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Das Chemnitzer Postwesen in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts

    Die Fortsetzung des 2. Teiles „Die Post geht ab“ zur Chemnitzer Postgeschichte.

    Bis zum 24. April 1828 war das Postamt am Roßmarkt untergebracht.

    Im Hintergrund die Postexpedition, links in der Ecke die spätere Posthalterei

    Eine täglich erscheinende Zeitung gab es damals noch nicht, deshalb wurde die Verlegung durch besonders gedruckte Zettel bekannt gemacht. An diesem Tage erfolgte der Umzug in das damals Dörstling‘sche Haus am Neumarkt 1, in dem auch der neue Postmeister Lippe und seine siebenköpfige Familie Quartier fand. Gleichzeitig erwarb der Posthalter Christian Wiesner die beiden Hebestreit‘schen Häuser Roßmarkt 316/317 (später Roßmarkt 4 und 5) und verlegte die Posthalterei und das „Hotel de Saxe“ dahin. Die Posthalterei an der Ecke zum Schütz‘schen Hofe war am 5. Februar 1828 an den katholischen Bischof Mauermann zur Errichtung einer Kirche verkauft worden.

    Der einstige Hof-Postamts-Sekretär Ernst Friedrich Lippe leistete seinem sächsischen Landesherrn in den Jahren 1805-12 große Dienste. Er war es, der dem nach Prag entflohenen Herrscher die Staatsdepeschen und Briefe übermittelte. Am 14. Dezember 1812 erhielt er den Auftrag, „einem von Dresden nach Mainz abreisenden hohen Militär die Wege zu ebnen“. Es war dies der geschlagene Franzosenkaiser Napoleon, der bereits am 16. Dezember in Paris eintraf. König Friedrich August versprach gute Entlohnung und baldige Beförderung. Letztere erfolgte aber erst im Jahre 1828, in dem Lippe zum ersten Postmeister von Chemnitz ernannt wurde. Lippes Verdienst war es, die Postämter in Stollberg, Burgstädt, Limbach, Harthau und Schellenberg neu eingerichtet zu haben. Er bekämpfte aber die Absicht der obersten Behörde, auf dem neu geschaffenen Bahnhof ein Filial-Postamt zu eröffnen. Er starb als Post-Kommissar und Ritter am 9. April 1857 zu Chemnitz.

    Ansicht des Marktes um 1830

    Zurück zum Postamt am Neumarkt. Im Erdgeschoß des Hauses gab es nur ein Expeditionszimmer und eine Packkammer. Neben dem Postmeister waren 2 Beamte und 2 Unterbeamte zugegen, die die Abholer der Post abfertigten. Was übrig blieb wurde durch den Briefträger zugestellt. Die nahe Gaststube des „Blauen Engels“ bot den Reisenden, die mit der Postkutsche ankamen, als Passagierstube eine Möglichkeit, sich zu stärken, bevor man die Weiterreise antrat.

    Die beiden Räume am Neumarkt genügten dann auch nicht lange, und schon zu Anfang des Jahres 1833 begannen die Erörterungen zum Ankauf eines neuen Hauses. Nach vieler Mühe wurde endlich im Jahre 1835 zum Ankauf des avisierten Dietrich’schen Hauses an der Ecke der Niklas- und Langestrasse für 14 000 Taler, erworben durch den Postfiskus, geschritten. Am 9. Juli 1836 siedelte das Postamt in das Haus über. 2 weitere Postbeamte waren zum Personal hinzugekommen. Der Postverkehr nahm in den folgenden Jahren einen bedeutenden Aufschwung. 1852, nach der Gründung des Deutschen Postvereins, sind 17 Personen für das Postamt (ohne Landbriefträger) in den Akten verzeichnet. Das Erdgeschoß des Schneider’schen Nachbarhauses war deshalb mit zur Benutzung angemietet worden.

    Zum Postkutschenverkehr:

    Wir stehen vorm Nikolaitor und blicken in die Lange Gasse, später die Langestraße, links an der Einmündung erkennen wir an der haltenden Kutsche das Postamt

    Am 1. Oktober 1829 richtete die Postverwaltung eine Cariolpost nach Stollberg ein. Bei einer Cariolpost handelt es sich um einen leichten einspännigen Wagen, der maximal 200 kg Postsendungen transportiert, der aber auch eine Person zu 4 bzw. mit Gepäck „bis 25 Pfund“ zu 5 Groschen pro Meile mitnehmen konnte. Die Fahrzeit für die knapp 2 Meilen (1 Sächsische Meile 9,056 km = 18,1 km) betrug etwa 3 Stunden. Dabei ist zu beachten, daß die Straße zu diesem Zeitpunkt erst bis Niederdorf „chaussiert“, d.h. mit Schotterbelag versehen war. Dem Chemnitzer Posthalter Wiesner zahlte das Oberpostamt für den Betrieb der Cariolpost vierteljährlich 20 Thaler und 14 Groschen, das waren pro Meile 10 Groschen bei Hin- und 5 Groschen bei Rückfahrt für das Pferd, sowie 2 Groschen Wagenvergütung. Daneben bestand nach Stollberg 2x wöchentlich eine Fußbotenverbindung.

    Seit 1833 wurde für den Leipziger und Dresdener Eilpostverkehr das Stellen von Beiwagen auf Grund des erhöhten Personenverkehrs gestattet und die bisherige Passagierstube vom „Blauen Engel“ nach dem „Römischen Kaiser“ verlegt.

