In diesem Beitrag und in den Fortsetzungen möchte ich die interessante Geschichte des „Metropol-Theaters“ in Chemnitz aufarbeiten. Ich habe in vielen Quellen recherchiert und zahlreiche Fakten gefunden, die vor allem die geschichtliche Entwicklung des Hauses vor dem Zweiten Weltkrieg ergänzen und richtigstellen.
Begonnen hatte es bereits 1911, als die Geschäftsführer des gegenüberliegenden „Central-Theaters“, einem der schönsten deutschen Varietétheater der Zeit, beschlossen, der kinematographischen Entwicklung zu folgen und ein eigenes Lichtspielhaus zu planen.
Zur Ausgliederung des Geschäftsbetriebes wurde am 30. Dezember 1911 die „Licht-Schauspielhaus Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ gegründet und am 9. Januar 1912 unter Blatt 6638 in das Handelsregister beim Königlichen Amtsgericht Chemnitz eingetragen. Das Stammkapital belief sich auf 100.000 Mark. Geschäftsführer wurde der Direktor des „Central-Theaters“, Carl Friedrich Reichel. Stellvertretender Geschäftsführer wurde der Tiefbauunternehmer Moritz Ferdinand Krause, Inhaber der Firma „Moritz Krause“ – Tiefbaugeschäft, Bernsdorfer Str.5e.
1912 wurde das Grundstück Zwickauer Straße 11 mit dem kleinen zweigeschossigen Haus, in dessen Erdgeschoss sich damals noch eine Landesprodukten- und Fischwarenhalle (Ostsee-Fischhalle Inh. Löschner) befand, vom Privatmann Chr. Günther erworben und noch im selben Jahr für den Neubau abgerissen.
Der Architekt Wenzel Bürger aus Chemnitz erhielt den Auftrag, die Pläne für das neue Haus zu erstellen. Bürger entwarf unter anderem die Synagoge auf dem Kassberg und begann damit seine Karriere in Chemnitz. Die Arbeiten für den neuen Theaterbau wurden nach seinen Entwürfen und unter seiner Leitung von der Firma „Carl Wiesel Nachfolger“, Büro für Architektur und Bauausführungen in der Zwickauer Str. 116, begonnen und bis zum September 1913 fertiggestellt.
Das Gebäude bestand damals aus einem viergeschossigen Hauptgebäude mit steilem Mansarddach und einem großen Saalanbau. Der Saal hatte zwei Ränge und bot Platz für 600 Personen. Das monumentale Bauwerk war reich gegliedert und mit Reliefs, Plastiken und unterschiedlichen Turmaufbauten geschmückt. Die Fassade mit Elementen des Barock, Klassizismus und Jugendstils war mit zahlreichen Säulenelementen geschmückt und erinnerte an antike Tempelbauten.
Die ausschließliche Nutzung als Lichtspieltheater schien in diesem Umfang wirtschaftlich nicht rentabel. Das Apollo-Theater in der Poststraße begann bereits 1910 mit kinematografischen Vorführungen, jedoch wohl nur mit mäßigem Erfolg, da die Technik damals noch nicht für größere Räume geeignet war. Einige Kinos hatten sich bereits in der Chemnitzer Innenstadt etabliert und konnten in ihren kleineren Räumen die Filme besser präsentieren.
Am 13. Mai 1913 wurde die Gesellschaft umstrukturiert. Carl Reichel schied als Geschäftsführer aus und Moritz Krause übernahm seine Position. Der Ingenieur Georg Solbrig, Mitinhaber der Firma „F.A. Müller & Solbrig“, einem Unternehmen für Eisenbahnbau- und Tiefbaugeschäft in der Theaterstraße 60, wurde zum neuen stellvertretenden Geschäftsführer ernannt. Gleichzeitig wurde der Name der Gesellschaft in „Metropol-Theater Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ geändert und am 20. Mai 1913 im Handelsregister eingetragen.
