an der Hartmannstraße, entstanden unter Stäbers Bauleitung und seinem stark gewachsenem Baugeschäft.

    Eine modern ausgestattete Bautischlerei und Glaserei vervollständigte mittlerweile den Gesamtbetrieb. Das Unternehmen verlegt seinen Firmensitz im Jahr 1926 auf die Blankenauer Straße 60, wo es bereits seit Jahren einen Zimmererschuppen und Bauholzlagerplatz besaß.

    Unweit davon, auf der Blankenauer Straße 74, entstand zwischen 1923 und 1926 das erste Chemnitzer Hochhaus, das Verwaltungsgebäude der Firma Cammann & Co. A.-G. Generalauftragnehmer natürlich wieder Otto Stäber, als Subunternehmen hatte er die Leipzig-Chemnitzer Firma C.Brömme, Beton- und Eisenbetonbau beauftragt, das achtstöckige Gebäude im Rohbau zu errichten.

    Im Jahre 1929 wurde für die Sparkassenhauptstelle am Falkeplatz an der Gabelung Zwickauer/Stollberger Straße ein eigenes siebenstöckiges Verwaltungsgebäude gebaut und am 1. April 1930 bezogen (das heutige Museum Gunzenhauser). Es war sein letztes Projekt, an dem er mitwirken durfte.

    Außerhalb Sachsens finden sich ebenfalls Zeugnisse von Stäbers Wirken. Im Harzstädtchen Ellrich OT Sülzhayn errichtete er in den Jahren 1912-1913 ein Sanatoriumsgebäude. Auftraggeber waren Dr. Joseph Stein, nach dem das Gebäude benannt ist, Wilhelm Palm und Karl Reichel. Heute befindet sich in dem Haus ein Hotel.

    Am 3. August 1929 verschied der Baumeister Otto Stäber auf einer Ferienreise fern der Heimat im gesegneten Alter von 76 Jahren. Zu seiner Zeit war er einer der bekanntesten Persönlichkeiten in Chemnitz, da er fast ein halbes Jahrhundert an der Entwicklung der Stadt beteiligt war und zu den führenden Baufachleuten gehörte.

    1930 ging die Firma an 6 Kommanditisten über, darunter sein junger Geschäftspartner Baumeister Gustav Ernst Geyer. Doch dieser konnte die erfolgreiche Firmengeschichte nicht fortsetzen. Schon im März des Jahres 1931 mußte das Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses beim Amtsgericht eröffnet werden, zu drückend war die Schuldenlast. Der Konkurs konnte unter großen Opfern abgewendet werden, die Firma selbst wurde 1933 in „Baugeschäft Ernst Geyer“ umbenannt und ist noch mindestens bis 1974 auf der Blankenauer Str.60 ansässig gewesen.

    (Quellen u.a.: Jubiläumsfirmen des Handelskammerbezirkes Chemnitz – 1926; Chemnitzer Kalender 2007, Text Jörn Richter- Verlag Heimatland Sachsen; Dt. Reichsanzeiger; diverse Zeitungsauschnitte sächsischer Tageszeitungen zu finden unter SLUB-Dresden.de)