Die dichte Bebauung, wie wir sie hier von Westen aus dem Flugzeug sehen, ist heute kaum vorstellbar. In Chemnitz wohnen um diese Zeit bereits 355.000 Einwohner! – Und das noch ohne die zukünftigen Vororte Reichenhain (1929) und Adelsberg (1950). Nach 1997 kommen noch weitere Gemeinden im Umland hinzu. Kein Vergleich zu Heute: 245.601 Einwohner (per 31.05.2020)
Die Stadt am Ende der 20er Jahre hat Anziehungskraft, starke Industrie- und Handelsunternehmen sind Garanten für permanenten Zuzug, die Stadt hat sich in 20 Jahren einwohnermäßig verdoppelt. Jeder nur mögliche Freiraum wird bebaut.
Schauen wir uns dieses Luftbild etwas näher an. Es zeigt in Grobzügen noch die alte Innenstadtform um 1800 an. Dort wo einst die Stadtbefestigung mit Mauer und Graben Feinde abhielt, bilden jetzt die Theaterstraße, beginnend am Falkeplatz nach links (9) – der Johannisplatz (7) und die Poststraße (8) einen Ring.
Die Nr. 1 zeigt das Gebäude der Fa. Herrmann Stärker am Kellerweg, weltgrößter Hersteller von Strumpfwirkmaschinen, maßgebend für die erfolgreiche Strumpfindustrie im Chemnitzer Vorland. Das Amtsgericht (2) auf der Hohen Straße reicht schon nicht mehr aus, daneben – noch eingerüstet – wird der Erweiterungsbau errichtet. Die Schüler im benachbarten Staatsgymnasiums (3) verfolgen tagtäglich die Bauarbeiten. Die Kaßbergauffahrt (4) verbindet die westlichen Stadtteile mit der pulsierenden Innenstadt. Die Straßenbahn biegt links in die Theaterstraße ein und folgt dieser vorbei am Stadttheater und dem Siegesdenkmal (5) weiter bis zur Kreuzung Königstraße/Johannisplatz (6). Dort finden wir große Modehäuser wie das von Carl Dietrich und Bruno Schellenberger, an der Friedrich-August-Straße flankiert das Hotel Stadt Gotha den belebten Platz. Die Poststraße führt vom Johannisplatz halbrechts weiter, vorbei am Warenhaus Tietz, und dem Hauptpostamt (8) Richtung Falkeplatz (9) mit Deutscher Bank. Zentral noch der wenig bekannte Holzmarkt (10) mit dem Eingang zum Marktgässchen. Eine kleine aber feine Einkaufsstraße mit vielen Geschäften. Die Paulikirche (11) steht noch in ganzer Pracht, wird nach dem Krieg wieder aufgebaut, überlebt aber die geplante Innenstadtbebauung nicht. Der Abriss erfolgt 1963.
Luftbild mit freundlicher Genehmigung von Klaus Wannack. Hervorgehoben sind Verweise zu bisher erschienenen Beiträgen auf dieser Seite.