Der Weg zum Varieté-Theater war geebnet, dazu sollte ein Hotel mit Restaurantbetrieb, die auch im Central-Theater auftretenden, meist nur für kurze Spielzeiten engagierten Künstler beherbergen. Dem Hause wurden von der Stadtverwaltung die Schankkonzession, die Singspielerlaubnis, die Tanzerlaubnis sowie die Musikschlussrunde mit folgenden Auflagen erteilt: „Es sollten darin nur lustige, bunte Abende arrangiert und dazu Kabarett, moderne Tanzakte, musikalische Nummern herangezogen, kurzum ein Genre gepflegt werden, das mit dem Varieté nicht direkt kollidiert.“
In festlicher Weise, in Gegenwart eines beifallsfreudigen Publikums, in dem man Angehörige aller Chemnitzer Gesellschaftskreise sah, wurde schließlich am 23. September 1913 der neueste Theaterpalast, das mit einem Kostenaufwand von einer Million Mark errichtete prächtige „Metropol-Theater“, eröffnet. Der neue Theaterbau wurde in höchsten Tönen gelobt, in der überregionalen Presse las man dazu: „Damit hat Deutschland eines der schönsten Theater erhalten, das der leichtesten der Musen, der des Cabarets gewidmet ist!“
Zum ersten Mal konnten sich Besucher an diesem Abend vom prächtigen Inneren überzeugen. Durch das lichtüberflutete Vestibül mit Marmorwänden, Säulen und Mosaiken gelangte man in die Empfangshalle, ausgestattet mit Kronleuchtern, wertvollen Bronzereliefs und wuchtigen Treppenbalustraden.
Die Künstlerzeitschrift „Artist“ beschrieb den Saal wie folgt: „Ein Wohlbehagen erfüllt uns im –Allerheiligsten– dieses Kunsttempels, in dem mit so einfachen Mitteln und doch wiederum auch so gediegener Pracht ausgestatteten Zuschauerraum. Auch hier wieder wahre Lichtfluten, die Wände mit Seidentapeten bekleidet, die Seitenbrüstungen des ersten Ranges in Mahagoni, der Balkon in Mattgold gehalten, dazu ein Deckengemälde, hervorgegangen aus des Dresdner Meisters Goller Hand, das allein ein kleines Vermögen gekostet hat. Die Bühne entspricht den Forderungen moderner Cabarettkunst, sie ist einfach, aber stilvoll gehalten, besonders ist auf Bühnenbeleuchtung Wert gelegt. Das Orchester ist tief gelegt.“
Hermann Blum wurde mit der künstlerischen Leitung des Metropol-Theaters betraut. Zuvor hatte er bereits seit der Eröffnung des Central-Theaters im Jahr 1902 dieselbe Position inne.
Gleichzeitig wurde das sich anschließende „Metropol-Hotel“, als eines der modernsten Häuser in Chemnitz mit erstklassigem Komfort unter der Leitung von Paul A. Jeromin eröffnet. Eine ganze Anzahl Artisten hatten sich sofort in den anheimelnden Zimmern niedergelassen. Als Gesellschaft wurde die Firma „Hotel Monopol-Metropol Paul A. Jeromin“ am 27. Oktober 1914 auf Blatt 7048 ins Handelsregister eingetragen. Paul Jeromin hatte zeitgleich auch das Monopol-Hotel in der Friedrich-August-Straße 4 übernommen.
Die Freude währte nicht lange, das Haus kam infolge des ausbrechenden Ersten Weltkrieges zum Erliegen. Die Aufführungen wurden abgesagt, das Hotel geschlossen. Erst am 14. Februar 1917 wurde die allgemeine Schließung der Theater und Lichtspielhäuser aufgehoben. Wie sollte man aber Besucher in die Säle locken, wenn Heizmaterial immer noch knapp war?
Um den Fortbestand des Theaters zu sichern, war es notwendig, neue Investoren zu gewinnen. Dank Chemnitzer Geschäftsleuten konnte das Stammkapital am 12. März 1920 um 300.000 Mark erhöht werden. Am 28. Juli 1920 schieden M. Krause und G. Solbrig als Geschäftsführer der „Metropol-Theater Gesellschaft mbH“ aus und der Bücherrevisor Otto Schwenke wurde als neuer Geschäftsführer bestellt. Am 2. September 1920 konnten die „Metropol-Künstlerspiele“ den Spielbetrieb wieder aufnehmen. Das Hotel war zwischenzeitlich eingegangen, die Gesellschaft wurde bereits im August 1920 aufgelöst. Paul Jeromin beschränkte sich nach dem ersten Weltkrieg nur auf die Fortführung des Monopol-Hotels.
Fortsetzung im 2. Teil…
(Quellen: Zeitungsartikel versch. Sächsischer Tageszeitungen, Chemnitzer Kalender zu finden unter SLUB-Dresden.de; Nachweise aus dem Reichsanzeiger, zu finden unter digi.bib.uni-mannheim.de; Bilder und Postkarten aus der Sammlung Chemnitzer Hobbyhistoriker; Webseite des Metropol-Theaters; u.a.)