    Nachdem 1838 der Straßenbau nach Stollberg und Lößnitz abgeschlossen werden konnte, wurde am 1. Mai 1839 die Strecke Chemnitz-Stollberg-Lößnitz-Schneeberg (heutige Entfernung ca. 34,6 km) eröffnet. Die zweispännige geschwinde Fahrpost fasste 4 Personen und kostete 6 Groschen die Meile. Die Fahrzeit betrug einschließlich Pausen in Stollberg und Lößnitz 5 ½ Stunden. 1839 wurde eine zusätzliche, täglich verkehrende Personenpost, eine Journaliere, nach Leipzig eröffnet. Ebenso errichtete man 1840 eine Fahrpost über Hohenstein nach Glauchau und ließ dafür die Botenpost eingehen.

    Briefträger in der Stadt

    Im Jahre 1843 bestanden in Chemnitz folgende Verbindungen:

    1 Personenpost nach Altenburg täglich, 2 Diligencen nach Annaberg täglich, 2 Personenposten nach Dresden täglich, 1 Diligence nach Dresden viermal wöchentlich, 1 Personenpost nach Glauchau täglich, 2 Personenposten nach Leipzig täglich, 1 Personenpost nach Leisnig dreimal wöchentlich, 1 Personenpost nach Marienberg viermal wöchentlich, 1 Briefpost nach Marienberg viermal wöchentlich, 1 Personenpost nach Meißen täglich, 1 Personenpost nach Rochlitz täglich, 1 Personenpost nach Schneeberg viermal wöchentlich, 1 Personenpost nach Zwickau viermal wöchentlich.

    Am 14.Mai 1844 trat eine zweispännige Personenpost zwischen Chemnitz und Zschopau an Stelle der seit 1781 bestehenden Verbindung. 1846 trafen wöchentlich 79 Posten in Chemnitz ein, 78 Postkutschen fuhren ab.

    So wie der Verkehr und die Beförderungsleitung zunahm, war auch eine Erweiterung der Posthalterei nötig. Ab 1840 finden wir sie in der Aue unter der Brandkatasternummer 581 (neu Aue Nr. 7) unter dem Herrn Adolph Heinrich Stengel (gleichzeitig Vorwerksbesitzer) im Adressbuch verzeichnet. Stengel muß aber bereits seit 1835 diesen Titel geführt haben und bei Witwe Wiesner am Roßmarkt angestellt gewesen sein, da er in diesem Jahr als Reisender mit dem Titel Posthalter genannt wird. Er übte das Amt des Posthalters bis zu seinem Tode 1873 aus.

    1850 wurde das Chemnitzer Postamt in fiskalische Verwaltung genommen. Bis dahin hatten die Postschreiber und Unterbeamten in Privatdiensten des Vorstehers gestanden. 1855 fungierten 49 Personen beim Postamt und 23 in der Posthalterei. Der Neubau eines Postamtes wurde wegen der raschen Ausdehnung seines Betriebes dringend notwendig.

    Dazu im nächsten Kapitel mehr…

    1

    Erstes Postamt in einem der Siegertschen Häuser

    Postexpedition in einem der 1741 fertiggestellten Siegertschen Häuser am Markt

    8

    Postamt am Rossmarkt

    Haus von David Hebenstreit 1764 erworben, der die Post dort unterbrachte.
    1791 Kauf des Nachbarhauses und Erweiterung, ab 1828 Kauf durch Chr. Wiesner und Verlegung der Posthalterei hierhin.

    7

    Postamt Nikolaigasse Ecke Langestraße

    Postamt von 1836 - 1859, zwischenzeitlich wurden Räume im Nachbarhaus auf Grund der Enge angemietet

    2

    Gasthaus zum Ritter St.Georg

    2. Postexpedition im bereits 1638 gegründeten Fuhrmannsgasthof, der Zeitraum ist leider nicht bestimmbar

    Posthalterei in der Aue

    Ab ca. 1840 wurden die Postpferde im Vorwerk von Hr. Stengel - später Hr. Heymann - untergebracht.

    4

    Passagierstube im "Blauen Engel"

    von ca. 1800 bis 1833 galt das Hotel als gute Einkehrmöglichkeit für weiterreisende Passagiere.

    Zum Beitrag über den Blauen Engel

    3

    Postamt am Neumarkt

    Postamt von 1828 bis 1836 an der Ecke zur Johannisgasse, der Neumarkt wurde auch Topfmarkt genannt

    5

    Hotel "Römischer Kaiser"

    ab 1833 wurde das Hotel als Passagierstube für die etwas besser gestellten Reisenden genutzt.

    Die Geschichte des "Römischen Kaisers"

    6

    Posthalterei am Rossmarkt

    Von ca. 1806 bis 1828 Posthalterei im "Hotel de Saxe" unter Christian Wiesner

    Standorte der ehemaligen Postämter und Posthaltereien im alten Chemnitz – Plan um 1800

    (Quellen: Artikel in der Festzeitung 1929 – 30 Jahre Philatelieverein Chemnitz; Buch „Chemnitz und Umgebung Geschichtliche Bilder aus alter und neuer Zeit“ von E. Weinhold; Buch „Geschichte der Fabrik- und Handelsstadt Chemnitz“ – 1888 von C.W. Zöllner; unveröffentlichtes Manuskript zur Postgeschichte von Stollberg von Fr. H. Hoffmann, Aufsatz zur sächsischen Postgeschichte im „Sächsischen Erzähler“ 1899; Ausschnitte zur Postgeschichte in versch. Tageszeitungen, zu finden unter SLUB-Dresden.de, u.a.)